800 Jahre Stadt: Annah Filou stellte sich als Stadschreiberin vor

Marburgs erste Stadtschreiberin Anah Filou hat Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies am Dienstag (15. September) zusammen mit Intendantin Carola Unser im Theater am Schwanhof begrüßt. Ihre Anreise aus Wien war der Auftakt für das erste Marburg800-Projekt zum Stadtjubiläum.
Marburg wird 2022 das Jubiläum „800 Jahre Ersterwähnung als Stadt“ feiern. Insgesamt drei Monate kommt Filou bis zum Jubiläumsjahr für das „Marburg800“-Projekt am Hessischen Landestheater (HLTM) nach Marburg. Das ist kein Selbstzweck: Denn aus dem Austausch der Stadtschreiberin mit der Bevölkerung entsteht für das Jubiläumsjahr eine große Freiluftinszenierung des Theaters mit aktiver Beteiligung der Bürgerschaft.
„Das Projekt vereint idealerweise alles, was uns bei Marburg800 wichtig ist“, , betonte der Oberbürgermeister zum Start. „Unsere neue Stadtschreiberin will zu den drei Jubiläumsthemen Marburg erinnern, Marburg erleben und Marburg erfinden recherchieren. Nicht im stillen Kämmerlein, sondern durch aufsuchende Gespräche mit den verschiedensten Akteur*innen der Stadtgesellschaft getreu unserem Motto Wir sind Marburg800.“
Als kleine Unterstützung für die Recherche überreichte Spies der neuen Stadtschreiberin einen Korb mit Stadtschriften zur Kultur und Stadtgeschichte. Mit ihren Schwerpunkten von „1848“ über „Baden in Marburg“ bis zu „Marburger Künstlerinnen“ stehen sie stellvertretend für die Vielfalt von Marburg.
„Wir freuen uns sehr auf die weitere Zusammenarbeit mit der Autorin Anah Filou, wir freuen uns immens auf die Interaktion mit den Bürger*innen der Stadt und sind voller Aufregung auf das Theaterstück, das theatrale Geburtstagsgeschenk für Marburg, das am 11. Juni 2022 Premiere feiern wird“, zeigte sich Intendantin Carola Unser begeistert. In diesem Sinne wurde Filou im Theater am Schwanhof auch gleich bei einer Veranstaltung mit Öffentlichkeit willkommen geheißen.
Das HLTM hatte zu einem ersten Think Tank unter dem Motto „Torten & Texte Vol. 1“ eingeladen. Dabei handelte es sich um eine Denkwerkstatt mit Marburgs Stadtschreiberin.
40 Menschen waren dabei. Damit war die Resonanz sehr groß und die Veranstaltung unter Corona-Regeln schon früh ausgebucht.
Für Donnerstag (15. Oktober) um 19.30 Uhr bietet das Hessische Landestheater im Erwin-Piscator-Haus (EPH) ein weiteres Treffen zum Austausch mit Filou an. Die Anmeldung für diese Denkwerksstatt ist bis Samstag (10. Oktober) per Mail an intendanz@hltm.de möglich.
Auch über diese Termine hinaus ging es am Dienstag darum, Kontakte für die neue Stadtschreiberin herzustellen, mit ihr ins Gespräch zu kommen und Filou Ideen für den Start mit auf den Weg zu geben. Wen sollte sie unbedingt kennenlernen? Wen treffen? Wo und mit wem soll sie Torte essen? Welchen Marburgerinnen und Marburgern soll sie zuhören? Welche Orte, Vereine und Institutionen besuchen? Über welche Marburg-Erinnerungen sprechen?
Das stand beim Austausch mit Bürgerinnen und Bürgern im Mittelpunkt. „Stadtschreiberin – dazu braucht es Zweierlei. Eine Schreiberin, das bin ich, und eine Stadt, das sind Sie“, sagte die Autorin. „Ich bin gespannt, wohin uns dieses Projekt führen wird.“
Marburgs erste Stadtschreiberin rief zum Mitmachen auf. „Andere Städte haben ein Theater, Marburg ist eines, oder?“, spielte sie mit einem bekannten Universitätszitat.
Filou ist in Marburg keine Unbekannte. Ihr am HLTM inszeniertes Kinder- und Jugendstück „Am Hafen mit Vogel“ wurde als Auszeichnung zu den Mülheimer Theatertagen eingeladen. Ihr Stück „Pollesch wäre das nicht passiert“ sollte im Frühsommer folgen und wurde wegen Corona in die Spielzeit 2021/2022 verschoben.
In ihrem Heimatland hat sie zahlreiche Auszeichnungen erhalten, international wurde sie zu renommierten Festivals eingeladen.
„Impulse und Sichtweisen von außen sind auch bei Marburg800 sehr wichtig“, hob der Oberbürgermeister zum Auftakt des Projekts hervor. „Von Wien aus liegt Marburg vor allem in Slowenien“, spielte darauf in Bezug auf Marburgs Partnerstadt Maribor auch die Österreicherin an.
Die 800-jährige Marburg-Geschichte habe immer wieder Impulse von außen bekommen, erläuterte Spies,. Geschehen sei das beispielsweise durch die Heilige Elisabeth, die Brüder Grimm, Emil von Behring, Hannah Arendt oder Wolfgang Abendroth.
Entsprechend habe im letzten Jahr die Stadtsoziologin Prof. Martina Löw aus Berlin den Impulsvortrag über die Eigenlogik der Städte für Marburg800 gehalten. „Was Martina Löw aus wissenschaftlicher Sicht startete, das setzt Anah Filou groß angelegt jetzt mit Mitteln des Theaters fort“, freute sich der Rathauschef über den Austausch zwischen Filou und Publikum.
Die Anwesenden brachten schon am Dienstag in einer lebhaften Runde verschiedenste Perspektiven ein. Sie empfahlen Ansprechpersonen – von lokalen Historikern und Familiengeschichte über Museumsfreunde, Religion, Archive, Kulturschaffende und Gästeführer*innen bis zu Vertreter*innen von Bewohnernetzwerken für Soziale Fragen oder Lebenshilfe.
„Ich spiele Hebamme und spreche mit einer Stadt, damit die Stadt übers Sprechen sich selbst ins Bewusstsein kommt“, fasste das Autorin Filou es in literarischen Worten zusammen. „Oder ich spiele Detektivin? Touristin? Konsumentin?“
Über 30 empfohlene Gesprächspartner*innen für die neue Stadtschreiberin kamen vor allem für „Marburg erinnern“ schon am ersten Abend zusammen. „Das wird ja ein langes Theaterstück“, gab ein Besucher der Kuchen-Liebhaberin Filou deshalb für ihr Dialog-Format „Torten und Texte“ schmunzelnd mit auf den Weg.
Marburgs neue Stadtschreiberin ist übrigens ab sofort unter stadtschreiberin@hltm.de direkt für Anregungen erreichbar. Bis zum 15. Oktober ist sie montags von 18 bis 20 Uhr an der Theaterkasse in der Neustadt anzutreffen.

* pm: Stadt Marburg

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