Für Bildung: Uni-Präsidenten kritisieren Entwurf zum Hochschulpakt

Vor einer strukturellen Unterfinanzierung warnen die hessischen Hochschulen. Auslöser ist der Entwurf zum Hessischen Hochschulpakt 2026-2031.
Die Planungen der Landesregierung zum Hochschulpakt würden bei den hessischen Hochschulen zu einem Defizit von rund einer Milliarde Euro in den nächsten sechs Jahren führen und hätten einen dauerhaften Abbau von zehn Prozent des Personals in Wissenschaft, Kunst und Verwaltung zur Folge. Die hessischen Hochschulen fordern gezielte Nachbesserungen.
Im Rahmen der Verhandlungen über den hessischen Hochschulpakt für die Jahre 2026 bis 2031 stellte der hessische Wissenschaftsminister Timon Gremmels den Hochschulleitungen in der letzten Woche erstmals konkrete Zahlen für das Hochschulbudget vor. Obwohl auf die 14 staatlichen Hochschulen in 2026 dauerhaft wirkende Personalkostensteigerungen von über 60 Mio. Euro pro Jahr zukommen, soll beim Übergang zum neuen Hochschulpakt das Budget für 2026 und 2027 sogar unter das Niveau von 2025 sinken.
Aufwüchse von im Mittel 2,12 Prozent pro Jahr gegenüber 2025 über die gesamte Paktlaufzeit, die ab 2028 nachlaufend vorgesehen sind, erreichen keinen Ausgleich. Selbst wenn künftig Tarifabschlüsse und Inflation moderat ausfallen, rechnen die Hochschulen über die Laufzeit des Hochschulpakts bis Ende 2031 mit einem Finanzierungsdefizit von rund einer Milliarde Euro.
Das entspricht einem jährlichen Defizit von zirka 167 Millionen Euro oder zirka zehn Prozent des Personalbudgets der Hochschulen. Da die Kostensteigerungen sofort wirksam werden, die Mittel vom Land aber erst ab 2028 ansteigen, entsteht eine zeitliche Lücke im partiellen Haushaltsausgleich. Diese Nachlaufeffekte erschweren es einzelnen Hochschulen, ihre Liquidität aus eigener Kraft zu sichern.
Die vorgestellten Maßnahmen spiegeln nicht den Koalitionsvertrag der Landesregierung wider. Dort war die Rede von einer „auskömmlichen und nachhaltigen Finanzierung“ des hessischen Hochschulsystems. Bildung sollte erste Priorität für die Zukunft des Landes haben.
„Selbst wenn wir ohne Vorbelastung in die neue Paktphase eintreten und vereinfacht von einem kontinuierlich steigenden Budget ausgehen würden, gleicht ein mittlerer Anstieg von 2,12 Prozent pro Jahr die erwarteten Personal- und Sachkostensteigerungen nicht annähernd aus und kann nur als strukturelle Kürzung betrachtet werden“, erklärte Prof. Dr. Thomas Nauss. Der Präsident der Philipps-Universität Marburg ist Sprecher der Konferenz Hessischer Universitätspräsidien (KHU). „Diese Kürzung hat Langzeitwirkung: Sie bedroht die Funktionalität der Hochschulen in Forschung, Lehre und Transfer weit über 2031 hinaus“, machte Nauss deutlich.
„Die strukturelle Kürzung bedeutet, dass die für Hessen essentiell notwendigen Leistungen zur Disposition stehen“, ergänzte Prof. Dr. Karim Khakzar als Sprecher Hessischen Hochschulen für Angewandte Wissenschaften. „Die Hochschulen drohen selbst bei einem sofortigen vollständigen Stellenstopp und damit bei einem völlig zufälligen und ungesteuerten Konsolidierungsprozess in strukturelle Defizite zu laufen. Unser Ziel, die Leistungsfähigkeit des hessischen Hochschulsystems zu erhalten oder zu steigern, ist unter diesen Umständen nicht zu erreichen. Vielmehr ist zu befürchten, dass einzelne Forschungs- oder Lehrbereiche eingestellt und der Personalabbau aktiv vorangetrieben werden müssen.“
Prof. Elmar Fulda als Sprecher der Hessischen Kunsthochschulen resümierte: „Eigentlich will die Landesregierung wirtschaftlich durchstarten: Aber wo sollen all die klugen und kreativen Köpfe herkommen, die man dafür benötigt, wenn nicht von den hessischen Hochschulen? Der angekündigte Schrumpfungsprozess wird direkte Konsequenzen für Wissenschaft und Kunst haben, für die Lehrkräftebildung ebenso wie für die gesamte Spanne der Fachdisziplinen von Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaften über die Natur- und Ingenieurswissenschaften bis zu Lebenswissenschaften und Medizin. Fachkräftesicherung sieht anders aus.“
Bereits im Haushaltsjahr 2025 haben die Hochschulen ein Drittel der vom Land angestrebten Einsparsumme erbracht, indem sie Baurücklagen in Höhe von 475 Millionen Euro zur Verfügung gestellt haben. Die Hochschulen haben dadurch Verantwortung für das Land bewiesen. Sie stehen weiter bereit, mit der Landesregierung nach guten Lösungen zu suchen, die konjunkturelle Delle zu überwinden, ohne das Wissenschaftssystem zu beschädigen.
„Die hessischen Hochschulen fordern, die langfristige Funktionalität und Wettbewerbsfähigkeit des hessischen Hochschulsystems zu erhalten und damit die Stärke des Wissenschafts- und Kreativstandorts Hessen zu sichern“, fassten die drei Sprecher zusammen. „Die hessischen Hochschulen erwarten deutliche Nachbesserungen in der Hochschulpaktplanung sowohl mit Blick auf kostenneutral zu realisierende Änderungen im Sinne der Hochschulen als auch mit Blick auf gezielte finanzielle Verbesserungen.“ Dazu werden die Leitungen der 14 hessischen Hochschulen dem Wissenschaftsministerium ein Eckpunktepapier übergeben.

* pm: Konferenz hessischer Hochschulpräsidien, Marburg

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