Transit Leben: Lange und Unser stellten Spielplan vor

Spielplanvorstellung

Die neuen Intendantinnen Eva Lange und Carola Unser stellten ihren ersten Spielplan vor. (Foto: Jan Wandel)

„Transit Leben“ heißt das Motto der Spielzeit 2018/2019 des Hessischen Landestheaters Marburg (HLTM). Ihr Programm stellten die beiden künftigen Intendantinnen Eva Lange und Carola Unser am Donnerstag (12. April) im Erwin-Piscator-Haus (EPH) vor.
Beginnen soll die Spielzeit unter der neuen Doppelspitze mit einem Doppelabend. Am Samstag (21. September) wird Lange als Regisseurin nacheinander „Maria Stuart“ von Friedrich Schiller und anschließend „Ulrike Maria Stuart“ von Elfriede Jelinek auf die Bühne bringen. In ihrem verdichteten Text stellt die Literatur-Nobelpreisträgerin Parallelen zwischen der schottischen Königin und der einstigen Marburgerin Ulrike Meinhof her.
Am Sonntag (22. September) folgen das Tanztheaterstück „Mein Platz, dein Platz“ für Menschen ab drei Jahre und am selben Abend die Deutsch-Georgische Coproduktion „Radio Universe“ in einer Inszenierung der Autorin Nino Haratischwili.
Enden soll die Spielzeit im Sommer 2019 mit einer musikalischen Inszenierung des Theaterklassikers „Leonce und Lena“ von Georg Büchner ab dem 1. Juni 2019 auf der Schlossparkbühne. Vorher wird es Klassiker wie den „Kirschgarten“ von Anton Tschechow oder „Die Verwandlung“ nach Franz Kafka in einer Inszenierung von Brit Bartkowiak ebenso geben die Uraufführung von „Am Hafen mit Vogel“ von Anah Filou. Die junge Autorin schreibt dieses Theaterstück für Menschen ab 7 Jahre zur Zeit eigens für das HLTM.
Einen ungewöhnlichen Blick auf das Märchen „Hans im Glück“ der Brüder Jakob und Wilhelm Grimm wirft der südafrikanische Regisseur Xabiso Zweni Freitag (18. Mai) bei seiner Inszenierung für kleine und jung gebliebene Theatergäste. Co-Intendantin Unser wird „Ronja Räubertochter“ nach Astrid Lindgren ab Sonntag (11. November) auf die Bühne bringen.
„Wir unterscheiden nicht zwischen Kindertheater und dem restlichen Programm“, erklärte die Intendantin. „Gutes Kindertheater muss für alle Altersgruppen funktionieren und ist eher noch anspruchsvoller als das Programm für die Erwachsenen.“
Als „Artists in Residence“ wollen die beiden Intendantinnen künftig in jeder Spielzeit eine andere Performance-Gruppe zur Entwicklung eines eigenen Stücks vor Ort in Marburg einladen. Den Anfang macht das Kollektiv „Die Zaungäste“ aus Gießen, Berlin und Frankfurt.
Eine eigene Referentin für „Co-Laboration und Unsinniges“ soll das HLTM künftig näher an das studentische Publikum heranführen. In dieser Funktion bietet Romy Lehmann in der neuen Spielzeit die Reihe „Watch me fail“ an.
In der Reihe „Herzstücke“ sollen Schauspieler ihre jeweiligen Lieblingsmonologe vorstellen. Mit Lesungen möchten Lange und Unser interessante Persönlichkeiten aus Marburg vorstellen. Beginnen soll diese Reihe am Mittwoch (14. November) mit einer Lesung aus dem Buch „Man muss das Leben leben“ über den Lebenshilfe-Gründer Tom Mutters.
Auch eine Marburg-Soap ist in Vorbereitung. Alle Interessierten sind aufgerufen, sich daran als Mitspielende oder mit eigenen Ideen zu beteiligen.
Debatten in der Stadtgesellschaft auslösen möchten Unser und Lange ebenso wie präsent sein in der Region. Als Landestheater wollen sie ebenso Gastspiele geben wie auch Gäste von außerhalb einladen.
Inklusion schreiben die beiden Theatermacherinnen ganz groß: Künftig soll es ein eigenes Abo mit Audiodeskription nicht nur für Theatergäste mit Sehbeeinträchtigungen geben. Auch Aufführungen mit einer Übersetzung in Gebärdensprache sind geplant. Schließlich wollen Lange und Unser auf der Webseite des HLTM auch Ankündigungen in Leichter Sprache anbieten.
Eher als symbolische Aktion betrachten sie die Vorstellung des gesamten Spielplans im gedruckten Heft in arabischer Sprache. Dazu kommen die gleichen Texte auf Deutsch und Englisch. Damit wollen Unser und Lange ein Zeichen für die Integration von Menschen aus fernen Herkunftsländern setzen.
Umsetzen möchten Lange und Unser ihr anspruchsvolles Programm teils mit früheren Weggefährten von außerhalb, teils mit bekannten Marburger Theatergrößen. Ein Drittel der Darsteller bleibt dem Publikum auf diese Weise erhalten.
Bleiben wird beispielsweise Jürgen Sachs und mit ihm das Kinder- und Jugendtheaterfestival „KUSS“. Weiterhin in Marburg auftreten werden auch erfolgreiche Sangeskünstler wie Arthur Nolin oder Franziska Knetsch.
Im Musical „Cabaret“ können sich aber noch mehr Schauspieler durch ihre Sangeskünste hervortun. Auch dieser Bühnenklassiker über die „Goldenen 20er“ und den heraufziehenden Faschismus soll ab dem 23. Februar 2019 das Thema „Transit Leben“ beleuchten.
Der Transit zwischen der Intendanz von Matthias Faltz zur neuen Doppelspitze läuft damit weitaus reibungsloser als der letzte Intendantenwechsel. Mit der neuen Doppelspitze haben das Land Hessen und die Universitätsstadt Marburg ohnehin einen neuen Weg beschritten, der zumindest in Hessen bislang einmalig ist.
Bei ihrem Start haben die beiden Neulinge auch genügend Fingerspitzengefühl bewiesen, um beispielsweise die unsinnigen Bezeichnungen „Black Box“ durch „Kleines Tasch“ und „Bühne“ durch „Großes Tasch“ zu ersetzen und gleichzeitig vor allem die Väter unter den Schauspielern nicht ins soziale Nichts zu entlassen. Sicherlich war dieser „Transit“ aber auch leichter als der vorangegangene, da alte und neue Intendanz diesmal einander eher unterstützt haben.

* Franz-Josef Hanke

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