Auf die besonderen Bedingungen Behinderter bei der Landratswahl am Sonntag (8. September) hat der Kreiswahlleiter aufmerksam gemacht. Blinde können mit Hilfe einer Wahlschablone eigenständig wählen.
Wahlberechtigte mit gesetzlicher Betreuung müssen ihre Eintragung ins Wählerverzeichnis diesmal noch beantragen. Das gilt vor allem für Geistig Behinderte oder psychisch kranke Straftäter.
Viele Jahre waren Menschen, denen ein Gericht einen Betreuer „in allen Angelegenheit“ bestellt hat, von Wahlen ausgeschlossen. Hintergrund einer solchen Betreuung können psychische oder geistige Beeinträchtigungen sein. Ebenso betroffen sind auch Straftäter, die wegen Schuldunfähigkeit in einer psychiatrischen Klinik untergebracht sind.
Nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) konnten sich erstmals zur Europawahl im Mai 2019 Menschen in einer sogenannten „Vollbetreuung“ ins Wählerverzeichnis eintragen lassen. Für den Bund einigten sich Bundestag und Bundesrat bereits über eine entsprechende Gesetzesänderung. Auch in anderen Bundesländern wurde das Wahlrecht seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts angepasst.
In Hessen steht eine solche Änderung noch aus. Deshalb werden die betroffenen Personen nicht automatisch in das Wählerverzeichnis ihrer Gemeinde eingetragen und können nicht automatisch an der Wahl teilnehmen.
„Dennoch können sich die betroffenen Menschen auf Grundlage der Entscheidung aus Karlsruhe in das jeweilige Wählerverzeichnis ihrer Gemeinde eintragen lassen“, betonte Kreiswahlleiter Tobias Burkard. Dazu brauche es allerdings einen entsprechenden schriftlichen Antrag in der Stadt oder Gemeinde, wo der Betroffene seinen Hauptwohnsitz hat. Informationen zu den Einzelheiten geben die Wahlämter vor Ort.
Mit einer speziellen Schablone und Informationen auf einer Audio-CD bieten der Kreis und die Deutsche Blindenstudienanstalt (BliStA) Blinden und sehbehinderten Wahlberechtigten die Möglichkeit, ihre Stimme eigenständig ohne fremde Hilfe abzugeben. Diese Wahlschablonen bestehen aus festem Karton, in den der Stimmzettel eingelegt wird.
„Darin sind die Kreise, in denen die Wahlvorschläge angekreuzt werden können, ausgestanzt und mit tastbaren Ziffern versehen, die der Nummerierung auf dem Stimmzettel entsprechen“, erläuterte Burkard. Somit lasse sich die Position der Kandidatinnen und Kandidaten auf dem Stimmzettel ertasten. Mit den Schablonen werde eine Audio-CD geliefert, die eine Anleitung zum Gebrauch der Schablone und sämtliche Informationen des Stimmzettels enthält.
Die Wahlschablonen sind nicht bei den Städten und Gemeinden und auch am Wahltag nicht in den Wahllokalen erhältlich. „Es ist also wichtig, dass die Schablone am Wahltag mit in das jeweilige Wahllokal genommen wird“, sagte Burkard.
Mitglieder der Selbsthilfeorganisationen „Deutscher Verein der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf“ (DVBS) sowie „Blinden- und Sehbehindertenbund Hessen“ (BSBH) bekommen die Hilfsmittel automatisch zugesandt. Wer darüber hinaus eine solche Schablone benötigt, kann sie auch bei der Wahlsachbearbeitung der Kreisverwaltung unter der Telefonnummer 06421/405-1223 oder per E-Mail an wahlen@marburg-biedenkopf.de anfordern. Das Material wird kostenfrei zur Verfügung gestellt.
Der Kreistag hatte in seiner Februar-Sitzung beschlossen, dass der Tag der Direktwahl der Landrätin oder des Landrats des Landkreises Marburg-Biedenkopf auf Sonntag (8. September) und der Tag einer eventuell notwendig werdenden Stichwahl auf Sonntag (22. September) 2019 festgesetzt wird. Weitere Informationen zur Landratswahl finden Interessierte auch auf wahl.marburgviews.de.
* pm: Landkreis Marburg-Biedenkopf