Nach zwölf Jahren in Michelbach wird Pfarrerin Barbara Grenz am Sonntag (24. August) in den Ruhestand verabschiedet. Der Gottesdienst findet um 14 Uhr statt.
Zwölf Jahre lang ist Barbara Grenz Pfarrerin in Michelbach gewesen. Auf dem großen Holztisch stehen getrocknete Blumen, im Raum eine Couch, ein Klavier, ein Kinderbett. Es ist ein Multifunktionsraum, sagt Grenz.
Hier schlafen Kinder und Enkel, wenn sie zu Besuch kommen, hier war Platz für Kirchenasyle. Mit ihrer Familie ein offenes Pfarrhaus zu haben und das Pfarramt zu leben – das war der 66-jährigen Theologin wichtig.
Auch wenn sie jetzt in den Ruhestand geht, bleiben „Herzensfäden“, wie sie sagt. „Ich werde es vermissen, Pfarrerin für eine Gemeinde zu sein“, erklärte Grenz.
Sie bleibt mit ihrem Mann im Ort. Sie bleibt aktiv in Vereinen und Institutionen, sie bleibt auch ansprechbar, wenn jemand von ihr getraut oder beerdigt werden möchte. Aber sie wird kein Pfarramt mehr führen.
Darauf freut sie sich andererseits auch: „Ich bin gern noch mit im Zug dabei, aber ich muss nicht mehr so viel Lokomotive sein.“ Den Talar legt sie sich fürs Foto extra über den Arm – Vorbereitung auf das Leben nach dem Amt.
Ursprünglich wollte Grenz gar nicht Pfarrerin werden, sondern Lehrerin. In Erlangen hat sie evangelische Theologie und Latein auf Lehramt studiert. Viele ihrer Freunde aus der Fachschaft Theologie seien dann aber nach Marburg gegangen. So zog sie hinterher und hat sich in Marburg dafür entschieden, Volltheologie zu studieren.
In dieser Zeit hat sie auch ihren Mann Reinhard kennengelernt. Ihr Vikariat hat sie in Obernburg bei Aschaffenburg absolviert und sich dann in Marburg-Cappel auf eine halbe Diakonen-Stelle für Konfirmandenarbeit beworben – „es gab über 50 Konfirmandinnen und Konfirmanden zu betreuen“, berichete Grenz. Das erforderte ein neues Konzept.
Nachdem sie 1988 ihr erstes Kind bekam, hat sie in diesem Bereich erst einmal weiter ehrenamtlich gearbeitet. 1991 folgte dann gemeinsam mit ihrem Mann der Wechsel nach Eppe in der Nähe von Korbach: Sie war für die Gemeinde zuständig, er als katechetischer Studienleiter für religionspädagogische Bildungsarbeit.
Lebens- und Arbeitsgemeinschaften seien gewachsen. Genauso versteht Barbara Grenz auch die Kirche vor Ort „als Sozialraum, in dem Menschen einander sehen und gesehen werden, so, wie es Jesus vorgelebt hat“. Dieses christliche Verständnis gilt es auch in einer sich verändernden Gesellschaft weiter zu pflegen und zu entwickeln, erläuterte die Pfarrerin.
Früher sei die Kirche oft der einzige „Player“ in kleineren Orten gewesen. Heute gibt es sehr viel mehr Angebote, selbst für die Momente, die früher eben zur Kirche, in eine Gemeinde gehört haben. Es gibt Trauer- und Hochzeitsredner, schöne Standesämter und besondere Locations – Dienstleistungen, die man buchen kann für die besonderen Momente im Leben.
Aber ihr waren immer die „Herzensfäden“ wichtig. „Ich kenne Dich bei Deinem Namen“, wie es in der Bibel heißt – das sei das Interessante an einem Leben in der Gemeinde – Gemeinschaft, Nachbarschaft. Und das offene Haus, direkt neben der Martinskirche. Sie ist übrigens die älteste ununterbrochen gottesdienstlich genutzte Kirche im Marburger Stadtgebiet.
„Hier war ein Ort auch für Menschen abseits des Mainstreams, für besondere Biographien, für Menschen mit Problemen, für Geflüchtete“, sagte Grenz. Ihre eigene Biographie ist durch die evangelische Jugend geprägt, aber von Kind an sind ihr auch durch ihren katholischen Vater die Prozessionen, die Lichter auf dem Friedhof lieb geworden.
Dass beim Sternsingen in Michelbach katholische und evangelische Kinder gemeinsam für Kinderhilfsprojekte unterwegs sind und den Segen zu den Häusern bringen, begrüßt sie sehr. Schon als junge Pfarrerin in der Diaspora hat sie mit einer Krabbelgruppe auch die katholischen Eltern ins evangelische Pfarrhaus geholt. Ihre Mutter wäre gern Pfarrerin geworden, erzählt sie. Und eines ihrer drei Kinder wiederum hat Theologie und Mathematik auf Lehramt studiert.
Nach dem Ende der Dienstzeit bleiben Barbara und Reinhard Grenz erst einmal als Mieter im Pfarrhaus. In direkter Nachbarschaft bauen sie eine Scheune zum Wohnhaus um – die beiden bleiben Michelbach also erhalten. Der Abschiedsgottesdienst für Barbara Grenz findet am Sonntag (24. August) um 14 Uhr statt. Anschließend gibt es eine Feier mit Kaffee und Kuchen, Überraschungen und Zeit für Gespräche im Bürgerhaus.
* pm: Evangelischer Kirchenkreis Marburg