Eine gemeinsame Erklärung der Kreistagsfraktionen Bündnis 90/Die Grünen, Die Linke und Klimaliste kritisiert ein „Weiter-so“ im Kreis. Ihrer Ansicht nach missachten SPD und CDU mit einer Fortsetzung ihrer „Großen Koalition“ die Wahlentscheidung.
Die Entscheidung der SPD und der CDU, wieder den Weg einer großen Koalition einzuschlagen, bedeutet für den Landkreis politischen Stillstand. Dabei wäre eine politische Neuorientierung hin zu einer sozial-ökologischen Wende mit einer Koalition aus Grünen, Linken und Klimaliste im Landkreis eine echte Option gewesen. So ist jedoch eine Politik der Ankündigungen und des „weiter so“ vorgezeichnet.
Das betrifft vor allem auch die Klimaziele, wie beispielsweise bis spätestens 2040 von fossilen und atomaren Energieträgern unabhängig zu sein. „“Nicht erst nach dem jüngsten Bundesverfassungsgerichtsurteil zu den bisher unzureichenden Klimaschutzmaßnahmen der Großen Koalition im Bund muss allen Verantwortlichen klar geworden sein, dass wir die Lasten der notwendigen CO2-Einsparungen nicht erst ab 2030 auf die jüngere Generation abladen können, um die 1,5-Grad-Grenze aus dem Pariser Klimaabkommen noch einzuhalten“, stellte Stephanie Theiss von den Grünen fest.
Auch der Landkreis müsse und könne im Rahmen seiner Zuständigkeit und Kompetenzen einen Beitrag leisten. Das sei aber nicht durch Endlosplanungen und Hochglanzbroschüren zu erreichen, sondern nur durch eine messbare Einsparung von CO2 in allen Bereichen.
Eine große Koalition bildet auch den politischen Willen der Bevölkerung nicht ab. So erhielten SPD, Grüne, Linke und Klimaliste bei der Kommunalwahl am Sonntag (14. März) zusammen 56,44 Prozent der Stimmen. Die Wählerinnen und Wähler des Landkreises haben demnach deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie eine Mehrheit links von der großen Koalition bevorzugt hätten.
„Eine große Koalition bedeutet auch sozialpolitisch weiteren Stillstand“, kritisierte Anna Hofmann von den Linken. „Im Landkreis fehlen 600 Sozialwohnungen und im Hinterland besteht ein eklatanter Mangel an Ärzt*innen. Der alte Koalitionsvertrag der CDU und SPD hatte sowohl medizinische Versorgungszentren als auch eine kreiseigene Wohnungsbauagentur als Ziele angedacht.“
Beides wurde nicht realisiert, da sich die Koalitionspartner nicht einig wurden. Hier bestehe deutlicher Handlungsbedarf.
„Wir sehen in der Fortführung der großen Koalition vor allem eine vergebene Chance, den Landkreis strukturell so umzubauen, wie es den Herausforderungen des menschengemachten Klimawandels gerecht werden würde“, erklärte Dr. Jana Groth von der Klimaliste. Nur das schnelle Erreichen der Klimaneutralität und auch der notwendigen strukturellen Anpassungen an den Klimawandel können in den Augen der Klimaliste für eine lebenswerte Zukunft im Landkreis sorgen. Erste konkrete Schritte wären die unmissverständliche Erklärung zur Einhaltung der 1,5-Grad-Grenze und die Ermittlung eines CO2-Restbudgets für den Landkreis Marburg-Biedenkopf zum Erreichen dieses Ziels.
Die Fraktionen der Grünen, Linken und Klimaliste sehen auch in der Oppositionsarbeit eine Chance, die Politik der großen Koalition nachhaltig zu beeinflussen. Gerade im Bereich der Klimapolitik gibt es nun eine klare linke Mehrheit für eine Energie- und Verkehrswende.
Ein im gesamten Landkreis vernetzter und eng getakteter Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV), eine optimale Radwegeinfrastruktur im Kreis, der rasche Ausbau der erneuerbaren Energien, mehr Energieeffizienz, eine ökologische Bauweise und die energetische Optimierung kreiseigener Gebäude, um die Wärmewende zu schaffen: Das wäre auch im Landkreis und durch eine bessere Zusammenarbeit mit Kommunen und Städten machbar. In der Opposition werden sich Grüne, Linke und Klimaliste eng abstimmen, um auf eine echte sozial-ökologische Wende hinzuarbeiten.
* pm: Bündnis 90/Die Grünen Marburg