Leben und überleben: Pandemie-Politik zwischen Angst und Sorge

„Vorsicht ist die Mutter aller Weisheit“, sagt der Volksmund. „Angst ist ein schlechter Ratgeber“, weiß er allerdings auch.
Die Maßnahmen zur Eindämmung des coronavirus sind nicht unumstritten. Während die allermeisten Menschen die Regelungen bereitwillig mittragen, gibt es zunehmend auch Kritik an zu restriktiven Einschränkungen. Für einige Personengruppen ist die Situation überaus bedrohlich.
Nun werden einige Vorschriften schrittweise gelockert. Unter strengen Auflagen werden kleinere Geschäfte ab Montag (20. April) wieder geöffnet. Das ist „die gute Nachricht der Woche“.
Doch auch die Aufhebung von Beschränkungen stößt nicht überall auf Gegenliebe. Einigen gehen die Erleichterungen nicht weit genug, während andere sie für viel zu gefährlich halten. Mit Bedrohungen und Gefahren gehen Menschen völlig unterschiedlich um.
Einige haben panische Angst um ihr Leben oder das ihrer Lieben. Ihnen können die Auflagen nicht hart genug und ihre Durchsetzung nicht konsequent genug sein.
Andere leiden unter der Isolation in einer engen Wohnung oder der Atemnot unter einer Gesichtsmaske. Strafandrohungen bei Nichteinhaltung einer Maskenpflicht oder eine Einschränkung von Einkaufsmengen betrachten sie als beängstigende Bedrohung ihrer überlebenswichtigen Freiheiten.
Wiederum andere betrachten mit Sorge den hastigen Überbietungswettbewerb mancher Politiker bei möglichst wirksamen Reglungen. Argwohn erregt der große Einfluss von Virologen auf politischeEntscheidungen wie auch die offenkundige Berücksichtigung wirtschaftlicher Partikularinteressen einzelner Lobbygruppen. Dauerhafte Gefahren sehen sie in einer Aushebelung des Demonstrationsrechts oder unverhältnismäßiger Einschränkungen elementarer Grundrechte zugunsten kaum darstellbarer Zieleffekte.
Eine entspannte Diskussion über diese kontroversen Aspekte scheint in der derzeitigen Lage kaum möglich zu sein. Zu elementar sind die Ängste der Vertreterinnen und Vertreter dieser widerstreitenden Positionen um ihre Gesundheit einerseits und den Fortbestand der Demokratie andererseits.
Dabei ist klarer Verstand und ein maßvolles Vorgehen gerade jetzt entscheidend sowohl für die Zukunft der Demokratie wie auch für die Bewältigung der Pandemie. Wenn sich die Ängstlichen mit ihrer Hoffnung auf einen starken Staat durchsetzen und unkontrollierte Machtakzeptieren, riskieren sie damit die Bereitschaft der breiten Bevölkerungsmehrheit, notwendige Maßnahmen zum Schutz vor dem Coronavirus aktiv zu unterstützen. Aber nur bei breiter Beteiligung aller Mitmenschen kann die Begrenzung der Ausbreitung von Covid 19 gelingen.
Wenn sich jedoch ein a href=“http://marburg.news/?p=4892„>gefährlicher Pandemie-Populismus durchsetzt, werden die Genesenen und Überlebenden nach der Pandemie keinen liebens- und lebenswerten Staat mehr vorfinden. Ihr Vertrauen in die Mächtigen wird Missbrauch ermöglichen und am Ende wahrscheinlich auch zu Machtmissbrauch führen.
Darum sei allen Beteiligten dringend angeraten, den verfassungsmäßigen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit aller Maßnahmen immer über mögliche „Hau-Ruck-Effekte“ mit Hilfevon Verboten und Strafen zu stellen. Verantwortliche Politik setzt immer zuallererst auf Transparenz und Freiwilligkeit und nur dort auf Gesetze und Androhung von Zwang, wo Freiwilligkeit nicht geeignet ist, die lebenswichtigen Ziele zu erreichen. Verantwortliche Bürgerinnen und Bürger wiederum halten sich aus Einsicht in die Notwendigkeit an die nötigen GrundregelnvonAbstand und Isolation, um damit die Notwendigkeit behördlicher Eingriffe gar nicht erst entstehen zu lassen.
Wahrscheinlich wird das Coronavirus nach dem Sommer in einer zweiten Welle wiederkehren und dann weitaus heftiger wüten als im ersten Ansturm. Dannist ein verantwortungsbewusstes Handeln aller Menschenlebensnotwendig. Dann wird sich jeder Streit über unnötige Zwangsmaßnahmen verheerendauswirken.
Doch bereits jetzt liegen die Nerven schon auf allen seiten blank. Dabei habendie Menschen gerade in Marburg – beispielsweise auf demPortal www.marburg-liebe.de – schon bewiesen, dass Solidarität das beste Heilmittelgegen Covid 19 ist. Diese Solidarität – ohne Anfeindungen und erzürnte Gefühlsexplosionen – kann und wird die Menschennicht nur in Marburg durch die schweren Zeiten der Pandemie hindurchtragen.

* Franz-Josef Hanke

Kommentare sind abgeschaltet.