Defetistische Debatten: Nur Nörgeln nützt nichts

„Das Jammern ist der Gruß der Kaufleute“, sagt ein arabisches Sprichwort. Derzeit muss es in Deutschland massenhaft Kaufleute geben.
Einst galt Deutschland als „das Land der Dichter und Denker“. Zu seinen schlimmsten Zeiten war es ein Land „der Scharfrichter und Henker“. Die vielzitierte „German Angst“ ist seither wohl nicht ganz unbegründet.
Viele Menschen machen sich ernstlich Sorge um ihre Zukunft. Sie fürchten sich vor dem Virus oder vor denjenigen, die es leugnen. Sie fürchten sich vor Nebenwirkungen eines Impfstoffs oder davor, ihn erst zu spät zu bekommen.
Nörgeln ist längst ein beliebter Volkssport geworden im Land der Bedenkenträger und Besserwisser. Auch wenn die häufig bemühten Stammtische derzeit entweder heimlich oder onlie stattfinden, kursieren die nach ihnen benannten Parolen doch dauernd durch das digitale Dorf. Dummheit und Defetismus grassieren ebenso wie Depressionen und Dauermüdigkeit.
All das sollte man nicht achtlos wegwischen und herabwürdigen. Die Sorgen haben ihre Gründe und die Depressionen ihre Folgen. Eine Pandemie ist eine schwerwiegende Katastrophe, die selbst arrogante Planer irgendwann demütig werden lässt vor der Macht der Natur und dauerhaft Spuren hinterlassen wird auf der gesamten Erde.
Dennoch sollten sich alle Betroffenen einmal vergegenwärtigen, wie viel Glück im Unglück sie eigentlich haben: Sie leben in Deutschland, wo immer noch genügend Intensivbetten bereitstehen und sie die Behandlung gegen Covid 19 nicht aus eigener Tasche bezahlen müssen. Sie leben im 21. Jahrhundert, wo Telefon und Internet auch die Quarantäne nicht zu einer wochenlangen Totalisolation macht und medizinisches Wissen zumindest ein Grundverständnis zu Viren und deren Wirkungen bereithält.
Schließlich gibt es in Europa gleich fünf verschiedene Impfstoffe, die innerhalb weniger Monate nach Auftreten des Coronavirus zur Anwendung gelangt sind. Auch wenn diese Impfstoffe noch knapp sind, so ist der Mangel in Deutschland nicht vergleichbar mit der Versorgung vieler afrikanischer Länder mit solchen Impfstoffen. Die Menschen in Deutschland haben eine reale Chance, die Corona-Pandemie großenteils gesund zu überleben.
Bei aller berechtigten Kritik am kleinkarierten Krisenmanagement der 16 Ministerpräsidenten ist das vorbildliche Engagement der Universitätsstadt Marburg für ihre Bevölkerung zu Zeiten der Pandemie doch letztlich „die gute Nachricht der Woche“. Auch wenn die Menschen derzeit vieles nicht planen können, so können sie sich doch durch strikte Einhaltung der Abstands- und Hygieneregeln schützen, bis der Impfstoff allmählich weit genug verbreitet ist, um das Virus irgendwann in seine Schranken zu verweisen. Im Gegensazt zu Menschen in Brasilien oder Äthiopien haben die Marburgerinnen und Marburger eine relativ gute Chance, die Corona-Pandemie zu überleben.
Helfen kann ihnen dabei gegenseitige Ermutigung und praktische Solidarität. Dergleichen hat Marburg vor allem in der ersten Corona-Welle gezeigt, wo Nachbarschaftshilfe und Stadt-Geld-Gutscheine Hand in Hand geholfen haben, den Lockdown einigermaßen gut zu überstehen. Nun sind Ausdauer und Geduld gefragt, auch die dritte Welle zu bewältigen.
Trost am Telefon kann dabei einhergehen mit Bestellungen beim Lieferdienst und Online-Einkäufen bei regionalen Geschäften. In Marburg ist kein Platz für Hass und Hetze, aber auch keiner für Gefühllosigkeit und Egoismus. Ermutigen alle einander, die letzten harten wochen der gefährlichen Pandemie auszuhalten, dann werden am Ende alle gestärkt in die solidarische Zukunft einer klimagerechten und solidarischen Welt cgehen.

* Franz-Josef Hanke

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