Hoffnung auf Vorbilder: Gütesiegel „Interkulturelle Vielfalt leben“

„Interkulturelle Vielfalt LEBEN heißt ein Gütesiegel von Stadt und Kreis. Damit ausgezeichnete Positivbeispiele inspirieren andere Unternehmen.
Integration braucht gute Voraussetzungen. Bei einem Online-Workshop haben sich 27 Vertreterinnen und Vertreter von Unternehmen, freien Trägern und Verwaltungen dazu ausgetauscht, wie Menschen mit Migrationsgeschichte der Weg zur Beschäftigung erleichtert werden kann. Das sogenannte „WebLab“ fand im Rahmen des Projekts „Gütesiegel Interkulturelle Vielfalt LEBEN“ statt, das von der Universitätsstadt Marburg und dem Landkreis Marburg-Biedenkopf jährlich verliehen wird.
„Menschen mit internationalem Hintergrund zu integrieren ist eine Bereicherung für alle Beteiligten“, bekräftigte Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies. „Es ist wichtig, ihnen Chancen und Perspektiven zu bieten. Auch Arbeitgeber*innen und das ganze Team können daran wachsen.“
Genau solches Engagement zu würdigen ist das Ziel des Gütesiegels „Interkulturelle Vielfalt LEBEN“, das seit 2020 jährlich von der Universitätsstadt Marburg und dem Landkreis Marburg-Biedenkopf verliehen wird. Damit sollen Betriebe ausgezeichnet werden, die sich in besonderem Maße für die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund einsetzen.
Die Auszeichnung soll auch einen Anstoß für einen fortlaufenden Prozess geben, bei dem sich die Betriebe immer weiter verbessern. Dazu gehört es auch, sich mit Partnern aus der Region auszutauschen. Zu diesem Zweck finden jährlich mehrere Workshops statt.
„Es gibt viele Siegel und Auszeichnungen, die mit viel Tam-Tam verliehen, aber danach einfach nur abgeheftet werden und dann passiert lange nichts“, sagte der Erste Kreisbeigeordnete Marian Zachow. „Das Gütesiegel Interkulturelle Vielfalt LEBEN ist da anders – und besser, denn hier beginnt mit der Preisverleihung erst ein spannender Prozess, der Lust macht, in Sachen interkultureller Vielfalt immer besser und besser zu werden.“
Die Bedeutung der Workshops betonte auch die Leiterin des Fachbereichs Zivilgesellschaft, Stadtentwicklung, Migration und Kultur der Universitätsstadt Marburg: „Unternehmen, Verwaltungen und freie Träger sollen sich in dem Netzwerk immer besser kennenlernen und über gute Praxis austauschen“, erklärte Dr. Christine Amend-Wegmann.
Im jüngsten Workshop zum Thema „Berufseinmündung durch passgenaues Matching stärken“ haben sich Vertreterinnen und Vertreter der Stadt, des Landkreises sowie Arbeitgeber*innen aus der Region digital vernetzt und ausgetauscht. Das sogenannte „Weblab“ fand unter der Leitung des Bereichsleiters Gerhard Wenz von der Agentur für Arbeit statt. Für Inspiration sorgte etwa der Unternehmer Andreas Ditze.
Er ist Geschäftsführer der „Tripuls Media Innovations GmbH“. Seiner Ansicht nach sollten Bewerbungsprozesse vereinfacht werden, um Hürden abzubauen. Er verzichtet etwa auf Bewerbungsanschreiben und akzeptiert auch Bewerbungsvideos.
Das Unternehmen hat nach seinen Angaben gute Erfahrungen damit, anstelle eines klassischen Bewerbungsgesprächs die Bewerber*innen in kleinen Gruppen kennenzulernen. Zudem legt der Unternehmer Wert darauf, dass Bewerber*innen schnell eine Antwort bekommen.
Anwesend bei dem Workshop war auch ein Mitarbeiter der Firma: Der Flüchtling Omar Mahasen aus Syrien hatte seine Ausbildung bei dem Unternehmen gemacht und wurd sofort danach in eine verantwortungsvolle Position übernommen. Der Systemadministrator betonte, wie wichtig es für ihn war, dass man ihm eine Chance gegeben hat.
Das „Ankommen“ erleichtert auch etwa CSL Behring mit einem begleitenden „Onboarding“-Programm für Geflüchtete in einfacher Sprache. Bei der Sparkasse Marburg-Biedenkopf (SKMB) gibt es seit 2017 für Menschen mit Migrationsgeschichte jährlich eine einwöchige Schnupperwoche, die Einblick in das Arbeitsfeld von Bankkaufleuten gibt. Betreut werden sie dabei von dafür geschulten Azubis, die teilweise selbst Menschen mit Migrationshintergrund sind.
Konzipiert wurde das Gütesiegel „Interkulturelle Vielfalt LEBEN“ federführend von Prof. Dr. Susanne Maria Weber vom Institut für Erziehungswissenschaften der Philipps-Universität gemeinsam mit dem Fachbereich Zivilgesellschaft, Stadtentwicklung, Migration und Kultur der Universitätsstadt Marburg. In einem breiten partizipativen Prozess wurde im Frühjahr 2019 – ausgehend vom „Runden Tisch Integration“ – gemeinsam mit Expertinnen und Experten aus verschiedenen Bereichen – Menschen mit und ohne Migrationshintergrund – das Siegel entwickelt. Seit September 2020 wurde das Gütesiegel an insgesamt 19 Unternehmen, Verwaltungen und freie Träger in Stadt und Region verliehen.
Das Gütesiegel ist auch ein Netzwerk mit Möglichkeiten des Erfahrungsaustauschs und Wissenserwerbs und ein Kerninstrument der regionalen Entwicklungsstrategie der Universitätsstadt Marburg zusammen mit dem Landkreis Marburg-Biedenkopf. Seit Dezember 2020 haben vier Vernetzungstreffen im digitalen Raum stattgefunden. Weitere sind in Planung.
Das Gütesiegel „Interkulturelle Vielfalt LEBEN“ wird im März 2022 erneut ausgeschrieben.

* pm: Stadt Marburg

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