die Proteinkinase „MYPT1“ ist bei Eierstockkrebs ein zentraler Bestandteil für die Signalnetzwerke und Wechselwirkungen zwischen Tumor- und Wirtszellen. Das haben die Arbeitsgruppen um die Mediziner Dr. Florian Finkernagel und Prof. Dr. Rolf Müller vom Zentrum für Tumor- und Immunbiologie (ZTI) der Philipps-Universität in einem Forschungsprojekt herausgefunden.
Eierstockkrebs ist die fünft-häufigste Krebstodesursache bei Frauen und der tödlichste gynäkologische Tumor. Die aggressivste Form, das hochgradige seröse Karzinom, hat meist bereits vor der Diagnose im Bauchraum gestreut. Die Bauchraumstreuung ist ein Wechselspiel zwischen Tumor- und Wirtzellen, beeinflusst von malignem Bauchwasser (Aszites). Marburg Forschende haben in einem von der Wilhelm Sander-Stiftung mit 142.000 ? geförderten und in der renommierten Fachzeitschrift „Theranostics“ veröffentlichtem Projekt die Wirkung eines Fettes im Aszites (Lysophosphatidsäure) auf die Grundlagen der Metastasierung von Tumorzellen aufgeklärt.
Eierstockkrebs (Ovarialkarzinom) wird oft erst spät und nach der Streuung von Metastasen im Bauchraum entdeckt. Die verfügbaren Therapeutika zeigen zwar initial Wirkung, diese ist aber nicht von Dauer. Dadurch liegt die 5 Jahres Überlebensrate bei unter 40 %. Ein tiefergehendes Verständnis für seine Biologie und neue Ansatzpunkte zur Therapie sind dringend erforderlich.
Eine häufige Begleiterscheinung des Ovarialkarzinoms ist eine maligne Ansammlung von Flüssigkeit im Bauchraum – Aszites genannt. Diese Flüssigkeit enthält neben Tumor- und Immunzellen eine Vielzahl von Stoffen, die das Tumorwachstum und die Metastasierung fördern und ist somit als Untersuchungsmaterial besonders wertvoll.
Die Arbeitsgruppen um Dr. Florian Finkernagel, und Prof. Dr. Rolf Müller vom Zentrum für Tumor- und Immunbiologie (ZTI) der Philipps-Universität untersuchen in einer intensiven interdisziplinären Zusammenarbeit mit der Klinik für Gynäkologie die Signalnetzwerke und Wechselwirkungen zwischen Tumor- und Wirtszellen in diesem durch Aszites geprägten Mikromilieu.
„Aszites enthält Millionen von frei schwimmenden Tumorzellen – aber nur wenige wachsen als Metastasen an. Wir wollen die Bedingungen, die dafür notwendig sind, genau verstehen“, erläuterte Dr. Florian Finkernagel. Es gelang ihnen die Wirkung einer der im Aszites vermehrt vorhanden Stoffgruppen – Lysophosphatidsäuren (LPA) – auf Tumorzellen zu beleuchten.
Lysophosphatidsäure (LPA) gelten als ‚Ovarialkarzinom aktivierender Faktor‘. Sowohl ihre Konzentration im Aszites als auch die vermehrte Expression bestimmter LPA-bindender Rezeptoren im Tumor sind mit kürzerer rückfallfreier und totaler Überlebensdauer assoziiert. Wie die Marburger Forschenden nun im Journal Theranostics beschrieben, wirken die in Aszites vorkommenden LPA-Varianten auf das Zytoskelett, die Tumorzellmigration und die Zell-in-Zell-Invasion von Tumorzellen mittels eines komplexen Signalnetzwerks.
Als zentraler Bestandteil des Netzwerks stellte sich dabei die Proteinkinase MYPT1 heraus. Die Forschenden konnten zeigen, dass die Hemmung von MYPT1 die LPA-vermittelte Migration und Zell-in-Zell-Invasion von Tumorzellen verhindert. Da MYPT1prinzipiell medikamentös beinflussbar ist, eröffnet sich hier ein vielversprechender Ansatzpunkt für die Entwicklung neuer Therapien.
Im Zuge des Forschungsprojekts ist eine einmalige Biomaterial – und Datenbank am Zentrum für Tumor- und Immunbiologie entstanden. „Als Beitrag hin zu einer personalisierten Medizin haben wir eine Bio- und Datenbank speziell für Tumorzellen, Immunzellen und andere Bestandteile des Aszites von Ovarialkarzinom-Patientinnen aufgebaut“, berichtete Prof. Dr. Rolf Müller, Leiter der Arbeitsgruppe „Translationle Onkologie“ am ZTI. Sie erfasst alle relevanten experimentellen Labor- sowie Patientendaten einschließlich klinischer Verläufe in anonymisierter und vereinfachter Form und ist online für alle beteiligten Kooperationspartner:innen abrufbar.
* pm: Philipps-Universität Marburg