„Aufstehen! Gegen die Rechtsschaffenden“ lautete der Titel einer szenischen Lesung mit Franziska Knetsch, Peter Radestock und Egon Vaupel im KFZ. Mehr als 400 Menschen waren dieser Aufforderung am Mittwoch (4. Dezember) gefolgt.
Der größte Saal des Kulturladens KFZ platzte aus allen Nähten. Fast 20 menschen verfolgten die einstündige Veranstaltung sogar draußen vor der Tür. Dort möchten die Rechtspopulisten der sogenannten „Alternative für Deutschland“ (AfD) gerne auch „die Ausländer“ lassen.
Mit Zitaten von Politikern der AfD, von Adolf Hitler und Josef Göbbels sowie aus dem AfD-Parteiprogramm und Hitlers „Mein Kampf“ zeigten Knetsch, Radestock und Vaupel die beängstigende Nähe der AfD zum Hitler-Faschismus sehr deutlich auf. Höhepunkt war eine Passage, in der Radestock sich mit Vaupel abweschelte. Während Vaupel Zitate aus Reden von Björn Höcke vortrug, zitierte Radestock ziemlich ähnliche Aussagen des Nazi-Propagandaministers Göbbels.
Zu Beginn stellte Knetsch eine Szene nach, die sich in einem Besucherraum des Deutschen Bundestags zugetragen hat. Dort ging die AfD-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel einen Besucher scharf an, dessen Aussehen ihr anscheinend nicht passte. Sehr scharf schrie Knetsch in den Besucherraum hinein, was Weidel bei dem Vorfall im Bundestag gesagt hatte.
Meist reichten die Originaltexte von AfD-Politikern wie dem angeblich „gemäßigten“ Parteivorsitzenden Prof. Dr. Jörg Meuthen und seinem Kameraden Alexander Gauland, um im Publikum Kopfschütteln oder ein erschrockenes Aufstöhnen auszulösen. Sehr selten nur kommentierte einne der drei Personen vorne ein Zitat.
Zweimal trug Radestock Witze über die AfD vor. So fragte er, was wohl besser sei, die AfD oder ein Stau. Seine Antwort lautete: „Ein Stau kann sich bilden.“
Auch AfD-Vertreter aus der zweiten Reihe wie Andre Poggenburg oder Andreas Kalditz bekamen ihr Zitat. Mitunter wurde dem Publikum dann erklärt, um wen es sich da handelt und welche Vita sowie welche Funktion der Betreffende innehat.
Auch die AfD im Landkreis Marburg-Bidenkopf wurde dabei nicht ausgespart. So zitierte Vaupel den ehemaligen Biedenköpfer Bürgermeister Karl-Hermann Bolldorf und dessen Aussagen zu geflüchteten Menschen.
Die Gefahr des Rechtspopulismus brachte das Programm ebenso zur Sprache wie die Menschenverachtung der AfD. Abwechselnd zitierten die drei Vortragenden Aussagen aus Hassmails an eine deutsche Politikerin, die über „einen Migrationshintergrund“ verfügt. „Für diese Wörter schämen wir uns, wenn wir sie zitieren“, erklärte Vaupel.
Den Abend hatten er und seine beiden mitstreitenden der Frankfurter Rechtsanwältin Seda Basay-Yildiz gewidmet, die von anonymen Drohschreiben mit der Unterschrift „NSU 2.0“ selbst mit dem Tod bedroht wird und deren kleine Tochter ebenso brutalen Drohungen ausgesetzt wird. Gegen Gewalt und Hass wandte sich dieser beeindruckende Abend in ebenso bedrückender wie ermutigender Weise. Vor allem die frech-frische Franziska Knetsch brachte mit ihrem Temperament sehr viel Schwung hinein.
Langanhaltender Applaus und stehende Ovationen setzten zu Beginn die Aufforderung „Aufstehen“ im Titel der Veranstaltung um. „Dafür danken wir Marburg“, erklärte Vaupel nach dem Applaus. „Nicht überal könnten wir so ein Programm aufführen.“
* Franz-Josef Hanke