Marburger Mitwirkung: Gentechnische Forschung im Botanischen Garten

Ein neuer Sonderforschungsbereich aus der Pflanzenforschung erhält rund 10 Millionen Euro. Mit gentechnischen Methoden erforscht er die genetischen Grundlagen und Schlüsselmechanismen der Anpassung von Pflanzen an Umweltveränderungen.
Die Philipps-Universität hat gemeinsam mit den Universitäten Köln, Düsseldorf, Bochum, Potsdam sowie dem Max-Planck-Institut für Pflanzenzüchtungsforschung in Köln bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) einen neuen Sonderforschungsbereich (SFB) eingeworben. In diesem neuen SFB TRR 341 „Plant Ecological Genetics“ werden die genetischen Grundlagen für die Reaktionen und Anpassungen von Pflanzen auf globale Umweltveränderungen erforscht. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler untersuchen die Anpassung von Pflanzenarten, die unter begrenzten Ressourcen, abiotischem Stress – Stressfaktoren, an denen Lebewesen nicht direkt beteiligt sind – und der Konkurrenz mit anderen Pflanzen unterschiedlich wachsen können.
Der neue Sonderforschungsbereich wird für die Förderphase von zunächst vier Jahren mit einer Summe von rund 10 Millionen Euro gefördert. Seitens der Philipps-Universität ist Prof. Dr. Anna Bucharova von der Arbeitsgruppe Naturschutzbiologie am Fachbereich Biologie beteiligt. Konkret wird sich das Team von Bucharova auf die Ökologie und Anpassung von Hordeum murinum (Mäusegerste) konzentrieren.
Die Marburger Forschenden koordinieren die europaweite Mustersammlung dieser Art sowie einen großen gemeinsamen Gartenversuch. Angesiedelt ist er im Neuen Botanischen Garten der Philipps-Universität auf den Lahnbergen.
Ökosysteme sind weltweit durch vom Menschen verursachte Zerstörung bedroht. Mehr als ein Drittel aller Ökosysteme der Erde wurde in landwirtschaftliche Nutzflächen und menschliche Siedlungen umgewandelt. Mindestens ein weiteres Drittel wurde durch Fragmentierung, nicht nachhaltige Bewirtschaftung und die Invasion exotischer Arten stark angegriffen.
Durch den Klimawandel werden diese negativen Trends noch verschärft. Entscheidend für das Funktionieren von Ökosystemen und damit für fast alle Nahrungsnetze sind Pflanzen.
Um zu überleben müssen sich Pflanzen an die raschen Veränderungen der Umwelt und den damit einhergehenden Wandel der Lebensbedingungen anpassen. Durch den Einsatz von Gentechnik in Verbindung mit einer Kombination aus Feldstudien und kontrollierten Umweltmanipulationen werden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des neuen SFB eine Brücke zwischen der Realität der ökologischen Bedingungen und der für genetische Studien erforderlichen Reproduzierbarkeit schlagen. Auf diese Weise werden sie Genvariationen identifizieren, die das Überleben und die Fortpflanzung als Reaktion auf diese veränderten Bedingungen steuern.
Durch den Vergleich eng und entfernt verwandter Arten können die Forschenden beurteilen, ob die Funktionen von Genen, die die Anpassung von Pflanzen fördern, im Laufe der Evolution erhalten geblieben sind oder ob sie von der ökologischen Spezialisierung abhängen.
„Es ist wirklich an der Zeit, die Forschung über molekularbiologische Funktionen auf die Untersuchung ihrer Rolle in natürlichen Ökosystemen auszuweiten“, sagte Prof. Dr. Juliette de Meaux. „Wir hoffen, dass die erarbeiteten molekularen Informationen dazu beitragen können, künftige Bemühungen zur Eindämmung des Verlustes der biologischen Vielfalt bei Pflanzen zu lenken“ Die Pflanzenwissenschaftlerin an der Uni Köln ist Sprecherin des neuen SFBs.
Das Konsortium ist in zwei Hauptforschungsbereiche gegliedert. Forschungsbereich A wird die Bedeutung von Kandidatengenen und -eigenschaften für das Überleben und die Fortpflanzung in schwierigen Umgebungen bestimmen. Forschungsbereich B wird quantitative und populationsgenetische Methoden einsetzen, um die Varianten in Pflanzengenomen zu isolieren, die zur Anpassung der Pflanzen an natürliche Umgebungen beitragen.
Eine gemeinsame Datenbank wird alle gewonnenen Ergebnisse zusammenfassen und die Synthese der Erkenntnisse über Pflanzenarten, Merkmale, Gene und Umgebungen hinweg unterstützen. Das Konsortium umfasst auch die Einrichtung einer Graduiertenschule und wird ein Projekt auf den Weg bringen, das Bürgern in die Entwicklung und Gestaltung künftiger Forschung einbezieht. Letztendlich soll die Arbeit des Sonderforschungsbereichs Erkenntnisse darüber liefern, die künftige Bemühungen um den Erhalt natürlicher Ökosysteme unterstützen.

* pm: Philipps-Universität Marburg

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