Die Struktur der Genomhülle des Ebola-Virus hat ein Forschungsteam aus Heidelberg, Marburg und Kyoto aufgeklärt. Mit ihr schützt der Ebola-Erreger seine Erbinformation.
Die Wissenschaftler kombinierten Kristallstrukturstudien und Elektronenmikroskopie, um erstmals die Proteinhülle des Genoms intakter Viren in hoher Auflösung zu rekonstruieren. Die Gruppe veröffentlichte ihre Resultate am Mittwoch (8. November) in der Online-Vorschau der Wissenschaftszeitschrift „Nature“.
Viren wie die Erreger des Ebola- und des Marburg-Fiebers enthalten ein Genom in Form eines RNA-Moleküls. Da die befallenen Wirtszellen Enzyme enthalten, die RNA abbauen, schützen die Viren ihr Erbgut durch eine Hülle. Dabei handelt es sich um das sogenannte Nukleokapsid.
„Bisher gab es keine Rekonstruktion, die das Nukleokapsid intakter Viren dieses Typs in hoher Auflösung zeigt“, erklärte der Marburger Virologe Prof. Dr. Stephan Becker, dessen Arbeitsgruppe an der Studie beteiligt ist. Die Untersuchungsergebnisse erleichtern es, zu verstehen, wie sich das Virus während einer Infektion vervielfältigt.
Das Team bestimmte die Struktur des Nukleokapsids von Ebola-Viren, indem es Kristallstrukturanalysen mit elektronenmikroskopischen Untersuchungen kombinierte. Die ermittelten Daten zeigen, wie die Proteine aussehen, aus denen das Nukleokapsid besteht, und wie diese einzelnen Nukleoproteine zum Kapsid zusammengefügt sind.
Dabei blieben Überraschungen nicht aus. „Bisher dachte man, die RNA werde dadurch eingekapselt, dass sich zwei Ausbuchtungen der Nukleoproteine über einer Rinne schließen, in der sich die RNA befindet“, erläuterte Becker. Die Gruppe stellte aber fest, dass das nicht zutrifft.
Die Forschenden fanden stattdessen eine Art Klammer, die das RNA-Molekül festhält. Das wendelförmige Endstück des Nukleoproteins bildet einen Ausleger, der die RNA umfasst und festklemmt.
Die verlängerte Wendel trägt außerdem dazu bei, dass sich die Nukleoproteine zusammenlagern. „Wir schlagen ein Modell vor, in dem die Wendel sich von einer kurzen, offenen, gelösten Form zu einer langen, geschlossenen, zusammengelagerten Form transformiert“, schrieben die Autoren. „Dieser Übergang bildet eine mechanistische Verbindung zwischen der Zusammenlagerung von Nukleoproteinen und der Verkapselung der RNA.“
Becker leitet das Institut für Virologie der Philipps-Universität. Beckers Arbeitsgruppe gewann Viren und Virusproteine für die Untersuchungen, die größtenteils am Europäischen Laboratorium für Molekularbiologie (EMBL) in Heidelberg durchgeführt wurden.
Das Marburger Institut verfügt über eines der Labore mit dem höchsten Sicherheitsstandard in Europa, das für Studien an lebensgefährlichen Erregern wie Ebola- und Marburg-Virus die besten Voraussetzungen bietet. Die Studie wurde unter anderem durch den Marburger Sonderforschungsbereich 1021 der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) sowie durch das Deutsche Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) gefördert.
* pm: Philipps-Universität Marburg