Die Geschichte um Miss Sophie und ihren Butler geht weiter. Auf die Premiere am Donnerstag (29. Februar) folgen drei weitere Vorführungen in der Waggonhalle, die bereits alle ausverkauft sind.
Produziert wurde das Stück vom Verein „Theater GegenStand“. Das Ensemble kam durch die App „meet5“ zustande. Durch die App können sich Menschen für gemeinsame Freizeitaktivitäten in Gruppen zusammenfinden und neue Bekanntschaften schließen. Diese bunte Mischung an Darstellenden führte mit Schlagfertigkeit und derbem Humor durch den Abend.
Das Stück basiert auf dem 18-minütigen Sketch „Dinner for One“, auch „Der 90. Geburtstag“ genannt. Vom Norddeutschen Rundfunk (NDR) produziert, wurde der Sketch 1961 das erste mal im deutschen Fernsehen ausgestrahlt. Seitdem ist er dort vor allem in der Silvesternacht zu sehen.
Das Original ist auf Englisch und in schwarz-weiß. Die einzigen Personen in dem Sketch sind Miss Sophie und ihr Butler James. Miss Sophie möchte ihren Geburtstag mit einem feierlichen Abendessen feiern. Dazu hat sie ihre vier engsten Freunde eingeladen: Sir Toby, Admiral von Schneider, Mister Pommeroy und Mister Winterbottom. Die vier Herren sind allerdings bereits verstorben, weshalb ihr Butler James in die Rollen der vier Gäste schlüpft.
Im Laufe des Abendessens muss er nicht nur immer wieder die Gläser seiner Rollen leeren, sondern auch seinen Pflichten als Butler nachkommen. Mit fortschreitendem Abend und steigendem Alkoholpegel bildet das Tigerfell auf dem Boden eine immer größer werdende Hürde auf seinem Weg.
In „Miss Sophies Erbe“ geht es nun um die Angehörigen und Nachfahren der vier Freunde. Obwohl Miss Sophie die vier Männer als ihre engsten Freunde bezeichnete, sind deren Angehörigen nicht gerade gut auf die verstorbene Dame zu sprechen. Während sich alle auf dem Anwesen versammeln um auf die Verkündung ihres Erbes zu warten, werden alte Geheimnisse rund um Miss Sophie und ihre Beziehung zu den vier Männern gelüftet.
Mit einem Butler und der Zuneigung zum Alkohol mancher Figuren orientiert sich die Produktion von „TheaterGegenstand“ stark am Original. Lediglich das Tigerfell fehlt. Neben den Angerhörigen stehen neue Rollen mit auf der Bühne. Dazu gehören die Köchin (Gudrun Schöppe), eine Pflegerin (Esther Glawe), eine Assistentin (Leevke Fübbeker), sowie der Notar (Frank Wohlmuth), der das Testament der verstorbenen Miss Sophie verkündet.
Ob die neuen Personen schlussendlich überzeugen, war nicht nur von den Charaktermerkmalen der Figur abhängig, sondern vielmehr von der Performance der Darstellenden. Während man von der lüsternden Diva (Claudia Kopsch) eine starke Attitüde erwartete, wurde sie von der scharfzüngigen Assistentin in ihrer Darbietung überschattet. Auch die schroffe Köchin hatte oft Mühe die Oberhand in einer Szene zu gewinnen. Lediglich für die unverfrorene Pflegerin war es kein Problem den Fokus auf sich zu lenken.
Andere Figuren wie der Notar und der Sohn von Mister Pommeroy (Volker Herrmann) stachen schauspielerisch kaum hervor, sodass sie schnell in einer Szene untergingen. Doch nur weil eine Figur inhaltlich nicht relevant erscheinen mag, heißt es noch lange nicht, dass auf sie verzichtet werden kann. Genau das zeigte der Butler (David Gronemeyer). Von Anfang an spielte er sich durch seine Darbietung in die Herzen des Publikums und blieb bis zum Ende dessen Liebling.
In Sachen Ausdruck und Textsicherheit hoben sich die Pflegerin, der Modemacher (Peter Gerst) und der Butler von den anderen deutlich ab. Dafür stachen die Kostüme einzelner Figuren besonders hervor. Die Menge an Hahnentritt-Stücken, die eine einzige Person tragen konnte, war beinahe besogniserregend. Da konnte der Morgenmantel in Mops-Optik des Modemachers nur schwer mithalten.
Charaktere und Handlung von „Miss Sophie“ waren zwar nicht revolutionär, dafür trafen die gegenseitigen Sticheleien der Figuren genau den Humor des Publikums. Das Stück kam vor allem bei den Generationen an, die auch mit Neckermannkatalogen aufgewachsen sind. Man konnte meinen, das Publikum wäre am liebsten selbst mit auf der Bühne gewesen, um seinen Teil zur Komödie beizutragen.
Die Standing Ovation zum Schluss verdeutlichte, dass es letztendlich ein gelungener Abend war. Es überrascht daher kaum, dass alle folgenden Aufführungen bereits ausverkauft sind.
* Amelie Berting