Anhaltendes Gedenken: 300 Menschen bei Besinnungsstunde am 9. November

„Wir erinnern uns, damit solch grenzenloses Unrecht nie wieder geschieht.“ so lautet das Motto zum Gedenken des 9. November 1938.
Rund 300 Menschen haben am Samstag (9. November) bei der Besinnungsstunde anlässlich der Novemberpogrome der Opfer gedacht. Im „Garten des Gedenkens“ wurde an die jüdischen Bürgerinnen und Bürger erinnert, die Opfer nationalsozialistischer Gewalt wurden. Eingeladen hatten der Magistrat der Universitätsstadt Marburg, die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit und die Jüdische Gemeinde.
Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies eröffnete die Gedenkstunde mit einer bewegenden Erinnerung an den verstorbenen Ehrenbürger Amnon Orbach: „Ich empfinde es als besonders schmerzlich, heute unseren Ehrenbürger Amnon Orbach nicht mehr unter uns begrüßen zu können. Amnon Orbach stand für Versöhnung und ein respektvolles Miteinander aller Religionsgemeinschaften. Er ist heute in unserer Erinnerung bei uns im Geiste bei uns.“ Spies erinnerte eindringlich: „Heute vor 86 Jahren – am 9. November 1938 –
griffen hier an diesem Ort Marburger Bürger*innen Menschen jüdischen Glaubens an.“ Spies erklärte, dass das mit einer „unvorstellbar erscheinenden Brutalität“ geschehen sei. Er beschrieb dieses Datum als den Auftakt des Massenmords an Millionen Jüd*innen und als „Tiefpunkt menschlicher Geschichte“.
Auch heute sei Antisemitismus in Deutschland wieder spürbar, erklärte Spies weiter. Jüdische Menschen müssten ihren Davidstern oder ihre Kippa verstecken und erlebten offene Anfeindungen und Gewalt. Darum appellierte er: „Lassen Sie uns gemeinsam aufstehen. Nie wieder ist jetzt.“
Anschließend sprachen Maryam Abdolahi und Helmut Wöllenstein von der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit. „Erinnerung ist nicht nur ein Akt des Versprechens, sie ist ein Akt des Bewusstseins“, sagte Abdolahi. Wöllenstein ergänzte, dass die Gesellschaft keinen Schlussstrich unter die Vergangenheit setzen und – wie der bulgarische Schriftsteller Georgi Gospodinow es ausdrückt – nicht in eine „kollektive Demenz“ geraten dürfe. Für Wöllenstein ist die Besinnungsstunde „ein Protest, ein Anstoß, um wach zu werden und zu bleiben“.
Im Anschluss sprach Thorsten Schmermund von der Jüdischen Gemeinde die Gebete „El male rachamim“ und „Kadisch“ auf Hebräisch und Deutsch. In diesem Jahr füllte die Polizeidirektion Marburg die Zettelkästen der Synagogen-Gedenkstätte mit Inhalten, die sowohl einen Rückblick auf die Rolle der Polizei unter der NS-Herrschaft als auch auf die heutigen Herausforderungen der Polizei boten. Der Musikleistungskurs der Martin-Luther-Schule übernahm die musikalische Begleitung der Besinnungsstunde.

* pm: Stadt Marburg

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