KUSS muss! Das war allen Besuchern der Auftaktveranstaltung des Kinder- und Jugendtheaterfestivals „KUSS – Theater sehen! Theater spielen!“ klar.
Nach drei Jahren Pandemie-bedingter Pause konnte das Theaterfestival des Hessischen Landestheater Marburg (HLTM) wieder voll durchstarten. Seit 28 Jahren gibt es die Veranstaltung schon, und die Freude an dem Neustart nach so langer Zeit ist allen Mitarbeitenden deutlich anzumerken.
Die Begrüßungsveranstaltung am Sonntag (19. März) ist bestens besucht. Schon eine halbe Stunde vor Beginn steht das Foyer des Theaters am Schwanhof voll, etwas später hat man kaum noch Platz zum Manövrieren. Eingefunden haben sich die Mitarbeiter des Festivalteams, Mitglieder der KUSS-Jury, Gesichter aus Politik und Administration sowie junge aber überwiegend ältere Zuschauer.
KUSS gliedert sich auf zwei Standbeine: Theater sehen und Theater spielen. Theater sehen kann man anhand der vielen Stücke, die in der KUSS-Woche im Theater am Schwanhof von morgens bis abends aufgeführt werden. Dazu wurden im Vorfeld bereits 600 Karten verkauft. Theater spielen richtet sich vor allem an die Schulklassen in Stadt und Landkreis. 120 Theater-Workshops von 26 Workshopleitern werden angeboten, wofür es über 2.000 Anmeldungen gab.
Los ging KUSS mit einer Kombination aus beidem: einer der „Spezial-Workshops“, die sich mit einem der aufgeführten Stücke befassen, durfte zu Beginn bereits seine Arbeitsergebnisse präsentieren. Der Kurs „Darstellendes Spiel“ einer Elften Klasse der Elisabethschule hatte eine kurze Inszenierung passend zu dem Stück „Goldzombies“ vorbereitet. Da es in dem Stück um Krieg geht, konnte das HLTM eine ukrainische Workshopleiterin aus Gießen gewinnen, die in der Ukraine Regie und Schauspiel studiert hat.
In ihrem kurzen Stück kamen die Elftklässler in Schlafsachen nacheinander auf die provisorische Bühne und führten eine alltägliche Bewegung aus: lesen, telefonieren, Blumen gießen, sich die Nägel lackieren, putzen, tanzen und viele weitere. Danach erfroren sie zum Standbild. Nacheinander kamen sie nach vorne und sagten, was für sie zu Hause bedeutet, teilweise in verschiedenen Sprachen.
Unterbrochen wurden sie von Bomben- und Sirenengeräuschen, wobei sie sich alle auf den Boden kauerten. Nach ein paar Minuten verließen sie die Bühne nacheinander durch das Publikum mit Sätzen wie „zum Glück wurden wir nicht verletzt“, „warum wir, was haben wir getan?“ und „wo bist du? Komm zurück!“
Im Großen TaSch ging es weiter mit verschiedenen Begrüßungsreden. Intendantinnen Carola Unser und Eva Lange freuten sich darauf, „Theater zu feiern, in einer Welt, die gerade nicht zum Feiern ist“. Festivalleiter Jürgen Sachs meinte, Theater könne der „Hoffnungsanker“ für die Krise sein, und lud ein zu den 23 Veranstaltungen, sowie zahlreichen Workshops, Diskussions- und Gesprächsrunden. Kinder- und Jugendtheater, betonte er dabei, sei nicht nur eine Investition in die Zukunft, sondern auch eine in die Theater-gehende Jugend von heute.
Zudem durften ein paar Theater-affine Jugendliche einige der gekommenen Politiker und Förderer interviewen. Im Interview mit Lea Kuhl wiederholte Staatsministerin Angela Dorn das „Gänsehautfeeling“ der Präsentation der Elften Klasse und das so etwas nur im Theater ginge. „Ohne Kunst und Kultur gibt es keine Demokratie“, sagte sie, und dass es deswegen so wichtig sei, freie Kultur zu fördern.
Gegenüber Antonin Bau vom Kinder- und Jugendparlament Marburg (KiJuPa) beichtete Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies, dass es seine Mutter wohl lieber gehabt hätte, er hätte Schauspiel anstatt Medizin studiert. Kinder- und Jugendtheater sei „ein großes Geschenk“, sagte er, und dass die jungen Zuschauer „die eigentlichen Experten im Spielen“ seien.
Im Interview mit ehemaliger Technik-Praktikantin Yuki Epping gestand Landtagsabgeordneter Marian Zachow, dass das letzte von ihm besuchte Theaterstück die Musical-Inszenierung von „Jan und Henry“ in Stadtallendorf war, die er sehr gut fand. Herr Kauer vom Förderverein erklärte Maria Carolina Fink, dass Theater für ihn die Freiheit bedeutet, das auch mal was schief gehen kann. Der Leiter des Schulamts Christoph Aßman hält es als Musiklehrer besonders wichtig, dass Kinder mit „den Brettern, die die Welt bedeuten“ in Berührung kommen können, wie er gegenüber Melli Schlitt sagte. Letztlich präsentierte Freundeskreis-Vorstand Jürgen Bandte den „KUSS“, eine Trophäe, die von einer Schülerin der Steinschule geschaffen wurde. Am Ende der Woche wird mit dieser mit 2.000 Euro dotierte Preis die beste Inszenierung küren.
Nach der Begrüßungsveranstaltung ging es auch schon los mit dem ersten Stück der Woche, „Slow Motion – Roller Coaster“. Nach diesem erfolgreichen – wenn auch langem – Einstieg steht allen KUSS-Besuchern und Teilnehmern eine spannende Woche zuvor.
*Laura Schiller