Eine neue Emmy Noether-Nachwuchsgruppe arbeitet jetzt an der Philipps-Universität zur Berylliumchemie. Beryllium und seine Verbindungen haben viele positive Eigenschaften.
Davonprofitieren zahlreiche Anwendungen der Luft- und Raumfahrt, Chirurgie oder auch Hochfrequenztechnik. Es gibt aber ein wesentliches Problem: Das Element gilt als hochgiftig.
Wie genau der Körper mit Beryllium interagiert, ist allerdings bislang unzureichend geklärt. Dr. Magnus Buchner vom Fachbereich Chemie der Philipps-Universität möchte diese Forschungslücke schließen.
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert das Vorhaben mit knapp 1,5 Millionen Euro für die Einrichtung einer Emmy Noether-Nachwuchsgruppe. Das Programm der DFG eröffnet besonders qualifizierten Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftlern die Möglichkeit, sich durch die eigenverantwortliche Leitung einer Nachwuchsgruppe über einen Zeitraum von sechs Jahren für eine Hochschulprofessur zu qualifizieren.
Das Element Beryllium ist in vielen technischen Anwendungen unverzichtbar: Berylliummetall ist aufgrund seiner geringen Dichte ein wichtiger Leichtbauwerkstoff in der Luft- und Raumfahrtindustrie. Berylliumbronzen sind zur Herstellung von nicht funkenschlagendem Werkzeug – beispielsweise für chirurgische Instrumente – unerlässlich.
Berylliumkeramiken zeichnen sich durch ihre große Wärmeleitfähigkeit, hohen elektrischen Widerstand bei hohen Temperaturen und ihre Bruchfestigkeit aus und sind daher in der Hochspannungs- und Hochfrequenztechnik nicht ersetzbar. „Die Liste wichtiger Anwendungen ließe sich noch sehr lange weiterführen. Das Element hat eine große wirtschaftliche Bedeutung“, sagt Dr. Magnus Buchner vom Fachbereich Chemie der Philipps-Universität, Projektleiter der neuen Emmy Noether-Nachwuchsgruppe. Doch aufgrund der vermeintlich hohen Toxizität gilt das Arbeiten mit dem Element und dessen Verbindungen als problematisch – nach dem Einatmen geringster Mengen berylliumhaltiger Stoffe können schwere Lungenschädigungen auftreten.
„Allerdings ist die Chemie des Berylliums – verglichen mit dessen Nachbarn im Periodensystem der Elemente – deutlich unterentwickelt“, erklärte Buchner. „Es gibt noch zahlreiche offene Forschungsfragen, insbesondere was die Interaktion mit dem menschlichen Körper betrifft.“
Daher seien die bisherigen Aussagen hinsichtlich der Toxizität nicht haltbar. „Aktuelle Untersuchungen zeigen beispielsweise, dass die Giftigkeit des Berylliums eher in der Grauzone zwischen Autoimmunerkrankung und allergischer Überreaktion angesetzt werden muss“, erklärte Buchner. „Doch um hier valide Aussagen treffen zu können, muss das Element tiefergehender untersucht werden.“
Hauptziel des geförderten Projekts ist daher, einige der Mysterien um das Element Beryllium zu lüften. „Es ist wichtig, Beryllium mit dem wissenschaftlichen Respekt und der Neugier zu behandeln, den es verdient“, forderte Buchner. „In vielen Fällen hat sich vermeintlich altbekanntes Wissen, das sich in Lehrbüchern findet, schlicht als falsch herausgestellt.“
Mit einem besseren Grundverständnis über Beryllium und seine Verbindungen könnten möglicherweise seine Eigenschaften für die Anwendungsfälle optimiert werden. Das sei auch im Sinne des Gesundheits- und Umweltschutzes.
* pm: Philipps-Universität Marburg