Ulrich Stiehl hat das Bundesverdienstkreuz erhalten. Damit werden 45 Jahre Engagement für Behinderte geehrt.
Das Verdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik Deutschland ist Ulrich Stiehl in Anerkennung seiner um Volk und Staat erworbenen Verdienste verliehen worden. Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies überreichte die hohe Auszeichnung im Namen von Bundespräsident Frank Walter Steinmeier und würdigte das langjährige ehrenamtliche Engagement des Marburgers für seine Mitmenschen und insbesondere für schwerbehinderte Personen.
„Vieles, was unsere Gesellschaft ausmacht, wäre ohne das herausragende ehrenamtliche Engagement der Bürger*innen in der Universitätsstadt Marburg nicht möglich“, sagte Oberbürgermeister Spies. Stiehl sei einer dieser herausragenden Bürger.
Seit rund 45 Jahren engagiert sich Stiehl in der Betreuerarbeit von Menschen mit geistiger Behinderung. „Menschen wie Sie stärken unser soziales Gemeinwesen und zeigen eine unschätzbare Vorbildfunktion“, sagte Spies.
fStiehl wurde 1940 in Kupp im Kreis Oppeln – damals in Schlesien- geboren. Im Alter von vier Jahren flüchtete die Familie nach Prüm in die Eifel, wo Stiehl 1960 die Allgemeine Hochschulreife erwarb.
Nach seiner Wehrpflicht und einem forstlichen Praktikum begann er mit dem Studium der Forstwissenschaften an der Universität in Hann. Münden sowie Freiburg im Breisgau. Er schloss das Forstreferendariat ab und wurde 1968 Forstbeamter.
Stiehl engagierte sich aber nicht nur in seinem Beruf, sondern insbesondere auch ehrenamtlich für Menschen mit Behinderung. Bereits im Jahr 1979 war er maßgeblich an der Gründung einer Elternmitarbeit für eine anthroposophische Einrichtung in Echzell-Bingenheim beteiligt und gehörte dem Vorstand von 1982 bis 1986 an.
„Es sind Menschen, die gehört und verstanden werden wollen“, sagte Stiehl selber über seine Beweggründe sich für Menschen mit Behinderung einzusetzen. Er möchte Verständnis schaffen für behinderte Menschen und integrierte sie daher in all seine sozialen und kulturellen ehrenamtlichen Tätigkeiten und somit in die Gesellschaft und schaffte damit bleibende Veränderungen. Ihm ist es dabei immer wichtig gewesen, dass diese Menschen mit besonderen Förderschwerpunkten genauso angesehen werden, wie sie sind.
Ab 1999 ist Stiehl auch in der Diakonischen Einrichtung Hephata in Schwalmstadt im Angehörigen- und Betreuerbeirat aktiv. In der Zeit von 2008 bis 2016 übernahm er dort die Funktion als Vorsitzender und anschließend das Amt des Schriftführers. Der Schwerpunkt seiner dortigen Arbeit liegt in der ausreichenden Versorgung sowie der Assistenz und der Unterstützung behinderter Menschen im Krankenhaus.
Stiehl versteht sich hier als Vermittler bei Konflikten zwischen der Einrichtung und Angehörigen. Dabei werden Themen wie Freizeitgestaltung der Bewohner, Hygiene, Wäsche sowie Ernährung behandelt.
Zudem gründete Stiehl den Förderverein des Angehörigen- und Betreuerbeirats und gehörte dem Vorstand von 2007 bis 2012 an. Der Förderverein bietet dem Beirat finanzielle Unterstützung bei der Umsetzung seiner Ideen und Veranstaltungen.
Schließlich weitete Stiehl sein Engagement 2006 auch auf Bundesebene in der Angehörigenunterstützung aus. Er war Gründungsmitglied des Bundesverbands von Angehörigen- und Betreuervertretungen in diakonischen Wohneinrichtungen und übernahm bis 2015 die Aufgaben des Schriftführers. Bis Mitte September war er Vorsitzender dieser bundesweiten Vereinigung.
Ziel des Bundesverbands ist die Vernetzung der einzelnen Landesverbände und Beiräte. Martin Petzold vom Vorstand des Bundesverbands würdigte seinen langjährigen Kollegen in einer Ansprache: „Ich schätze deine Geradlinigkeit und deine Haltung zur Inklusion und weiß aus den vielen Jahren der Zusammenarbeit: Wenn jemand diese Auszeichnung verdient hat, dann du.“
Des Weiteren ist Stiehl Gründungsmitglied des Landesverbands der Angehörigen- und Betreuervertretungen von christlichen Einrichtungen der Behindertenhilfe in Hessen und Rheinland-Pfalz und gehört auch hier seit 2009 zum Vorstand. Daneben ist er seit 2005 Mitglied im Vorstand der Gesellschaft für Ethik und Medizin Marburg. Die Gesellschaft klärt ethische Fragen im Umgang mit Menschen mit geistiger Behinderung und zeigt Lösungsansätze, besonders im Bereich der Medizin auf.
Zu seinem Engagement im sozialen Bereich kommen noch seine Aktivitäten im kulturellen Bereich hinzu. Zwischen 1974 und 1994 war Stiehl in der Schlossgruppe Hungen engagiert, die das Schloss Hungen sanierte. Das Ziel dieses Projekts war einerseits eigenen Wohnraum zu schaffen, aber auch einen Begegnungsort einzurichten.
Heute gibt es dort neben 23 Wohnungen auf 350 Quadratmetern Gemeinschaftsräume, die neben der Nutzung durch die Eigentümer*innen auch für öffentliche Veranstaltungen genutzt und gemietet werden können. Bis heute ist Stiehl im Freundeskreis der Schlossgruppe Hungen aktiv.
Darüber hinaus trat Stiehl im Jahr 1998 in den Verein Marburger Konzertchor ein und übernahm bis 2004 die Kassenführung. Auch hier setzte Stiehl sein persönliches Ziel der Integration von Menschen mit Behinderung in die Gesellschaft um und ermöglichte ihnen regelmäßige Besuche der Konzerte.
Von 2005 bis 2015 war Stiehl darüber hinaus Gästeführer in der Universitätsstadt Marburg sowie für vier Jahre Sprecher des Arbeitskreises der Marburger Gästeführer. Auch hier war er verantwortlich für die Kasse.
Seit 2006 ist er zudem Kassenwart im Freundeskreis Alter Botanischer Garten und war unter anderem an den Gesprächen zum Neubau der Universitätsbibliothek am Rande des Alten Botanischen Gartens beteiligt. Ebenfalls organisierte Stiehl Veranstaltungen für den Verein.
* pm: Stadt Marburg