Senioren sehen: Gut älter werden in Wehrda

wie wird man gut älter? Dieser Frage ist man im Marburger Stadtteil Wehrda mit einer Umfrage nachgegangen. Ihr folgt nun eine Foto-Ausstellung.
Älterwerden bekommt damit ein Gesicht beziehungsweise viele Gesichter Und ältere Menschen bekommen Öffentlichkeit mit Portraits, die im öffentlichen Raum zu sehen sein werden. Die Inititiative ging von Pfarrerin Bettina Mohr und ihrer früheren Kollegin Margarete Deist aus der Trinitatisgemeinde Wehrda aus. Am Wochenende werden die Portraits aufgehängt. Am Sonntag (19. Oktober) findet ein Gottesdienst zum Thema statt.
Gut älter werden möchten alle Menschen gern. Was das konkret heißt, hat im Marburger Stadtteil Wehrda zunächst eine Umfrage versucht in Erfahrung zu bringen. Dann gründete sich ein Verein mit dem Namen „Gut älter werden in Wehrda“.
Um diesem Thema ein Gesicht zu geben – oder besser möglichst viele Gesichter – wird nun eine Ausstellung mit älteren Menschen aus Wehrda eröffnet. Portraits von ihnen werden großformatig im öffentlichen Raum zu sehen sein. Und am Sonntag (19. Oktober) gibt es dazu einen Gottesdienst. Wie alt sie sei? Dorle Wilke lacht: „Plötzlich sehr alt!“
91 Jahre sind das in Zahlen. Die Kirchenälteste der Trinitatisgemeinde Wehrda ist eine von 27 Bewohnerinnen und Bewohnern des Stadtteils, die sich für eine Ausstellung haben portraitieren lassen. Großformatige Fotoplanen werden am Wochenende aufgehängt, um die älteren Menschen aus Wehrda buchstäblich sichtbar zu machen auf privaten und öffentlichen Grundstücken, zum Beispiel auch am Bürgerhaus und an der Kirche.
Dorle Wilke hat einen besonderen Bezug zur Fotografie: Ihre Mutter war Fotografin und sie habe schon als kleines Kind mit in der Dunkelkammer gesessen und zugesehen, wie Fotos entwickelt werden, erzählt sie. Die gebürtige Berlinerin lebt inzwischen seit 1974 in Wehrda.
Dass sie dort ein Zuhause gefunden hat, das verknüpft sie auch mit der Kirchengemeinde. Als Menschen gesucht wurden, die sich für ein Projekt zum Thema „Älterwerden“ fotografieren lassen, war sie sofort mit dabei. Genauso war es bei Erika Humpert. Sie ist 85 Jahre alt.
Gemeinsam mit ihrem Mann ist sie auf einem Portrait zu sehen. Sie hat auch andere zur Teilnahme motiviert. „Ich bin ganz begeistert, dass es den Verein gibt und da muss man dann auch mitmachen“, sagt sie.
Der Verein „Gut älter werden in Wehrda“ ist im Nachgang einer Umfrage entstanden, die sich mit der Thematik beschäftigt hat. Auch Pfarrerin Bettina Mohr ist Mitglied, weil sie erlebt, dass es gerade für viele Zugezogene schwierig ist, Anschluss zu finden: „Und das ist nicht nur ein Problem für Ältere, sondern auch für jüngere Menschen.“
Es gibt kein Café und keine Kneipe mehr, in der man sich treffen könnte, erzählen die beiden älteren Frauen. Deshalb entstand Ende 2024 die Idee eines „Plaudercafés“, das zur regelmäßigen Einrichtung geworden ist. Jeden letzten Donnerstag im Monat um 15 Uhr sind Menschen im Bürgerhaus Wehrda willkommen, egal wie alt sie sind.
In manchen Straßen in Wehrda gehe es sehr anonym zu, erklärt Bettina Mohr. An der Stelle setzt auch die Fotoausstellung an, die bewusst im öffentlichen Raum stattfindet. „Ich erhoffe mir, dass wir vielleicht angesprochen werden, dass es zu Gesprächen kommt“, sagt Dorle Wilke – eine „werdende Lebendigkeit“ wünscht sie sich.
Immer drei Portraits werden zusammen an einem Standort platziert mit einem Plakat, das die Genese des Projekts erklärt. Zudem werden alle Portraits auch in einem kleineren Format gemeinsam am Zaun des Sportplatzes am Lärchenweg hängen. Gemacht haben die Fotos Stefan Aumann, Dieter Schneider und Matthias Schüßler – die alle auch in Wehrda wohnen. Die Fotosessions bei den Portraitierten waren von Gesprächen begleitet.
Dafür hatte man sich einige Fragen als Impulse ausgedacht, erklärt Margarete Deist, die die Aktion gemeinsam mit Bettina Mohr initiiert und organisiert hat. Die Antworten wurden ausgewertet und erscheinen – anonym – in einer kleinen Broschüre. Außerdem fließt aus diesen Gesprächen auch etwas in den Gottesdienst ein, der am Sonntag (19. Oktober) in der Trinitatiskirche zum Thema stattfindet.
Zum Beispiel werden „“gainst the wind“ und „What a wonderful world“ zu hören sein. Das sind Lieblingslieder der Portraitierten. Die Portraits werden per Beamer in der Kirche zu sehen sein, nachdem die Abzüge bereits am Vortag im Stadtteil aufgehängt werden.
Der Gottesdienst findet am Sonntag (19. Oktober) um 11 Uhr statt. Er wird von André Flimm musikalisch begleitet. Und ganz im Sinne der werdenden Lebendigkeit gibt es im Anschluss natürlich noch die Möglichkeit, etwas zu essen und miteinander ins Gespräch zu kommen.

* pm: Evangelischer Kirchenkreis Marburg

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