Einigkeit in der Wahrnehmungsforschung: DFG verlängert SFB in Mittelhessen

Die DFG verlängert einen Sonderforschungsbereich der Universitäten Gießen und Marburg. Das ist ein erneuter Erfolg des Forschungscampus Mittelhessen.
Die Sinnesorgane sind das „Fenster zur Welt“, sie ermöglichen den Empfang von Reizen aus der Umwelt. Doch wie verarbeitet und interpretiert das Gehirn diese Informationen? Wie funktioniert Wahrnehmung?
Mit diesen Fragen beschäftigt sich der interdisziplinäre Sonderforschungsbereich/Transregio 135 „Kardinale Mechanismen der Wahrnehmung: Prädiktion, Bewertung, Kategorisierung“ nunmehr seit acht Jahren. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat nun beschlossen, den SFB bis ins Jahr 2025 zu verlängern. Für die beteiligten Universitäten ist das „die gute Nachricht der Woche“.
Die Sprecherschaft für den interdisziplinären SFB liegt bei dem Gießener Psychologen Prof. Dr. Karl Gegenfurtner; die weiteren Mitglieder des geschäftsführenden Komitees sind Dr. Jutta Billino vom Fachbereich Psychologie der Justus-Liebig-Universität (JLU) Gießen, Prof. Dr. Frank Bremmer von der Neurophysik an der Philipps-Universität, Prof. Dr. Katja Fiehler von der Allgemeinen Psychologie an der JLU, Prof. Dr. Anna Schubö, Prof. Dr. Alexander Schütz vom Fachbereich Psychologie der Philipps-Universität und Prof. Dr. Gudrun Schwarzer von der Entwicklungspsychologie an der JLU.
„Wir konnten unseren SFB in den ersten beiden Förderperioden als einen internationalen Leuchtturm der Wahrnehmungsforschung etablieren“, erklärte Gegenfurtner. „Die Verlängerung des SFB wird eine Vielzahl von hochgradig interdisziplinären Projekten ermöglichen, in denen wir Verhaltensexperimenten mit Methoden der Neurowissenschaften, des maschinellen Lernens und der virtuellen Realität zusammenbringen, um zu verstehen, wie wir die Welt wahrnehmen und mit ihr interagieren.“
Sein Marburger Kollege Bremmer fügte hinzu: „Der Sonderforschungsbereich setzt die erfolgreiche Zusammenarbeit unserer beiden Universitäten im Forschungscampus Mittelhessen und dem gemeinsamen Center for Mind, Brain and Behavior (CMBB) fort und stärkt den Campus-Schwerpunkt Geist, Gehirn und Verhalten.“ Der SFB untersucht, wie das menschliche Gehirn aus sensorischen Eingangssignalen durch Interpretation Bedeutungen ableitet. Dazu wird der Prozess der Wahrnehmung umfassend auf der Basis dreier grundlegender Prinzipien erklärt: Prädiktion, Bewertung und Kategorisierung.
Wie gelingt es uns, den zukünftigen Zustand der Umwelt und die Folgen von Handlungen vorherzusagen? Wie bewerten wir potenzielle Risiken und Vorteile verschiedener Reize und Reaktionen? Wie kategorisieren wir eine komplexe, kontinuierliche Welt in diskrete mentale Konzepte und Verhaltensweisen?
Die Forschenden im SFB verwenden eine einzigartige Kombination aus Verhaltensexperimenten im Labor und der virtuellen Realität, um komplexes natürliches Verhalten zu erforschen. Diese Experimente werden ergänzt durch physiologische Messungen und Modellierung, mit einem Schwerpunkt auf aktuellsten Methoden des maschinellen Lernens, um zu einem umfassenden Verständnis von Prädiktion, Bewertung und Kategorisierung zu gelangen.
Die Entwicklung dieser Mechanismen soll dabei über die gesamte Lebensspanne hinweg erfasst, wobei ein besonderes Augenmerk auch auf Unterschieden in ihrer Ausprägung bei verschiedenen Menschen liegt. Schlußendlich soll auch die funktionelle Bedeutung der Mechanismen bei neurologischen und psychiatrischen Krankheiten sowie kindlichen Entwicklungsstörungen untersucht werden.
Der Forschungscampus Mittelhessen ist eine hochschulübergreifende Einrichtung der JLU Gießen, der Philipps-Universität und der Technischen Hochschule Mittelhessen nach Paragraph 47 des Hessischen Hochschulgesetzes (HHG) zur Stärkung der regionalen Verbundbildung in der Forschung, Nachwuchsförderung und Forschungsinfrastruktur. Das „Center for Mind, Brain and Behavior“ (CMBB) ist eine hochschulübergreifende wissenschaftliche Einrichtung der Philipps-Universität und der JLU Giessen im Forschungscampus Mittelhessen. Im CMBB wirken Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus verschiedenen Fachbereichen – insbesondere Psychologie, Neurowissenschaften, Biologie, Medizin, Pharmazie, Physik und Informatik – beider Universitäten interdisziplinär zusammen.

* pm: Philipps-Universität Marburg

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