DEHOGA-Präsident Gerald Kink und Sozial- und Integrationsminister Kai Klose appellieren an Gäste von Gaststätten, die Corona-Listen korrekt auszufüllen. Dieser Appell ist leider ein Beleg für ein dramatisches Versagen des Krisenmanagements.
Immer wieder beteuern Politikerinnen und Politiker, sie wollten die Gastronomie unterstützen. Doch die wirksamste Maßnahme der Unterstützung haben die Verantwortlichen bislang nicht durchgesetzt: Allen Behörden außer dem Gesundheitsamt – und damit insbesondere auch Der Polizei – muss ein Zugriff auf alle im Rahmen der Pandemiebekämpfung erhobenen Daten strikt verboten werden.
Solange eine eindeutige Regelung zum Schutz aller Daten vor staatlicher Neugier fehlt, müssen Bürgerinnen und Bürger befürchten, dass jeder Gaststättenbesuch registriert wird und dadurch lückenlose Bewegungsprofile der Bevölkerung erhoben werden können. Manche mag das dazu bewegen, zum Schutz ihrer Privatsphäre auf einen Gaststättenbesuch lieber zu verzichten. Förderlich für die Gastronomie ist das jedenfalls nicht.
Das Fehlen einer Regelung zum konsequenten Schutz aller Angaben zu einer möglichen Infektion, Infektionswegen und Bewegungen im In- und Ausland ist zudem Wasser auf die Mühlen von Verschwörungserzählungen, wonach das Coronavirus eine Erfindung irgedwelcher geheimen Kräfte oder üblen Personen sei, um die Bevölkerung lückenlos zu überwachen. Behauptet wird auch, die Pandemie sei ein Vorwand zur Aushebelung der Bürgerrechte. Diesem Unsinn könnten die Behörden leicht durch ein klares Gesetz gegen Datenmissbrauch entgegentreten.
Bereits bei der Debatte über eine Corona-Warn-App war ein solches Gesetz gefordert worden. Das haben die unverantwortlichen Verantwortlichen jedoch verweigert. Nun erweist sich, welche Gefahr diese Fehlentscheidung nach sich zieht.
Aus Besorgnis über einen möglichen Datenmissbrauch mögen manche falsche Namen und Daten in die Corona-Listen eintragen. Eine Benachrichtigung bei einer Gefährdung durch eine mögliche Infektion läuft dann ins Leere. Die Verweigerung eines umfassenden Datenschutzes zerstört damit die Schutzfunktion dieser Datenerhebung.
Insgesamt hat die Politik beim Umgang mit dem Datenschutz von Corona-Daten eine überaus schlechte Figur gemacht: Erst wollte Gesundheitsminister Jens Spahn eine zentrale Datenspeicherung und eine Nutzungspflicht für die App durchsetzen. Nachdem diese Forderungen jedoch die Wirkung derApp völlig zu vernichten drohten, lenkte Spahn ein: Die Daten werden nun auf den Handys gespeichert und die Nutzung der App ist freiwillig.
Außerdem wurde der Quellcode der Programme veröffentlicht. Nach dessen Offenlegung warnten Wissenschaftler und Datenschützer dann vor möglichen Fehlalarmen und ausbleibenden Warnungen bei gefährlichen Kontakten. Diese Warnungen – beispielsweise von Forschern der Philipps-Universität – haben sich jetzt bewahrheitet.
Die App arbeitet nicht zuverlässig. 16 Millionen Menschen haben sich jedoch auf das Funktionieren dieses elektronischen Warnsystems verlassen. Sie wurden von unfähigen Programmierern zum Narren gehalten.
Diese peinliche Pleite sollte die Verantwortlichen dringend zum Nachdenken bewegen: Eine lebensgefährliche Pandemie wie Covid 19 verlangt gründliche und fehlerfreie Arbeit aller Verantwortlichen. Schlamperei oder ideologisch motivierte Verharmlosungsbeschwichtigungen können schließlich tödlich enden.
Darum ist jetzt auch eine kritische Reflexion über weitere Lockerungen angesagt: Die Wiederaufnahme von Kreuzfahrtenist unökologisch und gleichzeitig gefährlich. Massentourismus in Zeiten einer Pandemie und unnötige Fernreisen sind unverantwortlich.
Keine Gästeliste und keine App schützen vor einer Ansteckung durch das Coronavirus SARS-CoV-2. Niemals galt deshalb die alte Volksweisheit mehr als heute, die die Menschen auffordert: „Bleibe im Lande und nähre Dich redlich!“
* Franz-Josef Hanke