Auf Augenhöhe: Fotoausstellung zeigt im Rathaus „Gesichter der Armut“

Die Ausstellung „Auf Augenhöhe – Gesichter der Armut“ ist bis Samstag (18. November) im Rathaus zu sehen. Sie zeigt Fotos von Menschen, die von Armut betroffen sind.
14 mutige Menschen haben zwei Jahre lang mit dem Fotografen Pasquale D’Angiolillo zusammengearbeitet. Sie gewähren einen Einblick in ihr Leben und zeigen ihre Einzigartigkeit. Ziel der Ausstellung ist, Armut in den Fokus und das Bewusstsein der Gesellschaft zu rücken.
Zur Eröffnung der Ausstellung am Dienstag (7. November) im Erdgeschoss des Rathauses brachte Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies einige Zahlen mit: 5.169 Menschen in Marburg bekommen die Grundsicherung für Arbeitssuchende. 1.851 erhalten Sozialhilfe.
„Das sind viele Zahlen“, sagte Spies. „Aber sie erfassen nicht das Wesentliche von Armut.“
Armut sei immer auch „ein Verlust von Teilhabe-Optionen und das Risiko, beschämt zu werden“. Die Universitätsstadt Marburg bekämpfe Armut daher sehr aktiv. Der Landesrechnungshof habe in einem Vergleich der Sonderstatusstädte in Hessen gerade erst herausgestellt, dass die Leistungen in der Wohlfahrtspflege in Marburg doppelt so hoch seien wie in der Stadt mit dem zweitbesten Ergebnis.
„Das reicht aber nicht“, erklärte der Oberbürgermeister. „Deshalb haben wir schon im Haushalt 2017 die Mittel für den Stadtpass deutlich erhöht.“ Schließlich sei das eine Leistung, die Teilhabe ermögliche.
„Wir sollten jedem Menschen zeigen, dass er ein gehörtes, gewolltes und wichtiges Mitglied unserer Gemeinschaft ist“, forderte Iris Dehmel vom Paritätischen Wohlfahrtsverband Hessen. „Dafür schafft diese Ausstellung ein Bewusstsein.“
Ulrich Kling-Böhm vom Diakonischen Werk Marburg-Biedenkopf hob hervor, dass Armut viele Gesichter hat, die Bilder aber den Wert und die Würde jedes einzelnen Menschen unterstreichen. Wolfgang Edlinger von der Saarländischen Armutskonferenz, die das Projekt zusammen mit der Arbeitskammer des Saarlandes initiiert hat, besuchte die Eröffnung zusammen mit drei Portraitierten. Edlinger erläuterte, dass die Fotos in einem zweijährigen Prozess entstanden seien.
„Wir haben die Betroffenen ernstgenommen und beteiligt“, berichtete Edlinger. „Sie haben ihre Lebenssituationen geschildert, mit dem Fotografen zusammen den Ort für die Fotos besprochen und zum Schluss die Bilder selbst ausgewählt und betitelt.“
Jürgen ist Protagonist des Bilds „Freizeitstatue“. Bei der Eröffnung der Ausstellung erklärte er, dass er während des Projekts viel über sich selbst gelernt habe. Dazu gehöre etwa, dass er etwas könne und jemand sei.
Beate teilte nicht nur ihr Foto, sondern einen Teil ihrer Lebensgeschichte mit dem Publikum: Mit 21 Jahren sei sie auf der Straße gelandet. Sie habe Misshandlung erfahren, sei alkoholabhängig geworden.
In der „Wärmestube“ habe sie Hilfe gefunden. Heute arbeitet sie selbst in dieser Einrichtung für Obdachlose. „Heute habe ich es gepackt“, sagte sie stolz.
Marcel arbeitet für die Tafel in Saarbrücken. Er mag das Bild nicht, das „von den Armen“ gezeichnet wird. Dieses Bild will er korrigieren und machte deshalb bei dem Fotoprojekt mit.
„Es hilft manchmal, wenn man weiß, dass man nicht alleine dasteht“, erklärte er. „Es kostet nämlich enorm Kraft, sich in dieser Gesellschaft nicht unterkriegen zu lassen.“
Die Wanderausstellung wird von der Sozialplanung der Universitätsstadt Marburg in Kooperation mit der Saarländischen Armutskonferenz organisiert. Zudem wird sie durch zahlreiche Marburger Institutionen, Einrichtungen und Träger begleitet, die mit Informationsständen und persönlichen Ansprechpartnern an den einzelnen Tagen vor Ort sind. Sie stellen Beratungs-
und Unterstützungsmöglichkeiten vor, um über die vielfältigen, bereits vorhandenen Angebote in Marburg zu informieren.
Mit Informationsständen beteiligen sich unter anderem das Diakonische Werk Marburg-Biedenkopf, der Caritasverband Marburg, der Sozialdienst katholischer Frauen, die Koordinierungsstelle Bildung und Teilhabe im KreisJobCenter Marburg-Biedenkopf, die Kulturloge Marburg, „In Würde teilhaben“ von Arbeit & Bildung, der Kinderschutzbund Marburg-Biedenkopf mit seinem Aktionsfonds für Kinder, das Angebot „Raus ins Leben“ der Universitätsstadt Marburg und die Agentur für Arbeit. Der Flyer zur Ausstellung mit dem Begleitprogramm ist abrufbar über www.marburg.de/sozialplanung.
Zu sehen ist die Ausstellung bis Samstag (18. November) montags bis freitags von 9 bis 17 Uhr sowie Samstag und Sonntag von 9 bis 16 Uhr. Die Informationsstände sind von 10 bis 14 Uhr besetzt.

* pm: Stadt Marburg

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