Beim „Stadtlabor Richtsberg“ entwickeln Bewohnerinnen und Bewohner gemeinsam eine Ausstellung. Die Auftaktveranstaltung war gut besucht
Was macht den Richtsberg und das Leben im Stadtteil aus? Welche Geschichten lassen sich erzählen, welche Träume haben die Richtsbergerinnen und Richtsberger? Wie könnte das Zusammenleben in Zukunft aussehen?
Zu diesen und weiteren Fragen können die Bewohnerinnen und Bewohner des Stadtteils Stellung beziehen. Beim „Stadtlabor Richtsberg“ gestalten sie gemeinsam eine Ausstellung. Mehr als 40 Interessierte kamen zur Auftaktveranstaltung in der Gesamtschule Richtsberg und brachten ihre Ideen, ihre Gedanken und ihre Wünsche ein.
„Das Stadtlabor Richtsberg ist frisch, neu, kreativ – und macht Lust aufs Mitmachen“, schwärmte Stadträtin Kirsten Dinnebier – die selbst lange am Richtsberg gewohnt hat – bei der gelungenen Auftaktveranstaltung, bei der eine Vielzahl von Ideen und Anregungen zusammengetragen wurde. Griet Newiger-Addy vom Fachdienst Bürgerbeteiligung stellte das Konzept zum Auftakt vor.
Durch das gemeinsame kreative Arbeiten entsteht nicht nur eine Ausstellung. Eine wichtige Erfahrung ist auch die Einbeziehung der Stadtteilbevölkerung, die einen aktiven Beitrag zur Verbesserung des kulturellen Lebens vor Ort leistet und es mitgestaltet.
Im „Stadtlabor Richtsberg“ entwickelte Vorschläge und Ideen für das Zusammenleben und die weitere Gestaltung des Stadtteils sollen nicht nur für die Ausstellung verwendet, sondern nach dem Projekt von der Stadtverwaltung und weiteren Akteur*innen aufgegriffen werden. Außerdem stärkt das Projekt den Dialog. Zudem können neue Kontakte zwischen den Stadtteilbewohner*innen geknüpft werden.
Übersetzerinnen und Übersetzer standen bereit, um in Russisch, Arabisch, Englisch, Französisch, Farsi und Englisch zu übersetzen, für Essen und Kinderbetreuung war gesorgt. So konnten sich alle mit voller Energie zu den vier Themenschwerpunkten Gedanken machen.
„Was sind die Themen im Stadtteil?“, lautete eine Fragestellung. Dabei war der Wunsch nach Gemeinschaft und Begegnungsorten der am häufigsten genannte – und auch das Ziel, den Menschen den Richtsberg nahe zu bringen und gegen Vorurteile anzugehen.
Viele Ideen gab es auch im Themenfeld „Kreativ werden“: Ob ein allen offenstehender Chor oder eine orientalische Tanzgruppe, die Gestaltung der Grünflächen oder ein „Müllsammelfestival“, die Gründung einer Theatergruppe oder Wandertage – der Fantasie waren keine Grenzen gesetzt.
Genannt werden konnten auch Lieblings- oder Schreckensorte, und in beiden Kategorien kam einiges zusammen.
Ganz besonders beliebt ist der Interkulturelle Garten, wie die vielen auf einer Richtsberg-Karte eingetragenen Herzchen bewiesen, aber auch der Drachenspielplatz oder das Café im Altenzentrum wurden genannt. Zu den Schreckensorten zählten für die Teilnehmenden vor allem die Orte, die durch zu viel Müll verunstaltet sind.
Und es gab jede Menge Geschichten: Am vierten Themenschwerpunkt erzählten die jungen und vor allem auch die älteren Gäste von den Marktfrauen von einst, von den Menschen, die das abgebrannte Studentenwohnheim bewohnten, von Prominenten, die früher am Richtsberg lebten, oder auch von der legendär guten Torte im Café in der Sudetenstraße.
Eins wurde am Ende, als alle Ideen und Gedanken vorgestellt wurden, ganz deutlich: Das Stadtlabor soll nicht nur für den Richtsberg da sein, es soll in die ganze Stadt hineingetragen werden, um das Bild, das viele von diesem Stadtteil haben, zu verändern.
Kulturschaffende unterstützen bei der Umsetzung von kreativen Ideen. Sie werden in den kommenden neun Monaten die Stadtlaborant*innen dabei beraten, wie sie ihre kreativen Ideen in Ausstellungsstücke, Installationen und Aktionen verwandeln können.
Am Richtsberg wird es Workshops zum Erlernen unterschiedlicher künstlerischer Formate geben und Workshops zur Vorbereitung der Ausstellung. Außerdem gibt es ein kulturelles Begleitprogramm, das ebenfalls von den Richtsbergerinnen und Richtsbergern gestaltet wird.
Erste Ideen gibt es bereits beispielsweise für einen Workshop mit dem Berliner Rapper Matondo im März. Die gemeinsam erarbeitete Ausstellung wird öffentlich gezeigt; und alle sind eingeladen, alte und neue Seiten und Perspektiven vom Richtsberg zu entdecken.
Inspiriert wurde die Idee für das „Stadtlabor Richtsberg“ von einer Form der partizipativen Stadtforschung des Historischen Museums in Frankfurt. Seit 2011 ist das Museum mit dem Format „Stadtlabor unterwegs“ in unterschiedlichen Frankfurter Stadtteilen vor Ort und erarbeitet mit Alltags- und Stadtexpert*innen gemeinsam und gleichberechtigt Ausstellungen zu selbst gewählten Themen, um die Gegenwart der Stadtteile zu untersuchen.
Ein Projekt dieser Größe braucht viele Unterstützende: Von Anfang an waren das Quartiersmanagement des BSF am Richtsberg, die Stabsstelle Bürgerbeteiligung und der Fachdienst Kultur der Stadt Marburg mit der Planung befasst. Beteiligt sind inzwischen unter anderem auch die Richtsberg-Gesamtschule (RGS) und die Gewobau. Viele weitere Akteure vom Richtsberg unterstützen das Projekt.
An mehreren Terminen gibt es im Rahmen des Stadtlabors eine offene Kreativwerkstatt, wo man gemeinsam kreativ werden und zeichnen, singen oder schreiben kann. Termine sind am Freitag (25. November), Freitag (9. Dezember) und Freitag (16. Dezember) sowie am 13. und 27. Januar 2023. Sie finden jeweils von 16.30 Uhr bis 18 Uhr im Beratungs- und Begegnungszentrum am Richtsberg statt.
Am Donnerstag (1. Dezember) gibt es von 16.30 bis 17.30 Uhr ein „Meet and Greet“ zum gemeinsamen Austausch im Treffpunkt BSF am Christa-Czempiel-Platz. Am 11. Februar 2023 soll dann das nächste große Treffen für das „Stadtlabor Richtsberg“ stattfinden. Weitere Informationen gibt es bei Carina Bangert unter 06421/201-1002 oder carina.bangert@marburg-stadt.de sowie bei Rebecca Richter unter 0176/17913155 oder rebecca.richter@marburg-stadt.de sowie unter www.marburgmachtmit.de/stadtlaborrichtsberg.
* pm: Stadt Marburg