Wie meistern kleine und mittelständische Unternehmen die Herausforderungen angesichts ökonomisch unsicherer Zeiten? Diese Frage stand im Mittelpunkt des jüngsten „Innovationsforums Mittelhessen“.
Über 190 Wirtschaftende waren am Donnerstag (22. Februar) zur ausgebuchten fünften Ausgabe des „Innovationsforums Mittelhessen“ ins Gießener „Kinopolis“ gekommen, um gemeinsam Antworten zu finden. „Komplexität wird in Zukunft nicht nachlassen; viele neue Herausforderungen und Krisen kommen auf uns zu“, sagte Christoph Bornschein in seinem Schlüsselvortrag mit dem Titel „Zukunft als Teamsport: Warum und wie sich der Wandel nur als Gemeinschaft gestalten lässt“. Der Mitgründer von Deutschlands erster Social-Media-Beratungsfirma TLGG arbeitet auch für global tätige Unternehmen und gab bei der Veranstaltung Tipps für die strategische Nutzung digitaler Technologien.
Darunter ist auch das, was häufig als „Künstliche Intelligenz“ (KI) bezeichnet wird. Sie bringe Bewegung in die Tech-, Wirtschafts- und Politikwelten, erläuterte Bornschein. „Unsere Wettbewerbsfähigkeit wird herausgefordert“, erklärte er.
„Digitalisierung ist nicht immer eine Effizienzfrage für Unternehmen“, machte Bornschein deutlich. „Wir haben ein Haltungsthema.“ Der hiesigen Wirtschaft attestierte er ein „Defizit an positiven Fortschrittsnarrativen“.
Aber Regionalität helfe in enormen Maßen. Das ändere aber nichts an einer fundamentalen Notwendigkeit: „Wir brauchen eine kohärente digitale Strategie.“ Allerdings erteilte er auch zu viel Zögerlichkeit eine Absage und gab dem Publikum den Ratschlag mit auf den Weg: „Einfach mal machen!“
Auch Prof. Dr. Friedhelm Loh erklärte im Interview mit hr-info -Moderatorin Bianca von der Au zum Thema „Innovation durch Kooperation“ in seiner Unternehmensgruppe: „Chancen gibt es genug.“ Zu seiner Unternehmensgruppe zählt unter anderem „Rittal“. Das ist der weltweit führende Hersteller von Schaltschränken.
„Wer sieht sie? Wer treibt sie? Wer investiert in sie?“, stellte Loh die entscheidenden Fragen in den Kino-Raum. „Als Unternehmer müssen Sie der Treiber von Innovation sein“, betonte er. Sie sei „der Nährboden“ für die eigene Existenz als Entrepreneur.
Letztlich sei aber die wichtigste Herausforderung: „Wieviel Mut ist im Spiel und wie viele Bedenkenträger sitzen am Tisch?“ In diesem Zusammenhang gab Loh, der auch als Mittelhessen-Botschafter wirkt, eine Anregung: „Sorgen sie dafür, dass mehr Mutige als Bedenkenträger an Ihrem Tisch sitzen!“
Aus verschiedenen Perspektiven blickten die Teilnehmer der – von Ökosystemmanager Benjamin Stuchly vom Regionalmanagement Mittelhessen moderierten – Panel-Diskussion auf die Bedeutung von Kooperation für Innovation. „Man muss eine Innovationskultur wollen“, forderte Loh. „Innovation ist immer die Basis von Erfolg.“
Universitätspräsident Prof. Dr. Thomas Nauss von der Philipps-Universität beschrieb die Bedeutung von Räumen, um die Basis von Kooperation zu legen: „Das gilt für uns innerhalb der Hochschule zum Beispiel im neu konzipierten Faculty Club, wo Fachbereiche aufeinandertreffen und es auch die Chance gibt, Neuigkeiten und Ideen auf einer Pitchbühne zu präsentieren.“ Das treffe aber auch für den Dialog mit der heimischen Wirtschaft zu: Nur gemeinsam könne Wertschöpfung entstehen.
Derzeit gebe es spannende Projekte wie die „Startup Factories“, wo aktiv nach Partnerschaften mit Unternehmen gesucht werde.
