Bewegender Beginn: KUSS-Auftakt beeindruckte im HLTM

"Ein Fisch wird nur so groß wie sein Aquarium" Ensemble.

Die Ipeks drücken sich an die imaginäre Wand ihres Aquariums (Foto: Acelya Simsek).

Schaffe ich wirklich alles, wenn ich nur mein Bestes gebe? Warum haben manche es so viel schwerer als andere? Das Eröffnungsstück des KUSS-Festivals “Ein Fisch wird nur so groß wie sein Aquarium“, konfrontierte mit harten und wichtigen Fragen zur Chancengleichheit. 

Mit einem der wichtigsten Themen unserer heutigen Gesellschaft startete KUSS am Sonntag (10. März) in eine Woche voller “Theater spielen” und “Theater sehen”. Gleich zu Beginn des Stücks erklärten die Darsteller vom Staatstheater Wiesbaden auf der Bühne zwei wichtige Dinge: Wir sind alle Fische, aber sie seien Ipeks. Irgendwie sind sie gleich, aber inwiefern? Die Antwort wurde im Laufe des Stücks immer klarer und enthüllt, wie ihnen alle die gleichen Steine in den Weg gelegt wurden. Vorurteile, fehlende Unterstützung, Intoleranz, finanzielle Schwierigkeiten, Disskriminierung, kurzum: Ungerechtigkeit, wo Chancengleichheit sein müsste. 

Die Ipeks verbringen die meiste Zeit in ihrem Aquarium mit lilafarbenen Möbeln und zahlreichen Zimmerpflanzen. In verschiedenen Szenen schaffen die Darsteller es eindrücklich und voller Witz, die ungleiche Chancenverteilung in unserer Gesellschaft aufzuzeigen. In einem Gespräch mit einer der Grünpflanzen erklärte Ipek, “du musst dich anpassen und deine Ansprüche einfach mal runterschrauben”, denn es laufe nunmal nicht immer so, wie man das gerne hätte. Die Realität sehe einfach anders aus. Es wird gefragt, ob es denn wirklich stimmt, dass jeder alles erreichen kann, was er nur möchte? Gleichzeitig bringen die riesigen Kostüme und lustigen Verhaltensweisen der Schauspieler auch das junge Publikum zum Lachen. Die schwerwiegenden Thematiken überwiegen jedoch die meiste Zeit und fesseln die Kinder nicht ganz so sehr wie die nachdenklichen Erwachsenen. 

Klar ist, das Stück trifft genau da, wo es weh tut: “Du brauchst die Unterschrift von deinem Vater? Dann geht Bafög wohl doch nicht”, “Work and Travel geht leider nicht Schatz, du verlierst deine Aufenthaltserlaubnis, wenn du länger als 6 Monate im Ausland bist”. Die Inszenierung zeigte klar und deutlich auf Problemstellen, bei denen manche nicht mal mit der Wimper zucken, während andere um ihre Existenz bangen. 

Am Ende des Stücks wurde auf eine eindrückliche Art das Publikum in das Spiel miteinbezogen. “Woran glaubst du?”, fragte einer der Ipeks die Fische im Raum: An mich. Die Liebe. Das Gute. Die Hoffnung. Doch letztendlich braucht es mehr als den Glauben, um die Grenzen unseres Aquariums zu überwinden. Der Auftakt des Kinder- und Jugendtheaterfestivals macht Lust auf mehr und regt zum Nachdenken und Protest an. Schließlich muss man sich fragen, was wir wohl alles erreichen könnten, würden wir uns nicht gegenseitig Steine in den Weg legen?

Ein nennenswerter Vorfall des Stücks war der unerwartete Ausfall einer Schauspielerin und der tatkräftige Einsatz des Regieassistenten Marvin Morhardt. An ihrer Stelle sprang er durchnässt, kostümiert und mit dem Skript in der Hand, voller Eifer über die Bühne. Sein toller Einsatz erhielt am Ende des Schauspiels noch zusätzlichen Beifall.

* Acelya Simsek

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