Die Gartenlaube: Nürnberger Rostbratwürstchen oder Schmandt-Schnitzel

Gartenlaube

Die Gartenlaube am unteren Steinweg. (Foto: Laura Schiller)

Bereits im Jahr 1638 wurde das Gebäude Steinweg 38 erbaut. Seit 1979 ist dort das Restaurant „Gartenlaube“.
Seit mehr als 20 Jahren ist die „Gartenlaube“ mein Stammlokal. Vor allem bei schönem Wetter sitze ich gerne draußen vor dem Lokal am Steinweg. Gemeinsam mit Freundinnen oder Freunden genieße ich dort die hessischen Spezialitäten.
Mein Favorit ist dabei das nordhessische „Schmandt-Schnitzel“ mit Bratkartoffeln. Aber auch Würstchen mit Sauerkraut oder Rinderrouladen stehen auf der Karte. Mittags gibt es zusätzlich günstigere Gerichte in kleineren Portionen.
Viele Jahre lang hat die Humanistische Union (HU) ihr traditionelles Neujahrsessen in der „Gartenlaube“ abgehalten. Erst die Corona-Pandemie hat den jährlichen Rhythmus des kulinarischen Planungstreffens für das anstehende Jahresprogramm unterbrochen. Meine persönlichen Besuche dort finden jedoch weiterhin bei unterschiedlichsten Gelegenheiten statt.
Im Gastraum bietet die „Gartenlaube“ ein eher uriges Mobiliar in verschiedenen – teils voneinander getrennten – Bereichen an. Holzbänke mit Sitzpolstern und dazu passende Stühle gruppieren sich um kleinere oder größere Holztische. Bis weit nach hinten hinab sowie vornean rechts und sogar in den ersten Stock verteilen sich die Tische im Inneren des Speiselokals.
In der „Gartenlaube“ habe ich Familienfeiern begangen und Gruppentreffen der HU durchgeführt. Die Bedienung war dabei immer hilfsbereit und freundlich. Die Qualität des Essens war gut.
Als „Jochen Schupper“ einmal seinen Reißverschluss in die Jacke eingeklemmt hatte, half uns die Bedienung mit einer Kneifzange weiter. Mit vereinten Kräften von ihr, Jochen und zwei weiteren HU-Mitstreitern gelang es, den Reißverschluss zu öffnen, ohne ihn zu beschädigen. Als mein ältester Bruder 2015 in der dämlichen „Gosse“ in Zwischenhausen umgeknickt war, stellte die Kellnerin ihm einen Eimer mit Eisbeutel für den geschwollenen Fuß unter den Tisch.
Als ich 1977 nach Marburg kam, residierte in dem Eckhaus von Steinweg und Zwischenhausen noch das „Café Menz“. Von 1968 bis 1979 befand es sich in dem Haus am unteren Steinweg. Danach zog dann die „Gartenlaube“ dort ein.
Zunächst war das Lokal als „Burschentreff“ verschrien. Oft begegnete man in seiner Nähe bunt bemützten Corpsstudenten. Im Vorübergehen hörte ich draußen gelegentlich auch einmal ein Burschenschaftslied.
Inzwischen haben sich diese reaktionären Gruppen jedoch weitgehend aus Marburgs Kneipenleben zurückgezogen. Allerdings soll in der „Gartenlaube“ vor einigen Jahren das Gründungstreffen der sogenannten „Alternative für Deutschland“ (AfD) im Landkreis Marburg-Biedenkopf stattgefunden haben. Doch bei meinen Besuchen auch in Begleitung offensichtlich außereuropäischer Bekannter habe ich niemals auch nur den Ansatz eines Ressentiments feststellen können.
Die Bedienungen in der Gartenlaube sind häufig selber Menschen mit Migrationsgeschichte. Lediglich die Musik von Helene Fischer mag manchen manchmal ein wenig auf die Nerven gehen. Doch auch diese Sängerin hat ja selber eine Migrationserfahrung und eine klare Haltung gegen Rassismus.
Eher belustigt nehme ich als gebürtiger Rheinländer die Karnevalsfeiern in der „Gartenlaube“ zur Kenntnis. Am Rosenmontag „steppt dort der Bär“. Doch mit dem närrischen Treiben während der „fünften Jahreszeit“ im Rheinland ist diese lautstarke Besäufnis-Disco kaum vergleichbar.
Ansonsten genieße ich die Ruhe draußen auf dem Steinweg, der in seinem unteren Bereich bis hin zur Ketzerbach eine Fußgängerzone mit reichlich Kneipentischen ist. Vor der „Gartenlaube“ sitze ich und höre die „Bimmelbahn“ auf ihrem Weg durch die Oberstadt ebenso wie Einheimische und „Touris“ auf ihrem Gang dorthin.
Größter Vorteil der „Gartenlaube“ für mich ist nicht nur ihre Nähe zu meiner Wohnung, die mir kaum fünf Minuten für den Weg hin oder zurück abverlangt, sondern auch ihre Öffnungszeiten. Täglich ist das Restaurant von morgens bis abends geöffnet. Einen Ruhetag gibt es dort nicht.
Angesichts ihrer Nähe zur Elisabethkirche begegnet man in der „Gartenlaube“ auch vielen Touristinnen und Touristen. Sitzt man auf dem Steinweg draußen vor dem Lokal, kommen gelegentlich auch Bekannte aus Marburg vorbei. Die Stadt ist schließlich so klein, dass viele einander persönlich kennen.
Vergleicht man die „Gartenlaube“ mit dem „Sudhaus“ einige Meter den Steinweg hinab, so unterscheiden sich die beiden Restaurants sowohl durch die Preise wie auch die Portionen. Preis, Portion und Qualität liegen in der „Gartenlaube“ höher als nebenan. Zudem ist es dort ruhiger und geräumiger.
In und vor allem vor der „Gartenlaube“ habe ich im Laufe der Jahre viele lebhafte Diskussionen und interessante persönliche Gespräche geführt. Das Restaurant hat meinen Hunger gesättigt und meinen Durst gestillt. Für mich gehört die „Gartenlaube“ deswegen auch zu den legendären Lokalen in Marburg.

* Franz-Josef Hanke

2 Kommentare zu “Die Gartenlaube: Nürnberger Rostbratwürstchen oder Schmandt-Schnitzel

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