Manuel Stotz von on „flyze.solutions“ betonte, dass die Zusammenarbeit mit seinem Startup immer von vertrauensvollem Miteinander und von dem gegenseitigen Profitieren geprägt sei. „Manche Mittelständler verstehen gut, dass wir die Dinge besser machen können und so alle etwas davon haben.“
Jedes Unternehmen müsse seinen Weg zur Innovationsfähigkeit finden, betonte Dr. Petra Schmidt. Sie ist COO der Schunk Gruppe. Interne Kooperationen zu stärken und auch den Wettbewerb explizit zulassen sei dabei ein moderates Mittel. „Aber auch der Kauf oder die Zusammenarbeit mit Startups kann in der Situation hilfreich sein“, fügte Schmidt hinzu.
„Deren Fokus auf die Technologie und unsere Erfahrung machen dann oft den Unterschied“, erläuterte sie. Die Managerin riet den Unternehmen auch, sich nicht beirren zu lassen: „Der Mittelstand sollte mit breiter Brust und Selbstbewusstsein weitermachen.“
Am Ende waren sich alle Panel-Teilnehmende einig: Ohne Innovation gibt es keine Wettbewerbsfähigkeit. Regionaler Austausch wie das Innovationsforum sei oft ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg in die Kooperation, denn dort könnten sich Partner auf Augenhöhe begegnen und kennenlernen.
Einen wichtigen Aspekt brachte Loh am Ende auf den Punkt: „Gute Ideen auf das Gleis zu bringen ist die eine Seite der Medaille“, machte er deutlich. „Die Entscheidung, Geschäftsmodelle, die nicht mehr funktionieren, abzustoßen, müsse aber genauso mutig getroffen werden.
„Solide Werte haben uns als Familienunternehmen immer getragen“, berichtete der Geschäftsführende Gesellschafter Jan-Hendrik Goldbeck von GOLDBECK in seinem anschließenden Schlüssel-Vortrag. Seine Firma ist eines der führenden Bau- und Dienstleistungsunternehmen in Europa. Sich und sein Unternehmen sieht er auf der Suche nach „innovativen Wertnüssen“, die es zu knacken gelte: „Ich muss die Möglichkeit der aktuellen Zeit nehmen und daraus ein Geschäftsmodell für die Zukunft bauen.“
Wichtig sei, jene Partnerunternehmen, Wettbewerber und Universitäten zu finden, die es brauche, diese „Wertnüsse“ zu öffnen. Dabei stelle sich auch immer die Frage, welchen Nutzen Innovation adressiere. „Sprechen Sie mit den Leuten, die an dem Produkt aktiv sind, um innovativ zu sein und zu innovieren“, riet er dem Publikum. Und „Suchen sie sich ihre Partner, die Ihnen helfen, Ideen in Produkte umzusetzen!“
Nach den Impulsen durch die Schlüsselvorträge und die Panel-Diskussion wurden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer selbst aktiv; die Workshops intensivierten die Themen des Vormittags. Wie man mit Co-Creation zur schnelleren Umsetzung kommt, war Thema bei „IHK Hessen innovativ“ am Beispiel regionaler Unternehmen wie der IT-Unternehmensberatung OPTANIUM. Welche Zukunftsfähigkeit mit nachhaltigem Wirtschaften erreicht werden kann, zeigte das RKW Hessen im Dialog mit Lokay Druck. Der Investor Dirk Rudolf zeigte schließlich auf, warum Wagniskapital als Innovationsbeschleuniger für den Mittelstand dienen kann.
Präsident Stefan Füll von der Handwerkskammer Wiesbaden hatte in seinem Grußwort als aktueller Aufsichtsrats-Vorsitzender des Regionalmanagements Mittelhessen betont, warum das Regionalmanagement nun bereits zum fünften Mal das Innovationsforum veranstaltet: „Als Regionalmanagement leben wir Ko-Operation und Ko-Kreation jeden Tag. Wir zeigen dadurch, wie wir durch Zusammenarbeit vieler Kräfte den Wirtschafts- und Hochschulstandort in der Mitte von Hessen stärken.“ „Unser Mittelhessen-Slogan ,Wo Wissen Werte schafft‘ steht für die Region.“
Füll fügte hinzu: „Um diese Werte auch künftig und in schwierigen Rahmenbedingungen zu schaffen, haben wir heute Impulse und gute Ideen dialogisch auf die Bühne gebracht.“ Er dankte allen, die bei diesen praxisbezogenen Diskussionsrunden und themenspezifischen Workshops mitgemacht haben.
* pm: Regionalmanagement Mittelhessen