Einen Impfstoff gegen Covid 19 erwartet Prof. Dr. Stephan Becker frühestens im dritten oder vierten Quartal 2020. Das sagte er am Mittwoch (1. April) bei einer virtuellen Pressekonferenz mit Staatsminister Kai Klose.
28 Todesfälle an Covid 19 beklagte Hessen am Mittwoch (1. April). Innerhalb eines einzigen Tages waren acht Corona-Tote dazugekommen.
Angesichts der Pandemie hat die hessische Landesregierung eine Meldepflicht für Beatmungsgeräte erlassen. Klose verwies zur Begründung auf Veterinärärzte, die oft gebrauchte – aber noch funktionierende – Geräte einsetzen. Auf diese Geräte müsse die Notfallversorgung der Menschen in der angespannten Situation Zugriff erhalten.
Außerdem wurden die Besuchsregelungen für Krankenhäuser und Pflegeheime verschärft. Besuche dürfe es nur in absoluten Ausnahmesituationen geben, um Personal und vor allem Risikopersonen vor Infektionen zu schützen. Möglich bleibe laut Klose aber beispielsweise „der letzte Besuch eines Angehörigen vor dem Tod“.
Die anderswwo bereits verhängte oder breit diskutierte „Maskenpflicht“ hält Klose auch angesichts ihrer fehlenden Eignung zum Selbstschutz der Bevölkerung für kontraproduktiv: „Wir haben Mühe, genügend Masken für das medizinische Personal, die Pflege oder Ärzte und andere besondere Berufsgruppen zu bekommen. Eine Maskenpflicht würde dieses knappe Gut nun unnötig weiter verteuern.“
Innerhalb der letzten zehn Tage habe das Land Hessen die zur Verfügung stehenden Beatmungsplätze von rund 1.200 um 700 auf nunmehr 1.900 erweitert. Diesen Ausbau werde man weiter vorantreiben. „Die kritische Phase bei der Belastung des Gesundheitssystems steht noch bevor“, warnte der Minister.
Becker erläuterte die Anstrengungen bei der Suche nach Medikamenten und Impfstoffen gegen Covid 19. „Weltweit gibt es mehr als 50 Ansätze, die mir bekannt sind“, berichtete der Virologe von der Philipps-Universität. „Je mehr Möglichkeiten wir ausprobieren, desto größer ist die Chance auf einen raschenErfolg.“
Um die Dauer zwischen der Entwicklung eines Medikaments oder Impfstoffs und seiner Anwendung zu beschleunigen, werde man nun die drei klinischen Testphasen parallel zum Aufbau einer Produktion und unmittelbar nacheinander durchziehen. Das erhöhe zwar das wirtschaftliche Risiko für die Hersteller, beschleunige die Anwendung im günstigsten Fall aber um fast ein Jahr. Darum sei jeder Ansatz für ein mögliches Medikament gleichzeitig zu verfolgen.
Auch den Ansatz der Medizinischen Hochschule Hannover, Antikörper aus dem Blutplasma genesener Covid-19-Patienten zu gewinnen, hält Becker für sinnvoll. Zudem sprach er sich für Untersuchungen zur Immunität gesundeter Corona-Infizierter aus. Erfahrungsgemäß lasse die Immunisierung mit zunehmender Zeit nach einer Infektion mit Coronaviren nämlich nach.
Für einen Durchbruch bei der massenhaften Überprüfung von Menschen hält Becker den Ansatz der Goethe-Universität Frankfurt, die bei Massenscreenings immer fünf Blutproben zusammenführt. Ist diese Probe negativ, sind alle fünf virenfrei. Ist die Probe hingegen positiv, werden alle fünf darin zusammengeführten Personen einzeln getestet.
„Im Endeffekt spart das Zeit und Laborkapazitäten“, erklärte Becker. Schließlich seien Personal und Material zur Durchführung von Tests begrenzt.
Deutlich strich der Virologe die Unterschiedde zwischen Covid 19 und einer „üblichen“ Grippe heraus: „Die alljährliche Influenza führt in aller Regel nicht zu schweren respiratorischen Problemen. Bei Covid 19 ist das dagegen dramatisch anders.
Abschließend versprach Klose, die Differenz zwischen den vor Ort und vom Land oder dem Robert-Koch-Institut (RKI) in Berlin gemeldeten Fallzahlen in den Blick zu nehmen. Die Meldewege von den Gesundheitsämtern zu Land und RKI müssten trotz der starken Belastung der Behörden vor Ort schneller genutzt werden.
* Franz-Josef Hanke
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