Rechtzeitiger retten: Zweiter VielRAUM gegen Lebensmittelverschwendung

Die Stadt eröffnet einen zweiten „VielRAUM“ in der Oberstadt. Thema dort ist Foodsharing gegen Lebensmittelverschwendung.
Die Stadt Marburg und das Stadtmarketing haben den zweiten „VielRAUM“ in der Oberstadt eröffnet: In dem Ladenlokal an der Wettergasse zeigt das Team von Foodsharing Marburg, wieviele Backwaren in Marburg innerhalb von einer Woche weggeworfen werden. Jeden Samstag verteilen die Mitglieder dort außerdem gerettete Lebensmittel.
„Nachhaltigkeit ist der Stadt Marburg ein wichtiges Anliegen“, erklärte Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies bei der Eröffnung des zweiten Ladenlokals, das die Stadt Marburg und das Stadtmarketing für kurze Zeiträume an verschiedene Nutzer*innen abgibt. „Ich freue mich deshalb, dass das Konzept VielRAUM so gut angenommen wird. Denn Leerstand ist eine verschwendete Ressource, ebenso wie Lebensmittel es sind, die nicht verzehrt, sondern weggeworfen werden.“
Die ersten Nutzenden im neuen „VielRAUM“ an der Wettergasse sind die Mitglieder von Foodsharing Marburg. Die Initiative rettet Lebensmittel und verteilt sie, bevor sie weggeworfen werden müssen.
„Unser tägliches Brot gib uns heute – damit war nicht gemeint, dass wir es bekommen, um es wegzuschmeißen“, betonte Spies. „Lebensmittel verdienen Respekt und sollten nicht verschwendet werden. Das wussten unsere Großeltern. Wir haben es teilweise vergessen.“ Es sei Irrsinn, dass durch den Krieg in der Ukraine eine Weizenknappheit drohe und dennoch parallel große Mengen an Brot und Brötchen täglich weggeworfen würden. „Wir müssen die Menschen darauf aufmerksam machen und ihnen vermitteln, dass wir sorgsamer mit unseren Ressourcen umgehen müssen.“
Dazu könne man niemanden zwingen – aber eben aufklären. Die Foodsharing-Initiative in Marburg setze sich genau dafür ehrenamtlich ein: Verschwendung zu reduzieren.
In der Oberstadt können Passantinnen und Passanten im Vorbeigehen durch das Schaufenster eine große Menge an Backwaren sehen, die kunstvoll drapiert wurden. Dazu erfahren sie über Plakate und Hinweisschilder: „Das ist die Menge an Backwaren, die Marburgs Bäckereien innerhalb einer Woche wegwerfen würden“, wenn die Foodsharing-Initiative nicht einen Teil davon einsammle und verteile.
„Pro Person werden im Jahr im Schnitt 75 Kilogramm Lebensmittel weggeworfen“, berichtete Benjamin Nichell von Foodsharing. „Das ist im Prinzip das Eigengewicht in vernichteten Lebensmitteln.“
Etwa ein Drittel aller hergestellten Lebensmittel werden weggeworfen. „Dabei ist die Lebensmittelproduktion der größte CO2-Emittent“, ergänzte Franziska Peikert.
Foodsharing Marburg betreibt Fairteiler-Kühlschränke, in die alle Menschen Lebensmittel hineinlegen können, „etwa wenn man noch Möhren daheim hat, sie aber vor dem Urlaub nicht mehr alle selbst essen kann“. Außerdem sammeln die Aktiven Lebensmittel bei Bäckereien und Supermärkten ein, die sonst weggeworfen würden – und verteilen auch diese Ware.
„Schön wäre es, wenn wir lernen, mit den Nachbar*innen unsere Lebensmittel zu teilen, statt sie wegzuwerfen“, wünschten sich Nichell und Peikert. Und. „Früher wusste man ganz klar: Auch aus altem Brot kann man was Leckeres machen.“
Das sah auch Spies so: „Ein ,armer Ritter‘ ist was Feines, ebenso wie Brötchen, die man mit Olivenöl und Kräutern nochmal aufbackt. Das Wissen müssen wir wieder verankern.“
Zu sehen ist die Ausstellung im „VielRAUM“ an der Wettergasse durch das Schaufenster bis Sonntag (7. August). Außerdem verteilen die Mitglieder der Foodsharing-Initiative jeden Samstag von 12.30 bis 14.30 Uhr vor Ort Lebensmittel und stehen für Fragen zum Thema zur Verfügung.
Den ersten „VielRAUM“ hat die Stadt in einem vorübergehend leerstehenden Ladenlokal an der Barfüßerstraße eröffnet. Historische Kostüme, Porträtbilder von Marburger Frauen, Zeichen-Workshops, Patchwork-Arbeiten und Theaterperformances hat es unter anderem seither dort im Schaufenster gegeben.
„Dieser Experimentierraum – ein Raum, in dem Vieles möglich ist – wird sehr gut angenommen“, erklärte Spies. Das Oberstadtbüro und das Stadtmarketing stellen daher nun einen neuen, zweiten VielRAUM an der Wettergasse zur Verfügung. Die Foodsharing-Initiative ist erste Nutzerin des Raums, den die Stadt bis Oktober angemietet hat.
„Es ist toll, dass sich das Projekt im Rahmen des Landesförderprogramms als erfolgreich erwiesen hat und sich der VielRAUM über die Oberstadt verteilt“, freute sich Quartiersmanagerin Nadine Kümmel und Daniela Maurer vom Stadtmarketing. Bis Anfang August gibt es nun eine Ausstellung von Foodsharing Marburg in der Wettergasse. In den darauffolgenden Wochen wird der Raum ganz unterschiedlich genutzt.
Ab 8. August ist die Handweberei von Silke Mann im VielRAUM zu sehen. Chris Schmetz und seine Fotografie Behind-de-scenes.de nutzt die Räume vom 24. August bis 14. Oktober. Die Urban Sketchers bieten am 15. und 16. Oktober erneut ein Zeichenworkshop an, bevor bis Ende Oktober die Arbeitsagentur in den Räumen zu finden ist.
Im September gibt es noch einen freien Zeitrahmen für Kreative, ihre Ideen und Werke auszustellen. Weitere Informationen gibt es bei Oberstadtkümmerin Nadine Kümmel unter 06421/201-2010 oder per Mail an oberstadt@marburg-stadt.de.

* pm: Stadt Marburg

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