Wächter des Waldes: Studie zu Verbreitung von Samen durch Vögel

in weitgehend entwaldetem Gelände finden sich fruchtfressende Vögel, die größer und mobiler sind als entsprechende Arten im Wald. Das hat eine Studie mit Marburger Beteiligung ergeben.
14 Forscherinnen und Forscher aus elf europäischen Einrichtungen haben sich daran beteiligt. Darunter war auch das Team der Marburger Naturschutz-Professorin Dr. Nina Farwig. Das Forschungsteam untersuchte die Samenausbreitung durch fruchtfressende Vogelgemeinschaften.
Die Forschungsgruppe, die von Dr. Juan P. González-Varo von der Universität Cádiz in Spanien geleitet wurde, berichtet im Wissenschaftsmagazin „PNAS“ über ihre Ergebnisse. Die Amsel und die Mönchgrasmücke gehören ebenso zu den fruchtfressenden Vögeln Europas wie die Rabenkrähe oder die Ringeltaube.
„Diese fruchtfressenden Vögel tragen erheblich zur Samenausbreitung von Pflanzen bei und spielen daher eine Schlüsselrolle bei der natürlichen Wiederbewaldung von ehemals genutzten Ackerflächen oder Grünland“, erklärte Dr. Jörg Albrecht vom Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum Frankfurt, der sich ebenfalls an der Studie beteiligt hat. „Für uns ist es wichtig zu verstehen, wie sich diese Tiere in vom Menschen genutzten Landschaften bewegen und welche Folgen sich daraus für Pflanzen ergeben, die auf die Samenausbreitung durch Tiere angewiesen sind.“
Die Forschungsgruppe untersuchte sieben Gebiete in Europa über einen Zeitraum von mindestens einem Jahr. “ Bislang war noch wenig bekannt, wie sich Gemeinschaften fruchtfressender Vögel vom Wald zu den mittlerweile vorherrschenden ,entwaldeten Landschaften‘ aus Feldern, Weideland und Siedlungen, in denen Waldgebiete nur als kleine Flecken eingebettet sind, verändern“, legt die Naturschutzökologin Prof. Dr. Nina Farwig von der Philipps-Universität dar. „Uns hat interessiert, ob Tierarten mit Merkmalen, die in diesen offenen Lebensräumen weniger vorteilhaft sind, verloren gehen oder ersetzt werden und ob solche Veränderungen letztlich auch beeinflussen, welche Pflanzenarten durch die Tiere ausgebreitet werden.
fDas Team sammelte zu diesem Zweck Kotproben unter isolierten Bäumen, die von Vögeln oft als Sitzwarten oder „Trittsteine“ genutzt werden, wenn sie sich durch offene Gebiete bewegen. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verwendeten insgesamt 3.313 Kotproben, die 15.260 Samen enthielten, für eine DNA-Analyse, um die Tierarten zu identifizieren, die die Samen ausbreiteten. Mit dieser Technik – die zuvor von Mitgliedern des Teams entwickelt wurde – konnte die Gruppe feststellen, welche Tierarten die Samen im Wald und im genutzten Offenland in den sieben über Europa verteilten Untersuchungsgebieten ausgebreitet haben.
„Unsere Auswertungen zeigen, dass die Anzahl der fruchtfressenden Vogelarten in und rund um Wälder ähnlich hoch ist“, berichtete Dr. Sascha Rösner. „Die Zusammensetzung der Vogelgemeinschaften unterscheidet sich aber deutlich.“
Er ist ebenfalls ein Mitverfasser der Philipps-Universität. „In weitgehend entwaldetem Gelände finden sich fruchtfressende Vögel, die größer und mobiler sind als entsprechende Arten im Wald“, berichteten die Forschenden.
„Sie verbreiten zudem die Samen von Pflanzen, die ihrerseits größer sind, mehr Samen tragen und erst spät im Jahresverlauf Früchte bilden.“
Da die Merkmale von Pflanzen und Tieren bestimmen, welche Pflanzenart von welcher Tierart gefressen wird, wirken Veränderungen in der Zusammensetzung der Tiergemeinschaften letztlich wie ein Filter, der bestimmt, welche Pflanzenarten in verschiedenen Lebensräumen ausgebreitet werden.
Die Studie unterstreicht zudem die Bedeutung von Waldflecken als Reservoir für die pflanzliche Artenvielfalt sowie für die Samenausbreitung durch fruchtfressende Tiere. Es gebe ein hohes Potenzial für die passive Wiederbewaldung auf nicht-bewirtschafteten landwirtschaftlichen Flächen.
„Wir schlagen auf Grundlage unserer Studie vor, dass sich Wiederbewaldungsmaßnahmen auf die Anpflanzung isolierter Bäume als ,Startgebiete‘ für Wälder und auf jene Pflanzenarten konzentrieren sollten, die sonst in offenen Landschaften nur schwer ausgebreitet werden“, fasste Albrecht zusammen. „Für eine möglichst effektive natürliche Wiederbewaldung, sollten Renaturierungsflächen zudem in näherer Umgebung zu intakten Wäldern liegen. Das erleichtert die Ausbreitung von Samen durch die geflügelten Förster.“

* pm: Philipps-Universität Marburg

Kommentare sind abgeschaltet.