Strahlender Sonnenschein weckt Frühlingsgefühle in den meisten Menschen. Doch bei zu geringem Abstand zu anderen Menschen droht Covid 19.
„Noch ist der Höhepunkt der Pandemie nicht erreicht“, warnte Kanzleramtsminister Helge Braun.Angesichts des frühlingshaften Wetters hofft die Polizei auf die Vernunft der Bevölkerung. Leider gibt es aber immer noch zu viele unvernünftige Menschen.
So fordern einige irrwitzige Zeitgenossen tatsächlich die sofortige Aufhebung aller einschränkenden Maßnahmen. Offenbar haben sie nicht mitbekommen oder zumindest nicht verstanden, was in Norditalien in den letzten Wochen geschehen ist und was jetzt auf die Vereinigten Staaten von Amerika (USA) zurast: Die mörderische Pandemie fordert Zigtausende Tote und verwandelt ganze Landstriche in ausgestorbene Gegenden, wo die Friedhöfe nicht mehr alle Verstorbenen aufnehmen können und kaum jemand noch ein würdiges Begräbnis bekommt.
Die immer lauter werdenden Debatten über eine Lockerung der Einschränkungen zeugen nicht von Klugheit, sondern von kurzatmigem Egoismus. Diese Regelungen gar als „Kollektivstrafe“ zu kritisieren, belegt das mangelnde Problembewusstsein der Kritisierenden. Angesichts der Gefährdung zahlreicher Menschenleben ist die weitgehende Isolation möglichst aller Menschennicht nur ein Selbstschutz, sondern auch der beste Schutz der Mitmenschen.
Auch wenn die Einschränkungen irgendwann in den nächsten Wochen Schritt für Schritt gelockert werden, sind Abstand und Vorsicht weiterhin geboten. Selbst eine weitgehende „Herdenimmunität“ ist kein wirklicher Schutz für Menschen mit Vorerkrankungen. Sicher wären sie wohl erst, wenn es in ausreichender Menge einen verlässlichen Impfstoff gegen das Coronavirus gäbe.
Eine Herstellung von 7 Milliarden Dosen Impfstoff ist aber ebensowenig möglich wie die Austestung der gesamten Weltbevölkerung. Darum wird die menschheit wohl auch in Zukunft mit der Furcht vor dem Virus lebenmüssen. Eine Zwangsquarantäne für Risikogruppen wäre jedenfalls ebenso unmenschlich wie die sogenannte „Triage“ als Entscheidung über Weiterleben oder Sterbenlassen aufgrund von Alter, Behinderung oder Vorerkrankgung.
Manchen macht die aktuelle Lage große Angst. Menschen mit Agoraphobie oder Depressionen sowie Traumatisierungen brauchen die Solidarität und den Schutz der Gesellschaft ebenso wie Helfende in Kliniken und Arztpraxen oder Supermärkten und anderen „systemrelevanten“ Einrichtungen. Zwischen Restriktionen und Ermutigung ist ein sehr schmaler Pfad hin zum Überleben.
Ihre Sorge können die Stabileren mit den Verletzlicheren teilen, indem sie sich ihnen zuwenden und ihnen Mut zusprechen. Erfreulicherweise erweist sich die „Corona-Krise“ als eine Zeit großartiger Solidarität miteinander. Die Onlineplattform www.marburg-liebe.de verhilft vielen Gewerbetreibenden, Geschäften und freiberuflich Tätigen zu Einnahmen aus dem Verkauf von Gutscheinen oder speziellen Dienstleistungen.
Geradezu tröstliche „Seelennahrumg“ sind die „Wohnzimmerkonzerte“ des weltberühmten Pianisten Igor Levit, die @IgorPianistallabendlich um 19 Uhr von seiner Berliner Wohnung aus streamt. Stellvertretend für viele andere hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier den weltberühmten Pianisten am Donnerstag (2. April) zum Streamen ins Schloss Bellevue eingeladen.
Wunderbar sind auch die Orgelkonzerte von @andijah aus leeren Kirchen in der wetterau. Bei ihren täglichen Online-Darbietungen bringt die Organistin ausschließlich kompositionen von Frauen zu Gehör.
Eine neue Kreativität macht sich breit in den Wohnungen wie auch als „Realitäten 2.0“ beim Hessischen Landestheater Marburg (HLTM). Gewohnheiten brechen zusammen; und neue Ideenentstehen. Die Krise kann zueiner Chance werden, wenn Mitmenschlichkeit und Kreativität weiterhin wachsen und sich mindestens genauso viral verbreiten wie Covid 19.
* Franz-Josef Hanke