Das Carsharing in Marburgs Außenstadtteilen hat im Bundeswettbewerb gewonnen. Das berichtete die Stadt am Donnerstag (7. November).
Das sogenannte „Bürger*innen-Carsharing“ in den Marburger Außenstadtteilen wurde als „gelungener Beitrag zur Verbesserung der Mobilität im eigenen Wohnort im Bundeswettbewerb „Zu Hause unterwegs. Mobil in ländlichen Räumen“ ausgezeichnet. Mobil zu sein, ist Voraussetzung, um zur Arbeit zu kommen, einzukaufen, Freundinnen und Freunde zu treffen oder im Sportverein aktiv zu sein. Wer vor Ort attraktive Mobilitätslösungen vorfindet, lässt auch das eigene Auto häufiger stehen oder verzichtet ganz darauf.
Um die Anbindung der Außenstadtteile an die Kernstadt zu verbessern, fördert die Universitätsstadt Marburg Carsharing-Projekte in Ginseldorf, Moischt und Elnhausen zusammen mit Dagobertshausen. Lastenräder ergänzen das gut angenommene Mobilitätsangebot.
„Das Projekt und das Engagement der Bürger*innen vor Ort zeigen, dass Menschen gerne Alternativen nutzen, wenn sie erst einmal etabliert und gut gemacht sind“, sagte Stadtrat Dr. Michael Kopatz. „Die Verkehrswende schaffen wir gemeinsam mit attraktiven Angeboten und jede*r so, wie es ihm oder ihr möglich ist. Und was möglich ist, zeigen beispielsweise solche Projekte. Sie helfen dabei, neue Routinen zu entwickeln, die für ein Umdenken wichtig sind.“
Der Bundeswettbewerb „Zu Hause unterwegs. Mobil in ländlichen Räumen“ zeichnet Projekte aus, die die Mobilität der Menschen in ländlichen Räumen verbessern und dabei attraktive Alternativen zum eigenen Auto schaffen. Insgesamt wurden 20 Projekte gekürt. Zwei davon stammen aus Hessen. das „Bürger*innen-Carsharing“ der Marburger Außenstadtteile und das Projekt „Ortsteile der Stadt Homberg-Efze werden mobil“ mit einem gelungenen Start in Welferode erhielten die Auszeichnung.
Die Parlamentarische Staatssekretärin Elisabeth Kaiser sagte anlässlich der Auszeichnung: „Für gleichwertige Lebensverhältnisse brauchen wir gute Mobilitätsangebote, und zwar direkt am Wohnort. Für mehr Mobilität in ländlichen Regionen zu sorgen, ist wichtig für eine gleichberechtigte Teilhabe, für mehr Lebensqualität und nicht zuletzt auch für die Umwelt. Das BMWSB unterstützt dabei die Entwicklung und Umsetzung innovativer Konzepte, um gleichwertige Lebensverhältnisse in Deutschland weiter zu sichern und zu verbessern.“
Dr. Markus Eltges ergänzte: „Kleinere Städte und Gemeinden widmen sich mit großem Engagement der Aufgabe, die wohnortnahe Mobilität zu verbessern und sie umweltverträglicher und sicherer zu machen.“ Er ist der Direktor des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung. „Die Mitwirkung der Menschen vor Ort ist ein Erfolgsgarant“, betonte er. „Mit dem Wettbewerb zeichnen wir vorbildliche Projekte aus, die sich bereits bewährt haben. Nachahmung empfohlen!“
Das Projekt „Bürger*innen-Carsharing“ in den Marburger Außenstadtteilen und die anderen Gewinnerprojekte erhalten als Preis jeweils 5.000 Euro. Zudem werden sie im Online-Nachschlagewerk für Mobilitätslösungen „Mobilikon“ unter www.mobilikon.de vorgestellt. Mobilikon hilft Kommunen, auf ihre Herausforderungen abgestimmte Mobilitätslösungen zu finden und umzusetzen.
