Am 9. November 1989 fiel die Berliner Mauer. Die Bürgerbewegung der DDR hatte die SED-Diktatur besiegt.
Nicht nur für die Bürger der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) war das „die gute Nachricht“ zumindest des Jahrzehnts; auch für die Bundesrepublik begann eine spannende Zeit. Erst ein Jahr vorher hatte die Universitätsstadt Marburg eine Städtepartnerschaft mit Eisenach begründet. Diese Verbindung trägt auch heute noch und führt Menschen aus beiden Städten zusammen.
Bereits an den Adventssamstagen des Jahres 1989 kamen tausende knatternder Trabbis und Wartburgs aus Thüringen nach Marburg. Die Besucher holten sich das Begrüßungsgeld ab und gingen einkaufen. Für sie war das alles ziemlich ungewohnt.
Für die Menschen in Marburg war der Geruch der Abgase und das Geräusch der Zweitakter ziemlich gewöhnungsbedürftig. Auch der thüringische Tonfall der Besuchenden war recht ungewohnt im weitgehend dialektfreien Marburg. Ungewohnt für alle waren die strahlenden Augen aller Beteiligten aus dem Westen wie aus dem Osten.
Leider hielt die Freude nicht allzu lange an. Mit dem Anschluss der DDR nach dem Artikel 123 des Grundgesetzes haben die beiden deutschen Staaten eine wichtige Chance vertan. Die Bundesrepublik „schluckte“ die DDR und verleibte sie sich einfach ein, ohne dass die Menschen beider Staaten einander auf Augenhöhe begegneten.
Die Folge ist ein Gefühl der „Heimatlosigkeit“ vieler Menschen in den fünf „neuen“ Bundesländern. Ihre vertraute Umgebung wurde dem Diktat profitgieriger Treuhandmanager unterworfen. Viele Firmen wurden „abgewickelt“ und die Beschäftigten arbeitslos.
Diese traurige Entwicklung war spätestens mit dem „Einigungsvertrag“ abzusehen. Davor haben viele weitsichtige Menschen in Ost und West mit dem Slogan „Artikel 123 – kein Anschluss unter dieser Nummer!“ gewarnt. Doch der CDU-Bundeskanzler Helmut Kohl nutzte die „Gunst der Stunde“ und trieb die Einverleibung der DDR im – alles platt walzenden – Schweinsgalopp eilig voran.
Trotz der – mittlerweile immer deutlicher zutage tretenden – Folgen insbesondere mit dem Erstarken rechtspopulisticher Bestrebungen und Parteien wie der AfD hat sich die Städtepartnerschaft zwischen Marburg und Eisenach hier als rühmliche Ausnahme bewährt. Denn sie ist – wie der Name schon sagt – wirklich eine „Partnerschaft“, wo die Menschen aus Eisenach und aus Marburg sich auf Augenhöhe begegnen. Mögen die beiden Wirkungsstätten der heiligen Elisabeth von Thüringen diese Partnerschaft weiterhin hegen und pflegen im Geiste des sozialen Herzes der heilenden Landgräfin von der Wartburg!
* Franz-Josef Hanke
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