Vorschläge vorgestellt: Ideen bei Marburger Verkehrsdialogen

„Wir machen Stadtplanung für Menschen und nicht für Häuser“, erklärt Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies. Zu den „3. Marburger Verkehrsdialogen“ hatte die Stadt eingeladen.
Was macht eigentlich München im Bereich Mobilität? Und lassen sich Ideen aus der Großstadt überhaupt auf Marburg anwenden? Was kann funktionieren? Und wie? Ganz klar ist: Wie Mobilität in Marburg in Zukunft aussehen soll, können die Marburger*innen nur gemeinsam entscheiden.
„Marburg hat sich auf den Weg zur Verkehrswende gemacht, nicht nur, weil wir uns hoch angesetzte Klimaziele gesteckt haben – sondern auch, weil der Mensch im Zentrum der Mobilität stehen soll“, sagte Oberbürgermeister Spies, als er die Zuschauer*innen bei den 3. Marburger Verkehrsdialogen im Livestream begrüßte. Es ist die Vorbereitung für den Prozess, gemeinsam mit den Akteuren in Marburg das Mobilitäts- und Verkehrsentwicklungskonzept „MoVe35“ zu erstellen.
Direkt aus dem Erwin-Piscator-Haus (EPH) in die Wohnzimmer von rund 70 Zugeschalteten sprach dann die Münchener Stadtplanerin Sonja Rube. Sie habe einfach ein paar Ideen mitgebracht, die sie in die Köpfe pflanzen wolle –
auch ein wenig provokativ. „Denn: Ein ,Weiter so‘ ist beim Verkehr nicht mehr möglich, sonst stehen wir irgendwann von 5 bis 22 Uhr im Dauerstau!“
Sie erklärte, dass Städte wachsen – ebenso wie die Anforderungen an Klimaschutz, saubere Luft und weniger Lärm. Das fordere neue Verkehrslösungen. Zugleich gebe es durch Sharing-Modelle und smarte Technologien auch ein neues Mobilitätsverhalten der Menschen.
So stelle sich auch München der Herausforderung Verkehrswende. Und damit der Herausforderung, den öffentlichen Raum neu aufzuteilen. Für Einzelhandel und Gastronomie sind Erreichbarkeit wichtig. Dazu gehöre auch das Angebot an Parkflächen.
Wichtig sei aber ebenso die Aufenthaltsqualität. Und da hat München einige Experimente gemacht. In der Coronakrise durften Gastronomen jeweils fünf Parkplätze vor ihren Gebäuden entfernen und stattdessen mehr Sitzplätze anbieten. Beschwerden habe es keine zehn gegeben.
Im Sommer habe die Stadt zudem in zehn Straßen die Stellplätze weggenommen und die Fläche stattdessen gemeinsam mit den Anwohner*innen gestaltet. Das Ergebnis war eindeutig: „Die Anwohner*innen wollen die neuen Aufenthaltsräume behalten.
Das zeigt: „Die Stadt von Morgen hat vor allem eine tolle Aufenthaltsqualität.“ Und klar sei: „Die Stadt von Morgen ist ein Gemeinschaftsprojekt“, sagte Rube.
Auch der Einzelhandel müsse mit ins Boot. Auch dem Einzelhandel gehe es nicht mehr nur um Parkplätze – auch die Gestaltung des öffentlichen Raums mache eine Qualität für den Einzelhandel aus.
So hätten Bürgerinnen und Bürger sowie der Handel in Freising gemeinsam ein Konzept erarbeitet und alle Stellplätze in der Altstadt entfernt. Das ist eine Kleinstadt mit 50.000 Einwohnenden. „Und das läuft super!“
Wichtig sei auch der Öffentliche Personennahverkehr: „Der ÖPNV ist die Basis – das Rückgrat – nachhaltiger Stadtentwicklung“, erklärte die Stadtplanerin. Sharing-Systeme müssten mitgedacht werden.
Man müsse sich aber insbesondere die „letzte Meile zum Ziel“ anschauen. München testet bereits die Neuorganisation von Lieferverkehr. Pakete werden zentral gesammelt und dann verteilt – emissionsfrei mit Pedelecs.
Das Ergebnis ist beeindruckend: etwa 3.000 Lieferfahrten mit Transportern werden täglich eingespart. „Wir wollen die Autos nicht ganz herausnehmen. Wir wollen Mischbereiche in der Innenstadt. Diese Mischbereiche sind auch wichtig, wenn jemand zum Arzt oder etwas transportieren muss“, betonte sie.
Aber in den Begegnungszonen müssten alle mehr Rücksicht nehmen. Autos und Radverkehr müssten da auch langsamer unterwegs sein.
Wichtig ist auch die Erkenntnis: „Die Stadt von Morgen reicht nicht. Wir brauchen die Region von Morgen“, betonte Rube die Wichtigkeit, bei der Frage der Mobilität auch die Menschen und Wege in der Region in den Blick zu nehmen.
„Merken Sie was? Es braucht ein Umdenken im Kopf; und es braucht Sie““, schloss Rube ihr Impulsreferat. „Wir brauchen also einen Kulturwandel, den die Bürger*innen mittragen“, fasste Moderator Thomas Ranft zusammen.

* pm: Stadt Marburg

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