450 Millionen Euro möchte das Land dem UKGM zahlen. Leider ist das aber kein Kaufpreis.
Mit 45 Millionen Euro jährlich will das Land zehn Jahre lang dazu beitragen, den sogenannten „Investitionsstau“ am Universitätsklinikum Gießen und Marburg (UKGM) aufzulösen. Diese Überlegungen der Wissenschaftsministerin Angela Dorn sind umso erstaunlicher, als das Land Hessen die Universitätskliniken in Gießen und Marburg im Jahr 2006 ausdrücklich mit dem Hinweis an die private Rhön-Klinikum AG verkauft hattete, dass der private Investor den „Investitionsstau“ beim Gießener Klinikum auflösen werde. Zwischenzeitlich wurde das Klinikum an Asklepios veräußert; und nun soll das Land plötzlich den weiterhin fortbestehenden „Investitionsstau“ mit einer dreistelligen Millionensumme auflösen.
„Dass die Rhön-AG unter Einfluss des neuen Eigentümers Asklepios nach weiteren öffentlichen Mitteln ruft, zeigt erneut, dass das Geschäftsmodell der privaten Betreiber nicht funktioniert“, erklärte der hessische Linken-Landesvorsitzende Jan Schalauske. „Und einmal mehr zeigt sich: Die Privatisierung des Uniklinikums Gießen und Marburg war ein schwerer Fehler, der zu Lasten der Beschäftigten, der Patienten und von Forschung und Lehre geht.“
Er erinnerte daran, dass die Rhön-AG bei der Privatisierung im Jahr 2006 auf Investitionsmittel des Landes verzichtet habe und dass bis heute nicht alle Verpflichtungen, die zwischen Land und Konzern vereinbart wurden, überhaupt erfüllt worden sind. „Die zuständige Wissenschaftsministerin Angela Dorn (Grüne) ist gefordert, eine etwaige Zurverfügungstellung öffentlicher Mittel an konkrete Bedingungen zu knüpfen wie etwa die Verlängerung des bisherigen Verzichts auf betriebsbedingte Kündigungen, Übernahmegarantien für Auszubildende, keine Ausgliederungen von Betriebsteilen“, forderte Schalauske. „Die Anforderungen müssen ausgeweitet werden etwa auf Maßnahmen gegen Pflegenotstand, durch Stärkung und Weiterentwicklung von Tarifverträgen und Ausweitung auf bereits outgesourcte Bereiche.“
Zudem müsse das Land Hessen seine Anteile am UKGM von bisher 5 Prozent erhöhen, um seinen strukturellen Einfluss auszubauen. Eine Gewinnausschüttung aus dem Krankenhausbetrieb zugunsten der Rhön-Aktionäre müsse grundsätzlich ausgeschlossen sein. Öffentliches Geld nur gegen verbesserte Bedingungen für die Gesundheitsversorgung und stärkeren öffentlichen Einfluss müsse die Linie des Landes Hessen sein.
Die Linke, die vereinte Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di und die Rosa-Luxemburg-Stiftung hatten ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben, dass darlegt, wie das Land Hessen die Rücküberführung des UKGM in öffentliche Trägerschaft regeln kann, wenn sich dafür künftig politische Mehrheiten im Hessischen Landtag finden. Angesichts der Corona-Pandemie und dem dramatischen Pflegenotstand am UKGM wird auch dem härtesen Befürworter neoliberaler Privatisierungspolitik klar vor Augen geführt, dass Gesundheit keine Ware und Kliniken kein „Profitcenter“ sein können. Darum ist die Rückübertragung des UKGM in öffentliches Eigentum der sinnvollste Verwendungszweck für die jetzt in Aussicht stehende Zahlung von 450 Millionen Euro an das UKGM.
* Franz-Josef Hanke
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