Mit einer bundesweiten Aktion nehmen Sehbehinderte am Sonntag (6. Juni) graue Poller ins Visier. Auch in Marburg haben sie einige davon mit rot-weißen „Pollermützen“ geschmückt.
In der Ketzerbach und am Rudolphsplatz zieren die gestrickten oder gehäkelten „Pollermützen“ die eisernen Pfähle. Die Warnfarben machen sie für Menschen mit starken Sehbehinderungen sichtbar. Grau in grau vor oftmals grauem Hintergrund verschwinden sie sonst aus der Sicht vieler Menschen mit beeinträchtigtem Sehvermögen.
Seit 1996 findet der bundesweite „Sehbehindertentag“ am 6. Juni statt. Inzwischen habben die Organisationen der Blinden und Sehbehinderten in Deutschland eine ganze „Woche des Sehens“ darum herum gestrickt. 2021 haben sie dann in eifriger Heimarbeit „Mützen“ für graue Poller in den Warnfarben Rot und Weiß gestrickt.
Gut 80 „Pollermützen“ haben fleißige Hände allein im Landkreis Marburg-Biedenkopf für diese bundesweite Aktion hergestellt. Die „Pollermützen“ in leuchtendem Rot und strahlendem Weiß sollen die Pfähle besser sichtbar machen. Die Betroffenen machen damit ihre Forderung deutlich, gefährliche Hindernisse deutlich sichtbar für Menschen mit Sehbeeinträchtigungen zu markieren.
In Marburg leben gut 800 Menschen mit starken Sehbeeinträchtigungen. Bundesweit wird ihre Zahl auf etwa 750.000 geschätzt. Genaue Zahlen dazu gibt es allerdings nicht.
Insbesondere im Alter lässt das Sehvermögen vieler Menschen allmählich nach. Farben verblassen; Kontraste verschwimmen. Nah- oder Fernsicht nehmen zunehmend ab; und das Blickfeld wird bei manchen immer enger.
Weniger als 5 Prozent aller Blinden sind vollblind. Die allermeisten verfügen noch über ein geringes Restsehvermögen. Vielen helfen Kontraste kaum noch; aber einige profitieren sehr stark davon.
Für alle Menschen jedoch sind Poller in leuchtenden Warnfarben eine Hilfe, soweit sie überhaupt Farben wahrnehmen können. Zu aller Schutz ist die Forderung nach rot-weiß gestreiften Pollern deshalb eine wichtige Verbesserung. Darum ist die Selbsthilfeaktion der handgestrickten „Pollermützen“ nicht nur eine kreative Aktion für mehr Aufmerksamkeit und Achtsamkeit gegenüber Sehbehinderten, sondern zugleich auch eine Unterstützung für das sortschreitende Bemühen um eine möglichst barrierefreie Welt.
* Franz-Josef Hanke