Das Marburger Carsharing-Projekt ist im Rahmen der Dorfentwicklung entstanden. Es ist eine Maßnahme aus dem Klima-Aktionsplan 2030 der Universitätsstadt Marburg und Bestandteil des Mobilitätskonzepts „MoVe35“. Sein Ziel ist, ein ehrenamtlich getragenes Carsharing-Netz in den dörflich geprägten Außenstadtteilen aufzubauen. Dieses Netz ergänzt das individuelle und öffentliche Mobilitätsangebot.
Zuerst an den Start gegangen ist das Pilotprojekt in Ginseldorf mit dem Dorfladenverein als Träger. Seitdem (Mai 2022) verzeichnet das Carsharing monatlich zwischen 70 und 110 Buchungen, wobei das Carsharing über die kälteren Monate tendenziell mehr und im Sommer eher weniger genutzt werde, wie Ralf Laging vom Carsharing Ginseldorf erklärte. „Unser Carsharing wird deswegen so gut angenommen, weil es einen dörflichen Zusammenhalt über die Vereine und vor allem über den Dorfladen gibt. Unser Carsharing gehört in dem Maße zum Dorf wie der Dorfladen aktiver Teil des Dorfes ist und er von vielen Ginseldorfer*innen getragen und unterstützt wird.“
Im April 2022 hatte sich im Stadtteil Moischt der Verein „Moischt mobil“ gegründet, der rund 50 Mitglieder zählt. Auch in Moischt wird das Carsharing gut angenommen. „Auch aus unserem Nachbarort Schröck gibt es immer wieder Anfragen“, berichtete Ortsvorsteherin Margarete Hokamp. Die Ortsvorsteherin von Moischt ist zugleich Vereinsvorsitzende. „Wir hoffen, dass wir mit der großen Bandbreite an Möglichkeiten das Interesse der Moischter*innen noch weiter wecken können und es dadurch klar wird, dass man auf den Zweit- oder Drittwagen durchaus verzichten kann“, sagte Hokamp.
Seit Oktober 2023 betreibt der Verein „Mobilität und Nachhaltigkeit (MoNa) Marburg West“ in Elnhausen und Dagobertshausen das Bürger*innen-Carsharing. Den Einwohnenden der beiden Marburger Stadtteile stehen dafür zwei Elektrofahrzeuge zur Verfügung. „Was das Projekt besonders macht, ist das Engagement der Menschen, die das Projekt so erst möglich machen und damit vielen Menschen vor Ort ein tolles Mobilitätsangebot bieten. Am Standort in Elnhausen Am Denkmal 8 bietet der Verein MoNa Marburg West zudem eine Ladesäule zur öffentlichen Nutzung an, an der mit allen bundesweiten Ladekarten und auch einfach mit der Kreditkarte bezahlt werden kann“, berichtete Christian Ückermann vom Carsharing in Elnhausen.
Die Carsharing-Projekte in Moischt und Ginseldorf bieten zudem einen ehrenamtlichen Fahrdienst für beispielsweise Seniorinnen und Senioren an, um alle, die nicht oder nicht mehr selbst fahren können oder möchten, bei Einkäufen oder Fahrten zu Terminen zu unterstützen. Das Angebot wird mit mehreren Fahrten pro Monat gut angenommen. Sowohl in Elnhausen als auch in Moischt können die jeweiligen Vereinsmitglieder zudem ein E-Lastenrad ausleihen – das Fahrrad „Elli“ in Elnhausen und „Käthe“ in Moischt. Die Fahrräder können kostenfrei über den Verein „Freie Lasten“, eine ehrenamtliche Lastenrad-Initiative im Landkreis Marburg-Biedenkopf, ausgeliehen werden. In Ginseldorf gibt es ein E-Lastenrad und zwei E-Transporträder. Mehr Infos zum Bürger*innen-Carsharing gibt es unter www.marburg.de/carsharing.
Das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) und das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) haben den Wettbewerb unter dem Dach des Programms „Region gestalten“ initiiert. Das BMWSB unterstützt damit Vorhaben, die sich speziell auf ländliche Räume konzentrieren. Ziel des Bundes ist es, deutschlandweit gleichwertige Lebensverhältnisse zu fördern. Das BBSR bereitet die neuen Handlungsansätze für die Praxis auf und leitet daraus Erkenntnisse ab, die sich auf ländliche Räume übertragen lassen.
* pm: Stadt Marburg