„MTTR“ lautet der Titel eines Romans von Julia Friese. Die Autorin liest daraus am Freitag (16. Juni) im „Café Frau Friedrich“ am Friedrichsplatz.
Die Lesung findet im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Narrative um Weiblichkeit, Selbstbestimmung und Mutterschaft“ statt. Sie beginnt um 19.30 Uhr.
Ein Millenial soll Mutter werden und will alles, nur nicht die eigene deutsche Familie reproduzieren. Ein gesellschafts- und sprachkritischer Roman erzählt drei Trimester – und die Zeit danach. Alle Befürchtungen waren wahr, und alles war gerecht gewesen.
Ein Test im Büro bringt die Gewissheit: Teresa Borsig ist schwanger. Von der Idee einer Familie fühlt sie sich gleichzeitig angezogen und abgestoßen.
Da sind die Erinnerungen an ihre Kindheit, an Distanz, Disziplin und Schläge. Doch in der Abtreibungsklinik von den Schwestern zum Schlucken der Tablette gedrängt, geht Teresa in den Widerstand: Sie will doch Mutter werden.
Nein, Mama will sie werden. Aber kann man geben, was einem selber fehlt?
Das Gesundheitssystem nimmt die Schwangere auf wie einst die Eltern. Effizient. Kalt. Man will doch nur ihr Bestes. Und ihr Baby in einem Wärmebett isolieren. Wie hoch ist die Überlebenswahrscheinlichkeit ihres Säuglings?
Ärzte und Schwestern sprechen über ihren Kopf hinweg. Teresa schreit. Sie solle sich mal nicht so wichtig nehmen, sagt das Krankenhaus.
„MTTR“ erzählt von den Auswirkungen deutscher Nachkriegserziehung und der Unfähigkeit der Babyboomer, Gefühle zu zeigen, und wenn dann nur durch Ersatzhandlungen: Kauf, Korrektur und Sorge. Jeder Dialog ist eine Boshaftigkeit.
Fast bemerkt man sie nicht, denn aktengraue Gefühlstemperatur und grobe Unbeholfenheit sind Alltag in Deutschland. Werden Millennials, wie Teresa, sie reproduzieren?
Julia Friese lebt in Berlin und arbeitet als freie Kulturjournalistin. Ihre Kolumne „gedanken zum gegenwärtig*innen“ wurde 2021 mit dem International Music Journalism Award ausgezeichnet. „MTTR“ ist ihr literarisches Debüt.
Die Lesung im „Café Frau Friedrich“ in der Liebigstraße 50 am Friedrichsplatz wird veranstaltet von Marburger Literaturforum in Kooperation mit Kulturelle Aktion Marburg – Strömungen, der Gleichstellungsbeauftragten der Philipps-Universität und der Stadt Marburg. Gefördert wird sie durch die Universitätsstadt Marburg. Die Kulturelle Aktion Marburg – Strömungen wird gefördert vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst über LAKS Hessen.
* pm: Marburger Literaturforum