Das war vielleicht eine Woche: In Berlin wurde ein neuer Bundeskanzler und in Rom ein neuer Papst gewählt. Die Shoa-Überlebende Margot Friedländer ist gestorben.
„Seid Menschen!“ lautet die eindringliche Forderung von Margot Friedländer an ihre Mitmenschen. „Es gibt kein jüdisches Blut, es gibt kein christliches Blut, es gibt kein muslimisches Blut; es gibt nur menschliches Blut.“
Geboren wurde Friedländer Am 5. November 1921 als Anni Margot Bendheim. 1938 verweigerten die Vereinigten Staaten von Amerika (USA) der jüdischen Familie die Einreise. 1943 wurde ihr Bruder verhaftet und ins Konzentrationslager Auschwitz deportiert. Die Mutter begleitete ihn in das Todeslager, wo beide ermordet wurden.
Margot hingegen konnte zunächst untertauchen. Doch 1944 wurde auch sie aufgegriffen und ins KZ Theresienstadt deportiert. Dort lernte sie ihren Ehemann Adolf Friedländer kennen und heiratete ihn.
Unter dem Familiennamen „Friedlander“ lebten beide in den USA. Erst mit 88 Jahren ist Nargot Friedländer nach dem Tod ihres Ehemanns in ihre Geburtsstadt Berlin zurückgekehrt. Seither engagierte sie sich unermüdlich in der Arbeit als Zeitzeugin: Sie besuchte Schulklassen und berichtete dort von ihren eigenen Erfahrungen mit der NS-Diktatur.
Ihre – zuletzt immer leiser und brüchiger, doch zugleich immer eindringlicher werdende – Stimme mahnte zu Menschlichkeit. Noch am Mittwoch (7. Mai) hatte sie zum letzten Mal öffentlich im „Roten Rathaus“ von Berlin gesprochen.
Mit der Berliner Ehrenbürgerin verliert die Menschheit eine wichtige Stimme der Menschlichkeit. Ihr geradezu „biblisches Alter“ von 103 Jahren war ein Geschenk an die vielen jungen Menschen, zu denen sie immer wieder einen persönlichen Draht gefunden hat. Ihre Authentizität und Ehrlichkeit machten ihre Auftritte eindringlich und berührend, sodass sich kein Mensch ihrer Wirkung entziehen konnte.
„Frieden“ lautet die Botschaft von Robert F. Prevost. Der US-amerikanische Missionar ist der neue Papst Leo XIV. Bereits am zweiten Tag hat das Konklave in der Sixtinischen Kapelle in Rom den Kardinal am Donnerstag (8. Mai) zum Papst gewählt.
Der Mathematiker im Augustinerorden gilt als „Brückenbauer“, der Reformen anpacken und dabei zugleich die konservativen Kräfte der Kirche besänftigen kann. Seiner eindeutigen Haltung zu sozialen Problemen steht eine eher konservative Einstellung zu Frauenordination und Zwangszölibat gegenüber. Als Pragmatiker und Kosmopolit dürfte er aber alle notwenigen Neuerungen behutsam in Angriff nehmen.
Erst im zweiten Anlauf schaffte es Friedrich Merz ins Bundeskanzleramt. Für den populistischen Heißstorm mag das eine Ernüchterung sein, die den Möchtegern-Trump aus dem Sauerland auf den Boden der Tatsachen herunterholt. Seine ersten Gespräche mit dem polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk haben bereits gezeigt, dass die von ihm angekündigten Zurückweisungen an den deutschen Landesgrenzen keine gute Entscheidung sind.
Mehr Demut täte ihm gut. Papst Leo XIV. dürfte da weniger Probleme bekommen. Dem Vernehmen nach spricht der neue Papst sogar Deutsch. Auch wenn Marburg grundprotestantisch geprägt ist, wird man seine Aktivitäten hier künftig ebenso aufmerksam verfolgen wie die des neuen Bundeskanzlers. Für beide wie auch alle anderen gilt jedoch der dringende Appell von Margot Friedländer: „Seid Menschen!“