Fische vor Fluss: Renaturierung der Gisselberger Spannweite beginnt

Bessere Bedingungen für alle Pflanzen und Tiere sind das Ziel der Renaturierung der Lahn südlich der Steinmühle. Die Auenlandschaft in der „Gisselberger Spannweite“ ist seit 2014 beschlossen.
Nun ist die Planung fertig. Die Umsetzung beginnt. Sand- und Kiesbänke entlang der Ufer, dazu Altarme und Stillgewässer sorgen für mehr Fische im Fluss und mehr brütende Vögel an Land.
Die „Gisselberger Spannweite“ zieht sich etwa 1,5 Kilometer auf beiden Seiten entlang der Lahn und in den Gemarkungen Gisselberg, Cappel und Ronhausen zwischen Steinmühlenwehr und Nehemühlenwehr. Sie umfasst rund acht Hektar überwiegend landwirtschaftlich genutzte Fläche, die der Stadt Marburg gehören.
Diese Fläche liegt im Landschaftsschutzgebiet „Auenverbund Lahn-Ohm“. Sie verbindet die Lahnaue mit dem Naturschutzgebiet „Unterm Wolfsberg“.
Im Südwesten grenzt das Vogelschutzgebiet „Lahntal zwischen Marburg und Gießen“ an. Als „freifließende Gewässerstrecke“ hat sie ein hohes Potenzial für „gewässerdynamische Prozesse“, wie es in den Planungsunterlagen zum Projekt heißt.
Die Renaturierung der „Gisselberger Spannweite“ ist ein Pilotprojekt des Regierungspräsidiums Gießen im Zusammenhang mit der Hessischen Biodiversitätsstrategie. Sie ist zudem eingebettet in das langfristig angelegte EU-Projekt „LiLa Living Lahn – ein Fluss, viele Ansprüche“, mit dem unter anderem der ökologische Zustand der Lahn und ihrer Nebenflüsse aufgewertet werden soll.
Genau das soll nun auch an der „Gisselberger Spannweite“ passieren. „Wir werden diesen Lahnabschnitt so renaturieren, dass sich die Lebensbedingen für Tiere und Pflanzen dort nachhaltig verbessern“, kündigte Bürgermeister Wieland Stötzel an.
Ein Fokus liegt dabei auf der Fischfauna, deren Bestand gemäß der EU-weiten Wasserrahmenrichtlinie in diesem Flussabschnitt als „schlecht“ eingestuft wurde. Ein Grund liegt in der Fließgeschwindigkeit im begradigten und eingetieften „Einbettgerinne“ zwischen den Deichen.
Sie soll aufgebrochen – im Fachjargon „entfesselt“ – werden, damit sich das Gewässer wieder ausweiten und eine Eigendynamik entwickeln kann. Durch das Anlegen von so genannten Strömungslenkern und Buhnen aus Totholz und Steinen kann sich die Lahn in mehrere Gerinne auffächern. In der Folge können Sand- und Kiesbänke entstehen, die sich immer wieder verlagern.
Die Dynamik – insbesondere bei Hochwasser – sorgt für Uferabbrüche sowie die Entstehung von Altarmen und Stillgewässern. Vor allem die bisher fehlenden Kiesbänke werden von Fischen als Laichplätze benötigt. Die strömungsberuhigten Zonen von Flachwasser und Altarmen dienen den Jungfischen dann als Kinderstuben.
Aber nicht nur unter Wasser, auch über Wasser an den Ufern und im Vorland der Lahn sind Maßnahmen geplant, von denen vor allem Vögel profitieren wie der Eisvogel, der als „Leitvogel“ für gute Lebensbedingungen andere Arten steht und im benachbarten Schutzgebiet landesweit schon jetzt beste Bedingungen vorfindet. Ihn sollen die neu entstehenden Steilwandabbrüche zum Brüten einladen.
Nicht zuletzt dient die nun startende Renaturierung der „Gisselberger Spannweite“ auch noch dem Hochwasserschutz.
Der erste Schritt zur neuen Auenlandschaft ist die Entfernung des heutigen Baumbestands an den beiden Uferseiten – wenn es das Wetter zulässt – noch im Lauf des Februars vor Beginn der neuen Brut- und Setzzeit. „Das Fällen der Bäume ist der erste Schritt und die Voraussetzung für alle weiteren Maßnahmen“, betonte Bürgermeister Stötzel.
Er hofft, dass der Boden in den kommenden Tagen ausreichend friert, damit unter Maschineneinsatz gearbeitet werden kann. Ansonsten verschiebt sich der Start in die praktische Umsetzung des Auenlandschaftsprojekts in den Herbst.

* pm: Stadt Marburg

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