40.000 für 6: Uni vergab Promotionspreise für herausragende Dissertationen

Das wissenschaftliche Niveau von Promotionen an der Philipps-Universität ist sehr hoch. Die Prämierung von sechs Dissertationen mit zusammen 40.000 Euro Preisgeld ist die „gute Nachricht der Woche“.

Mit dem Promotionspreis der Philipps-Universität werden jedes Jahr hervorragende Dissertationen aus den unterschiedlichen Fachkulturen der Universität ausgezeichnet. Die feierliche Überreichung der Auszeichnungen des Jahrgangs 2018 erfolgte am Freitag (28. Juni). Insgesamt wurden 4.000 Euro Preisgeld vergeben.
Für ihre hervorragenden Leistungen wurden im Jahr 2018 insgesamt sechs Nachwuchswissenschaftler mit dem Preis geehrt. Prof. Dr. Matthias Friehe erhielt ihn in der Sektion „Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften“, Dr. Christoph Hammann in der Sektion „Philosophie, Theologie, Geschichte, Erziehungs-, Sprach- und Kulturwissenschaften“,Dr. Johannes Reimann und Dr. Jiajia Ma in der Sektion „Mathematik und Naturwissenschaften“ sowie Dr. Tobias Kube undDr. Patrick Pausch in der Sektion „Lebenswissenschaften und Medizin“.
„Die diesjährigen Preisträger haben wissenschaftliche Leistungen von höchster Qualität in ganz unterschiedlichen Fachkulturen erbracht“, erklärte Uni-Vizepräsidentin Prof. Dr. Sabine Pankuweit. „Ich freue mich sehr, dass wir heute mit dem Promotionspreis die wissenschaftliche Arbeit auszeichnen können und so den weiteren Karriereweg unterstützen können.“ Die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses nehme einen hohen Stellenwert an der Universität Marburg ein. Die Leistungen und Erfolge der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in allen Qualifikationsstufen seien die Grundlage für zukünftige Forschungserfolge der Philipps-Universität in allen fachlichen Disziplinen.
Prof. Dr. Matthias Friehe erhielt den Preis für seine Promotion über „Dienstherrnfähigkeit der Kirchen. Rechtsschutz vor staatlichen Gerichten in kirchendienstrechtlichen Streitigkeiten nach dem kollisionsrechtlichen Ansatz“. Geschrieben hat er seine Dissertation am Fachbereich Rechtswissenschaften.
Ein Pfarrer wird fristlos gekündigt, weil sein Lebenswandel nicht mehr den kirchlichen Moralvorstellungen entspricht. Kann er Rechtsschutz vor staatlichen Gerichten erlangen?Das ist eine der Fragen, die Grundlage für die Dissertation von Friehe sind.
Pfarrer, Geistliche oder Kirchenbeamte haben keinen Arbeitsvertrag und sind auch nicht gesetzlich kranken- oder rentenversichert. Obwohl Kirchen ihren Beschäftigten oft beamtenähnliche Privilegien gewähren, waren die Betroffenen bisher im Streitfall praktisch völlig rechtlos gestellt, weil sie ihre Ansprüche vor keinem staatlichen Gericht durchsetzen konnten. Friehes Dissertation fordert, dass auch im Bereich der Dienstherrnfähigkeit der Kirchen wenigstens eine Minimalkontrolle durch staatliche Gerichte stattfinden muss, die sich am internationalen Arbeitsrecht orientiert. Der Autor schlägt unter anderem vor, die Dienstverhältnisse der Geistlichen nicht länger als beamtenähnliche, öffentlich-rechtliche, sondern als privatrechtliche Arbeitsverhältnisse nach kirchlichem Recht zu verstehen. Friehe wurde in Bonn geboren. Nach seinem Studium der Rechtswissenschaften an der Philipps-Universität folgte die Promotion, die er im Januar 2018 mit Summa cum laude abschloss. Ende 2018 trat Friehe eine
Qualifikationsprofessur für Staats- und Verwaltungsrecht an der EBS Universität für Wirtschaft und Recht in Wiesbaden an.
