Erfolbreiche Forschung: Genetische Mausefalle soll bei Heilung helfen

Ein Forschungsteam um Prof. Dr. Ivica Grgic hat eine neue genetisch veränderte Mauslinie entwickelt. Sie ermöglicht, spezialisierte Immunzellen inmitten zahlreicher anderer Zellverbände der Niere nicht nur zu visualisieren, sondern auch den Zustand und Dynamik ihrer Genaktivitäten nahezu in Echtzeit zu erfassen.
Mit dem neuen Verfahren erstellte das Team ein hochauflösendes Profil dieser Zellen, an denen derartige Untersuchungen bisher kaum möglich waren. Die Forschungsgruppe berichtete über ihre Ergebnisse in „Scientific Reports“. Dabei handelt es sich um , eine Wissenschaftszeitschrift der Nature-Gruppe.
Makrophagen sind wichtige Zellen des Immunsystems, die an einer Vielzahl von Entzündungsprozessen in zahlreichen Geweben beteiligt sind. „Gerade deshalb finden Gewebs-Makrophagen in der Medizin besondere Beachtung“, erklärte Studienleiter Grgic.
Diese auch als „Fresszellen“ bekannten Abwehrzellen kommen auch in gesunden Organen vor, einschließlich der Niere, wo sie unter mehr als zwei Dutzend anderen Zell arten als quasi Wächter gut verborgen sitzen und kaum zugänglich sind. „Das macht es so schwierig, reine und unverzerrte Informationen über sie zu sammeln“, erklärte Grgic.
Allerdings wäre es wichtig, mehr über die biologischen Eigenschaften, Funktionen und Verhalten dieser Zellen in Erfahrung zu bringen. Dabei zählen Veränderungen in den Genexpressionsmustern zu den am frühesten messbaren Anzeichen für Krankheitsprozesse, die oftmals weit vor einem pathologischen – und nicht selten unumkehrbaren – Umbau der Gewebestruktur auftreten können. „Eine zellspezifische Erfassung von Genexpressionsänderungen böte somit die Möglichkeit, frühzeitig und zielgerichtet in schädigende Vorgänge eingreifen zu können“, erläutert Erstautor Dr. Andreas Hofmeister, der an der Studie im Rahmen seiner Doktorarbeit bei Prof. Grgic maßgeblich beteiligt war.
Die Forschungsgruppe konzipierte zunächst ein künstliches Genkonstrukt, das nur in Makrophagen aktiviert wird und dann anhand eines synthetisierten Farbstoffs (eGFP) identifizierbar ist. Ein weiterer Bestandteil des Konstrukts ist das ribosomale Protein L10a, das daran beteiligt ist, wenn Gentranskripte – sogenannte „mRNAs“ – in Proteine umgesetzt werden. Diese hochinformativen Komplexe aus Ribosomen und mRNAs werden auch als Polysomen bezeichnet.
Da ausschließlich Makrophagenzellen das „eGFP-L10a“ Fusionsprotein herstellen, ist es nun möglich, mittels magnetischer Mikro-Kügelchen mit spezieller Antikörper-Ummantelung das beflaggte künstliche Protein im aufgelösten Organ zu „greifen“ und mitsamt den anhängigen, makrophagen-spezifischen Polysomen herauszuziehen; Kontamination und Verzerrung durch Genprodukte anderer Zelltypen desselben Organs werden verhindert.
Die Forschungsgruppe nennt ihr System „MacTRAP“. „Es gibt für den TRAP Ansatz ein großes Spektrum an Nutzungsmöglichkeiten nicht nur in der Niere, sondern auch in anderen Geweben und Organen wie zum Beispiel Lunge, Leber, Haut und Gefäßsystem“, erklärte Grgic. Das sei deshalb so, „da das System organübergreifend funktioniert, somit universell einsetzbar sein sollte“. Die neuartige MacTRAP Mauslinie ist bis dato „ausschließlich an der Philipps-Universität verfügbar und bislang auch nicht kommerzialisiert.“
Grgic arbeitet an der Marburger Klinik für Innere Medizin und Nephrologie. Neben seiner Arbeitsgruppe und weiteren Wissenschaftlern der Philipps-Universität beteiligten sich Forscher der Justus-Liebig-Universitäten Gießen, Würzburg und Heidelberg sowie aus den USA an der Studie. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), die Von Behring-Röntgen-Stiftung sowie weitere Geldgeber unterstützten die Forschungsarbeit.
Die Infektions- und Entzündungsforschung gehört zu den Profilbereichen des Forschungscampus Mittelhessen (FCMH). Der FCMH ist eine hochschulübergreifende Einrichtung der JLU Gießen, der Philipps-Universität Marburg und der Technischen Hochschule Mittelhessen, deren Aufgabe in der Stärkung der regionalen Verbundbildung in der Forschung, Nachwuchsförderung und Forschungsinfrastruktur liegt.

* pm: Philipps-Universität Marburg

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