Erhebung: Zweiter Teilhabebericht zur Inklusion in Marburg

2015 hat Marburg erstmals einen Teilhabebericht zu den Lebenslagen von Menschen mit Behinderungen erstellt. Nun folgt der Zweite Teilhabebericht.
Wo werden Menschen in Marburg behindert? An welchen Stellen stoßen sie auf Barrieren, die sie daran hindern, am gesellschaftlichen Leben Teil zu haben? Welche Menschen sind davon betroffen? Und welche Möglichkeiten gibt es, diese Barrieren abzubauen? Mit solchen und weiteren Fragen befasst sich die Universitätsstadt Marburg bereits seit vielen Jahren.
„In der Universitätsstadt Marburg ist uns die gleichberechtigte Teilhabe aller Bürger*innen ein sehr wichtiges Anliegen“, erklärte Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies. „Um dieses Ziel zu erreichen, müssen wir uns immer wieder klarmachen: Menschen sind nicht behindert, sie werden behindert. Wir wollen aber, dass in Marburg alle Bürger*innen gleichberechtigt und chancengleich leben können.“
So ist ein Ziel der Stadt, Barrieren jeglicher Art weiter abzubauen. „Menschen mit Beeinträchtigungen sollen in allen Lebensbereichen die gleichen Beteiligungsmöglichkeiten haben“, sagte Spies. Der Oberbürgermeister verwies auf den bewusst gewählten Titel des Zweiten Teilhabeberichts, der nun nach eineinhalb Jahren intensiver Arbeit veröffentlicht wurde: „Beeinträchtigung, Behinderung – Teilhabe“.
Der Bericht stellt eine aktuelle Bestandsaufnahme zur Teilhabe von Menschen mit Behinderungen und Beeinträchtigungen in Marburg dar. Noch vorhandene Barrieren und Bedürfnisse sind von den Mitwirkenden identifiziert und benannt worden. Dabei ist Teilhabe das große Thema.
So sind Informationen und die Ziele der Stadt als Leit-Ideen durchgängig in Leichter Sprache formuliert. Das soll die Inhalte des Berichts möglichst allen Interessierten vereinfacht zugänglich machen.
Teilhabe spiegelt sich auch im gesamten Prozess der Entstehung des Zweiten Teilhabeberichts wider. So waren an der Erarbeitung zahlreiche Menschen als feste Mitglieder einer Projektgruppe beteiligt, auch beratende Gäste haben an den Arbeitstreffen mitgewirkt.
Expertinnen und Experten aus dem Behindertenbeirat, aus verschiedenen Bereichen der Stadtgesellschaft und der Stadtverwaltung haben den Bericht der Sozialplanung intensiv mitgestaltet und eng begleitet. Der Bericht wurde auf Initiative des Behindertenbeirats und im Auftrag des Magistrats erstellt.
Mitgearbeitet haben Menschen, die selbst Beeinträchtigungen und Behinderungen erfahren; Institutionen, Vereine, Selbsthilfegruppen, die Philipps-Universität und verschiedene städtische Fachdienste. Auch viele neue Kooperationspartner wurden gewonnen. Dazu zählen etwa einzelne Schulen, Träger von Angeboten und vor allem Betroffene.
In enger Kooperation mit der Philipps-Universität gab es eigens für den Bericht eine Befragung von Menschen mit Beeinträchtigungen. Die Marburgerinnen und Marburger haben von ihren Vorstellungen von „Teilhabe“ und Veränderungswünschen für die Stadt Marburg erzählt.
Ein wegweisendes Zitat aus den anonymisierten Interviews lautet: „Mein Traum ist es, dass man sich ergänzt und man nicht sagt: Das ist der Behinderte und das der Normale.“ Alle Beteiligten haben durch ihr Wissen, ihre Erfahrungsberichte und Interviews dazu beigetragen, einen besseren Einblick in die aktuellen Strukturen der Stadt zu vermitteln und Verbesserungsideen zu gewinnen.
Damit ist der Bericht für die kommunale Teilhabeplanung unerlässlich. „Der Teilhabebericht 2020 ist richtungsweisend und impulsgebend für weitere Entwicklungen in unserer Stadt“, betonte der Oberbürgermeister und dankte der Projektgruppe für den umfassenden Bericht, der unterschiedlichste Blickrichtungen zusammenbringt.
Der Teilhabebericht 2020 baut auf dem Ersten aus dem Jahr 2015 auf, in dem erstmals das breite Angebotsspektrum für Menschen mit Behinderungen in Marburg dargestellt wurden. Diese erste Bestandsaufnahme zeigte Lebenslagen von Menschen mit Behinderungen, Teilhabemöglichkeiten sowie Barrieren, Bedarf und Verbesserungspotentiale auf. Aufbauend auf diesen Erkenntnissen folgte 2017 ein Aktionsplan, der Ziele zur Stärkung der Teilhabe und konkrete Maßnahmen festlegte.
Von 2017 bis 2019 wurde er umgesetzt. Aufbauend auf dem ersten Bericht wurde nun der Zweite Teilhabebericht erarbeitet, der die Entwicklungen der vergangenen fünf Jahre einbezieht und wesentlich breiter gefasst ist. So wurden erstmalig auch Beeinträchtigungen wie chronische Erkrankungen und Hörbeeinträchtigungen betrachtet.
Neben den primären Lebensbereichen Bildung, Arbeit, Wohnen und Freizeit wurden nun auch spezielle Themen wie die psychische Gesundheit, Kommunikation und politische Mitbestimmung in den Blick genommen. Aufbauend auf dem Aktionsplan aus dem Jahr 2017 wurden im aktuellen Teilhabebericht neue Schwerpunkte gesetzt. Im Bericht 2020 werden insbesondere die geschlechtersensible Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention und geschlechtsbezogene Angebote thematisiert.
So geht es in einem Kapitel beispielsweise um Unterstützung bei Gewalt gegen Menschen mit Behinderungen und geschlechtsbezogene Gewaltprävention. Zugehörige Unterkapitel beschäftigen sich sowohl mit Gewalt gegen Mädchen und Frauen als auch gegen Jungen und Männer mit Behinderungen.
Als weitere Schwerpunkte wird die Teilhabe im Alter und von geflüchtete Menschen mit Beeinträchtigungen in den Fokus genommen. Ebenfalls neu ist ein Kapitel, in denen Angehörige zu Wort kommen und von ihrer Lebenssituation berichten.
Solche Erfahrungsberichte und Handlungsempfehlungen ergänzen die Darstellungen der Themenbereiche und Strukturen. Diese erneute Bestandsaufnahme zeigt weitere Handlungspotentiale auf – als Grundlage der zukünftigen kommunalen Teilhabeplanung, die an den Gestaltungsideen aller Mitwirkenden ausgerichtet ist.
Weitere Informationen zum Thema sind auf der städtischen Homepage zu finden unter www.marburg.de/teilhabe. Auf dieser Seite stehen auch der erste sowie der Zweite Teilhabebericht als pdf-Dokumente zum Download zur Verfügung, ebenso der Marburger Aktionsplan aus dem Jahr 2017 sowie weitere Dokumente und Protokolle.
Der Zweite Teilhabebericht kann auch als Druckversion zur Verfügung gestellt werden. Interessierte können sich dafür per E-Mail an Monique.Meier@marburg-stadt.de wenden.

* pm: Stadt Marburg

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