Ebenfalls einen Promotionspreis erhält Dr. Christoph Hammann für seine Dissertation „Katharsis in Kaiserzeit und Spätantike. Vorstellungen von Reinigung und Reinheit in Medizin, Philosophie und Religion des 2. bis 4. Jahrhunderts n. Chr.“ am Fachbereich Fremdsprachliche Philologien. Im Zentrum seiner Dissertation stehen die Konzeptionen der Katharsis (Reinigung) in der Medizin, Philosophie und Religion des 2. bis 4. Jahrhunderts nach Christi Geburt.
Die Katharsis ist ein Vorgang, der in verschiedenen Bereichen eine zentrale Rolle spielt. Sie wirkt biologisch-medizinisch, zum Beispiel, wenn durch ärztliche Behandlung krankmachende Stoffe aus dem Körper entfernt werden. Auch in der Religion kommt ihr eine wesentliche Funktion zu. Denn nach der antiken christlichen Theologie muss der Mensch für die Begegnung mit Gott rein sein.
Die Dissertation konzentriert sich auf die Kaiserzeit und Spätantike. Somit löst sie die bisherige Katharsis-Forschung aus ihrer Fokussierung auf die Katharsis in der Poetik des Aristoteles.
Geboren wurde Hammann in Schwalmstadt. Nach dem Studium der Fächer Latein, Griechisch und Evangelische Theologie für das Lehramt an Gymnasien an der Philipps-Universität, der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg und der Universität Basel folgte die Promotion an der Philipps-Universität, die Hammann im Dezember 2018 mit Summa cum laude abschloss. Zur Zeit ist er am Fachbereich Fremdsprachliche Philologien im Fachgebiet Klassische Philologie tätig.
Einen weiteren Dissertationspreis erhielt Dr. Johannes Reimann für seine Arbeit „Ladungsträgerdynamik und Photoströme im Dirac-Kegel topologischer Isolatoren“ am Fachbereich Physik. In seiner Dissertation hat er unter anderem die zeit- und winkelaufgelöste Photoemissionsspektroskopie (PES) weiterentwickelt. Die PES beruht auf dem äußeren Photoeffekt, bei dem Photoelektronen durch elektromagnetische Strahlung aus einem Festkörper gelöst werden.
Durch diese Arbeit wurden Forschungsarbeiten zu einer neuartigen Materialklasse ermöglicht. Die neue Materialklasse der „topologischen Isolatoren“ gehört aufgrund spezieller komplexer Eigenschaften zu einem wichtigen modernen Quantenmaterial für künftige Anwendungen unter anderem im Bereich ultraschneller Elektronik. Mit den Ergebnissen der Forschungsarbeit erscheint es vielversprechend, topologische Isolatoren als Basis für die Entwicklung künftiger extrem schneller Lichtwellen-getriebener Elektronik zu nutzen.
Reimann wurde in Berlin geboren. Nach dem Bachelor- und Master-Studium der Physik an der Philipps-Universität folgte die Promotion, die Reimann im Juni 2018 mit Summa cum laude abschloss. Zur Zeit ist Reimann in der Arbeitsgruppe Oberflächenphysik am Fachbereich Physik der Universität Marburg tätig.
Dr. Jiajia Ma schrieb seine ausgezeichnete Dissertation „Asymmetric Photoredox Catalysis with Chiral-at-Rhodium Complexes“ am Fachbereich Chemie. Sichtbares Licht stellt eine ergiebige und ökonomische Energieform dar. Ziel der Doktorarbeit war, sichtbares Licht als Energiequelle zur Herstellung chiraler Moleküle zu verwenden.
Diese Moleküle besitzen keine Drehspiegelachse. Ihr Spiegelbild ist kein Selbstabbild (ähnlich wie zum Beispiel bei der linken und rechten Hand). Chriale Moleküle liefern Bausteine für die Herstellung von Medikamenten. Zu diesem Thema gibt es Vorarbeiten; allerdings waren die Methoden in ihrer Anwendbarkeit sehr begrenzt. In seiner Doktorarbeit stellt Ma einen einzigartigen chiralen Rhodium-Metall-Katalysator vor, der für eine effiziente asymmetrische Katalyse mit sichtbarem Licht eingesetzt wurde. Diese Chemie bietet einen wirtschaftlichen Zugang zu einer Vielzahl von chiralen Molekülen einschließlich Pharmazeutika.
