Nano-Ringe sind neuartige Bausteine für die Chemie. Sogenannte „Sandwich-Komplexe“ haben Marburger Forscher nun auch zu einem Ring geformt.
Ihren Namen haben die vor etwa 70 Jahren entwickelten „Sandwich-Komplexe“ aufgrund ihres Aufbaus erhalten, der an eine Stulle erinnert: In der Molekülstruktur umschließen zwei flache aromatische organische Ringe (die „Brotscheiben“) ein einzelnes, zentrales Metallatom (die „Füllung“). Dabei sind beide Ringe – wie die Brotscheiben auch – parallel angeordnet.
Durch das Hinzufügen weiterer Schichten von „Füllung“ und „Brot“ lassen sich Tripledecker- oder Mehrfachdecker-Sandwiches zusammenstellen. „Diese Verbindungen gehören zu den wichtigsten Verbindungsklassen der modernen metallorganischen Chemie“, erklärte Prof. Peter Roesky vom Institut für Anorganische Chemie am KIT. Dazu zählt zum Beispiel das besonders stabile „Ferrocen“, dem seine „Väter“ Ernst Otto Fischer und Geoffrey Wilkinson sogar den Nobelpreis für Chemie im Jahr 1973 verdanken. Es besteht aus einem Eisenion und zwei fünfgliedrigen aromatischen organischen Ringen und wird in zahlreichen Anwendungen der Synthese, Katalyse, Elektrochemie und Polymerchemie genutzt.
Erstmals nanoskalige Ringe Sandwich-Komplexe zu einem Ring zu formen haben die Forschenden des KIT und der Philipps-Universität schon seit einiger Zeit versucht. Das Problem dabei erklärten Prof. Manfred Kappes von der Abteilung Physikalische Chemie II am KIT und Prof. Florian Weigend von der Abteilung für Angewandte Quantenchemie an der Philipps-Universität: „Wir konnten zwar Ketten formen, aber eben keine Ringe“, so Roesky, der die Arbeit der drei Teams an den zwei Universitäten koordiniert hat. „Dass es uns nun dank der Wahl des richtigen organischen Zwischendecks, der ,Brotscheibe‘, gelungen ist, nanoskalige Ringe zu formen, ist eine Weltpremiere.“
Der neuartige Nano-Ring besteht aus 18 Bausteinen, hat einen Außendurchmesser von 3,8 Nanometern und zeigt in Abhängigkeit vom verwendeten Metall in der „Füllung“ des Sandwich-Komplexes eine orangefarbige Photolumineszenz. Die Forschenden haben die neue chemische Verbindung „Cyclocen“ getauft.
Warum die Moleküle sich nun zu einem richtigen Ring formen ließen und nicht mehr nur eine Kette aus aneinandergereihten Sandwich-Komplexen bildeten, klärten die drei Arbeitsgruppen mit Hilfe aufwendiger quantenchemischer Berechnungen. Sie zeigten, dass der Ringschluss selbst die Energie erzeugt, die den Ring in der Folge auch zusammenhält. „Die Challenge war zunächst, den Ring zu schaffen. Lassen sich andere Ringgrößen erstellen? Hat diese Nanostruktur ungewöhnliche physikalische Eigenschaften? Daran werden wir nun weiter forschen. Sicher ist nur, dass wir jetzt einen neuen Baustein im Werkzeugkasten der metallorganischen Chemie haben. Und das ist schon großartig“, erklärte Roesky.
* pm: Philipps-Universität Marburg