Austrocknung ausschließen: Satellitendaten zu Nebeltälern im Amazonas

Neblige Amazonastäler bieten Schutz vor dem Klimawandel. Das nutzt eine Forschungsgruppe aus der Geographie mit Hilfe von Satellitendaten aus.

In Senken des Amazonastieflands tritt besonders häufig Nebel auf, der feuchtigkeitsabhängige Pflanzen vor Austrocknung bewahren kann. Wenn die globale Erwärmung vermehrt zu Dürren führt, bieten die nebligen Täler daher einen schützenswerten Rückzugsort für die Artenvielfalt am Amazonas; das hilft auch, den Regenwald als Bollwerk gegen den Klimawandel zu erhalten.
Das folgert ein deutsch-belgisches Forschungskonsortium unter Marburger Leitung aus Beobachtungsdaten, die von Satelliten stammen. Das Team um den Marburger Umweltgeographen Prof. Dr. Jörg Bendix berichtet im Fachblatt „Communications Earth & Environment“ über seine Ergebnisse.
Der Regenwald am Amazonas bindet nicht nur eine erhebliche Menge klimaschädlicher Treibhausgase; er beherbergt auch eine große Vielfalt an Arten, wodurch er als einer der weltweiten Biodiversitäts-Hotspots gilt. „Doch der Klimawandel und menschliche Aktivitäten bedrohen diesen Lebensraum“, betonte Bendix, der die Forschungsarbeit leitete.
So kam es schon in den Jahren 2005 und 2010 zu Dürreperioden; während der extremen Trockenheit, die 2015/16 durch das „El-Niño“-Phänomen auftrat, fiel überall in Amazonien zu wenig Regen. Hinzu kommt die weitgehend ungebremste Abholzung.
Entwaldung und fehlender Niederschlag schaukeln sich gegenseitig hoch und verschärfen die Lage. „Da ein Teil des Niederschlags durch die Verdunstung des Waldes selbst erzeugt wird, droht durch die Kombination von Klimawandel und Waldzerstörung eine selbstverstärkende Abwärtsspirale“, erklärte Bendix. Sie könne zum Absterben großer Teile des Regenwaldes führen.
Das würde nicht nur die Artenvielfalt verringern. Da der Regenwald erhebliche Mengen des Treibhausgases CO2 speichert, wirkt der Verlust des Lebensraums auch auf den Klimawandel zurück.
Nebel in Tieflandwäldern bietet stabile Bedingungen, wenn sich das Klima erwärmt und Regen ausbleibt. Solch feuchte Rückzugsräume gewährleisten das Überleben von Arten, die mit dem Klimawandel ansonsten schlecht zurechtkommen würden. Das gilt insbesondere für Flechten, Moose und andere Epiphyten in den Baumkronen, wie sie für den tropischen Regenwald typisch sind.
Für sie dient Nebel als wichtige Wasserquelle, daher geht ihnen bei trockener Luft schnell Feuchtigkeit verloren. „Nebel verbessert die Versorgung von Epiphyten mit Wasser, indem er für eine eher dämmrige, kühle und feuchte Umgebung sorgt“, führte Bendix aus.
„Unklar war bisher aber, wo diese Wasserquelle besonders häufig auftritt und ob sie sich als widerstandsfähig gegenüber zunehmender Trockenheit im Klimawandel erweist“, ergänzte Koautor Prof. Dr. Lukas Lehnert von der Ludwig-Maximilians-Universität München. Um diese Forschungslücke zu schließen, werteten Bendix und sein Team Satellitendaten aus.
„Wir nahmen Dürrephasen der vergangenen 18 Jahre unter die Lupe“, erläuterte Mitverfasser Marius Pohl aus Bendix‘ Arbeitsgruppe. „Dabei fiel uns auf, dass besonders in den Tälern des Amazonasbeckens häufig Nebel auftritt.“
Wie die Analyse zeigt, sind derartige Tiefland-Nebelwälder über das ganze Amazonasgebiet verbreitet, doch nimmt ihre Häufigkeit in der trockenen Jahreszeit ab. Am ehesten bleibt der Nebel in Landschaftssenken erhalten, wo er sich als besonders widerständig gegenüber Dürren erweist. „Auf der Grundlage unserer Ergebnisse empfehlen wir dringend den Schutz dieser feuchten Rückzugsgebiete insbesondere in stark gefährdeten Gebieten“, schrieben die Autorinnen und Autoren in ihrer Studie.
Bendix lehrt Klimageographie und Umweltmodellierung an der Philipps-Universität. Neben Bendix und seinen Mitarbeitern beteiligten sich die Marburger Professorin Maaike Bader mit ihrer Arbeitsgruppe „Ökologische Pflanzengeographie“ sowie die Ludwig-Maximilians-Universität München und der Botanische Garten in Meise, Belgien an der zugrundeliegenden wissenschaftlichen Arbeit. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat das Team finanziell unterstützt

* pm: Philipps-Universität Marburg

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