Ma wurde in China geboren. Nach dem Bachelor-Studium der Biowissenschaft an der Northwest A&F University in Yangling, China, und dem Master-Studium der Chemie an der Xiamen University in China folgte die Promotion an der Philipps-Universität, die Ma im August 2018 mit Summa cum laude abschloss. Zur Zeit ist Ma am Organisch-Chemischen Institut der Westfälischen Wilhelms-Universität (WWU) in Münster tätig.
Dr. Tobias Kube wurde für seine Doktorarbeit „Dysfunktionale Erwartungen bei Personen mit depressiver Symptomatik – Relevanz, Aufrechterhaltung und Mechanismen der Veränderung“ am Fachbereich Psychologie ausgezeichnet. Im Rahmen seiner Dissertation entwickelte er ein neues kognitives Erklärungsmodell für depressive Störungen. Es geht insbesondere auf die Erwartungen depressiver Patientinnen und Patienten ein.
Dieser Bereich wurde in der psychologischen Forschung bislang vernachlässigt. Zahlreiche Studien konnten darlegen, dass negative Erwartungen bei Personen mit Depressionen trotz positiver Erfahrungen weiter fortbestehen, indem positive Erfahrungen nachträglich uminterpretiert oder entwertet werden.
Zur Erklärung dieses Phänomens führt Kube unter anderem das Konzept der kognitiven Immunisierung ein. Depressive Personen werden immun gegenüber neuen Informationen, die ihren bisherigen Annahmen widersprechen. Das Modell ermöglicht ein besseres Verständnis von Depressionen und eröffnet neue Möglichkeiten zur psychotherapeutischen Behandlung.
Geboren wurde Kube in Berlin. Nach seinem Studium der Psychologie an der Philipps-Universität folgte die Promotion, die er im Februar 2018 mit Summa cum laude abschloss. Zur Zeit ist Kube als Postdoc-Stipendiat des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) an der Harvard Medical School in Boston, USA, tätig.
Dr. Patrick Pausch erhielt den Promotionspreis für seine Doktorarbeit „Structural and functional characterization of nucleic acid interacting bacterial stress response factors“ am Fachbereich Biologie.
Um zu überleben, müssen Bakterien immer wieder auf neue Umweltbedingungen reagieren und Bedrohungen wahrnehmen können. Denn Bakterien sind in ihren natürlichen Habitaten einer Vielzahl von wachstumsbegrenzenden Faktoren und einem konstanten Angriff von mikrobiellen Kompetitoren und Viren ausgesetzt. Im Rahmen seiner Dissertation hat Pausch zwei Anpassungssysteme von Bakterien umfassend analysiert: die sogenannte „stringent response“ und die bakterielle Abwehr von Phagen durch CRIPSR-Cas-Systeme. Diese Anpassungssysteme zielen darauf ab, zelluläre Homöostase herzustellen und die zelluläre Integrität des genetischen Materials sicherzustellen. In seiner Analyse beleuchtet er diese Themen aus Sicht eines Biochemikers und eines Strukturbiologen und ermöglicht so eine umfangreiche Einsicht in die biologischen Prozesse.
Der Autor wurde in Marburg geboren. Nach dem Bachelor- und Master-Studium der Biologie an der Philipps-Universität folgte die Promotion, die Pausch im Dezember 2018 mit Summa cum laude abschloss. Zur Zeit ist Pausch in der Arbeitsgruppe von Prof. Jennifer Doudna am California Institute for Quantitative Bioscience an der University of California in Berkeley, USA, tätig. Doudna ist eine der Entdeckerinnen des CRISPR-Car-Systems und gilt als Kandidatin für den Nobelpreis.

* pm: Philipps-Universität Marburg

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