Lautstarker Protest: Kein Verkauf des Ringlokschuppens an Christus-Treff

„God, she is gay“, stand auf einem Transparent. Gut 50 Menschen demonstrierten am Dienstag (27. Juni) gegen Homophobie und den Verkauf des Ringlokschuppens an den Christus-Treff (CT).
Die Stadtverordnetenversammlung (StVV) will am Freitag (30. Juni) über die Zukunft des historischen Gebäudes auf dem Waggonhallen-Areal entscheiden. Eine von zwei Alternativen ist der Verkauf an ein Konsortium unter Beteiligung des evangelikalen Christus-Treffs. Die andere Möglichkeit besteht in einer Veräußerung an eine kommerzielle Bietergemeinschaft.
Ein Bündnis unter Federführung des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA) wendet sich gegen die Übernahme des Ringlokschuppens durch den Christus-Treff. Unter dem Motto „Kein Raum für Sexismus, Homophobie und religiösen Fundamentalismus!“ hatten verschiedene Gruppen gemeinsam zu einer Demonstration aufgerufen.
In der Vergangenheit hatte sich der CT wiederholt durch homophobe Äußerungen und die Zusammenarbeit mit schwulenfeindlichen Organisationen hervorgetan. Empfohlen wurde eine „Therapie“ der Homosexualität, in der fundamental evangelikale Anhänger des CT eine „Sünde“ sehen. Außerdem war der Gründer des CT selbst Mitgglied der sogenannten „Ex-Gay-Bewegung“.
Bei der Auftaktkundgebung auf dem Elisabeth-Blochmann-Platz wurde am Dienstagnachmittag ein Offener Brief an die Universitätsstadt Marburg verlesen. Die Unterzeichnenden sprachen sich darin gegen einen Verkauf des Ringlokschuppens an die Bietergemeinschaft unter Beteiligung des CT aus.
„Es ist eine politische Entscheidung, diskriminierenden Strukturen Raum zu geben in der Stadt“, heißt es in dem Schreiben. Eine solche Entscheidung wollten die Demonstrierenden mit ihrem Protest verhindern.
Beim Bürgergespräch über die Zukunft des Ringlokschuppens hatte Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies eine Antidiskriminierungsklausel im Kaufvertrag vorgeschlagen. Sie soll eine Benachteiligung von Gruppen bei der Raumvergabe durch den CT im Falle seiner Berücksichtigung als Käufer verhindern.
Diese Klausel geht den Demonstrierenden jedoch nicht weit genug. Zwar zeige sie, dass auch die Stadt das Problem einer möglichen Diskriminierung erkannt hat, doch stelle sie lediglich die Stadt von Ansprüchen diskriminierter Gruppen frei. Diskriminierendes Verhalten des CT selbst werde dadurch jedoch nicht verhindert.
Zudem habe der CT bislang jedes Gesprächsangebot der bisherigen Nutzer des Waggonhallen-Areals ausgeschlagen. Eine vertrauensvolle Nachbarschaft mit den vielfältigen Kulturinitiativen dort sei angesichts dieses Verhaltens kaum zu erwarten. Mit seiner Anwesenheit auf dem Waggonhallen-Gelände nutze der CT die vielfältige und bunte Szene unterschiedlichster Kulturinitiativen für seine Missionierungsarbeit.
Den Vorwurf von Religionsfeindlichkeit des Protests gegen die Vergabe des Lokschuppens an den CT entkräftete eine Rednerin mit dem Hinweis auf die Beteiligung christlicher Gruppen am Protestbündnis. So hat auch die Fachschaft „Evangelische Theologie“ den Aufruf zur Demonstration unterzeichnet.
Unter hämmernden Beats lautstarker Technomusik zogen die Demonstrierenden anschließend über die Weidenhäuser Brücke am Cineplex-Kino vorbei durch Biegen- und Deutschhausstraße den Steinweg hinauf zum Marktplatz, wo eine Abschlusskundgebung stattfand. Die dabei gezeigte Eile indes zeigte, dass die studentischen Organisationen das Wort „Bewegung“ missverstanden haben und weniger Wert auf breite Unterstützung auch durch ältere Mitmenschen legen als auf ihre ohrenbetäubende Begleitmusik.

* Franz-Josef Hanke

Kommentare sind abgeschaltet.