Das erste Stück der Kinder- und Jugendtheaterwoche „KUSS“ des Hessischen Landestheaters Marburg (HLTM) arbeitet mit Farben, Eindrücken und Geräuschen. Junge sowie ältere Zuschauer ließen sich von den außergewöhnlichen Darstellungen mitreißen.
Im Anschluss an die Begrüßungsveranstaltung am Sonntag (19. März) nimmt die KUSS-Woche direkt volle Fahrt auf. Das Stück „Slow Motion – Rollercoaster“ beschreibt sich selbst als „eine Bühnenparty über sowas wie den Sinn des Lebens“ und hat sich damit nicht zu viel vorgenommen.
Die Inszenierung ist vom Theaterhaus Ensemble Frankfurt in Kooperation mit Comedia Theatre Köln. Das Stück fühlt sich an wie ein Bad in der Farbe Orange – die sechs Schauspieler tragen orangefarbene Kleidungsstücke, die Bühne mit orangenen Bodenplatten ist orange beleuchtet, eine Schauspielerin hält ein orangefarbenes Mikrofon an ein Orangenbäumchen, die geschälte Orange ist bis in die hintersten Reihen zu riechen.
„Slow Motion – Rollercoaster“ wird seinem Namen durchaus gerecht, denn nach einer anfänglich ruhigen Szene, in der per voice-over über den Unterschied zwischen Kind sein und erwachsen werden sinniert wird, steigt das Tempo der Performance immer weiter an. Und von „Performance“ muss man sprechen, denn die Show gibt dem Begriff „Bewegungstheater“ eine ganz neue Bedeutung.
Es fängt an mit durchchoreographierten Tanzeinlagen und einer Gesangseinlage eines Katy Perry Songs, die von energisch aufgeregt zu ausgelaugt und erschöpft wechselt. Aber die Kinder haben Spaß – als die immernoch leise vor sich hinsingende Darstellerin von der Bühne getragen wird, hört man lautes Kinderlachen aus dem ganzen Saal.
Doch schnell ist zu bemerken, dass das Stück nur über den ersten Abschnitt der Achterbahn gefahren ist. Es folgt ein Spektakel, das einem Looping nach dem anderen gleicht. Zu lauter, dröhnender Musik springen, tanzen und hüpfen die Performer über die Bühne, teils durcheinander, teils perfekt synchron. In einer Szene machen sie hunderte von Hampelmännern mit einem großen, fast gruseligen Grinsen im Gesicht.
Danach kommt der Crash, die Abfahrt. Vor lauter Erschöpfung brechen die Figuren zusammen, setzen sich hin, trinken was, einer raucht sogar schnell eine Zigarette. Wie die Schauspieler am Ende noch Kraft für eine Verbeugung haben, ist durchaus fraglich.
In diese Abfolge von Momenten ist viel zu reinzulesen – die Zudröhnung der äußeren Einflüsse des Lebens, nicht mehr mithalten zu können, zu einer Gruppe gehören zu wollen, Verwirrung und Überstimulierung bis hin zu Verzweiflung und Absturz. All das kennt man von dem am Anfang angeklungenen Problem des Erwachsenwerdens.
Erwachsene werden sich selbst und ihre Lebensachterbahn wahrscheinlich im Stück wiederfinden, Kinder hingegen vermutlich weniger. Doch auch das junge Publikum hatte Freude an der Bühnenparty, da der Humor und die einzelnen Elemente der Performance bestens auf junge Theatergänger ausgelegt waren.
*Laura Schiller
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