Christian Simon brennt darauf, bald wieder auf einer Bühne zu stehen. Für das Online-Angebot des Hessischen Landestheaters Marburg (HLTM) hat er mit Videoaufzeichnungen experimentiert.
„Das war sehr interessant und hat viel Spaß gemacht“, berichtet der Schauspieler. „Doch man bekommt dabei keine direkte Rückmeldung vom Publikum, wie ich es vom Theater her gewöhnt bin.“
Auf der Bühne zu stehen und in den Zuschauerraum zu blicken, selbst wenn man die Gesichter der Leute dort wegen der Dunkelheit nicht erkennen kann, sei ganz etwas Anderes. Für Simon ist es „der Kick, der jeden Abend zu einem einmaligen Erlebnis macht“. Gerade diese Erfahrung reizt ihn an seinem Beruf.
Geboren wurde Simon 1986 in Rostock. Schon auf der Schule schloss er sich der dortigen Theater-AG an. Bereits vor dem Abitur ging er dann auch zum Theaterjugendclub der Volksbühne Rostock.
Schnell stand für ihn fest, dass er Schauspieler werden wollte. Zum Studium ging er deshalb an die Folkwang Universität der Künste in Essen.
Dort lernte er auch seine Kollegin Mechthild Grabner kennen, die heute ebenso wie er dem Ensemble des HLTM angehört. Während des Studiums war er bereits als Gast am Rheinischen Landestheater Neuss, am Schauspielhaus Bochum, bei den Ruhrfestspielen Recklinghausen und am Volkstheater Rostock.
Sein erstes Engagement erhielt er anschließend an der Landesbühne Niedersachsen-Nord in Wilhelmshaven. „Für mich war das fast wie daheim“, erklärt Simon. „Jedenfalls kannte ich Küste ja schon.“
Außerdem habe der damalige Intendant Gerhard Hess versucht, ein anspruchsvolles Programm anzubieten. „Er hat mich sehr gefördert; und ich habe dort viel gelernt“, berichtet Simon. Außerdem hat er dort Eva Lange und Carola Unser kennengelernt.
Von Wilhelmshaven wechselte Simon zum Schleswig-Holsteinischen Landestheater in Rendsburg. Und2018 erreichte ihndann das Angebot der beiden Marburger Intendantinnen, das er annahm, ohne zu zögern.
„Marburg ist ähnlich wie meine Heimatstadt Rostock“, erklärt Simon. „Ich mag die Altstadt und das Leben in einer Stadt mit vielen Studierenden.“
Ihm gefällt das politische Klima in Marburg. „Marburg ist eine weltoffene Stadt, in der ich mich sehr wohlfühle.“
Als eine seiner Lieblingsrollen nennt Simon den Mortimer in „Maria Stuart“ von Friedrich Schiller. „Das durfte ich in allen Facetten ausarbeiten“, schwärmt der Darsteller über die Doppelinszenierung der Intendantin Eva Lange in Verbindung mit „Ulrike Maria Stuart“ von Elfriede Jelinek.
Als weitere besondere Erfahrung nennt Simon seine Rolle als Adam in „DER JUNGE MIT DEM LÄNGSTEN SCHATTEN“ von Finegan Kruckemeyer in der Inszenierung von Philip Lütgenau. „Das ist ein Klassenzimmerstück“, erklärt Simon. „Jede Klasse ist anders: Während eine still zuschaut und zuhört, lärmt die andere während des Spiels durcheinander.“
Das sei aber keinesfalls Ausdruck mangelnden Interesses, sondern meist eher von lebhafter Anteilnahme, erklärt Simon. „Als Schauspieler musst du da sehr aufmerksam und flexibel sein. Das ist jedesmal eine sehr spannende Herausforderung.“
Kinder seien sehr kritische Zuschauer, erklärt er. Darum sei Kinder- und Jugendtheater für ihn auch genauso wichtig wie Theater für Erwachsene. Ohnehin könne man beides oft kaum voneinander trennen.
Derzeit glaubt Simon nicht, dass es bald massenhaft Stücke über die Covid-19-Pandemie geben wird. „Theater muss zwar immer am Puls der Zeit sein, dabei aber allgemeingültige und zeitlose Fragen stellen“, denkt Simon. „Wenn ich nur einigen wenigen Menschen den Anstoß geben kann, über sich selbst und ihre Situation nachzudenken, dann habe ich als Schauspieler viel erreicht.“
* Franz-Josef Hanke