Wieder zurück: Mit „Fridays for Future“ im Bus nach Aachen

Demo-Spruchband

Demonstrierende von "Fridays for Future" in Aachen. (Foto: Luca Mittelstaedt)

„Das wird groß“, denke ich während wir losfahren. Kurz nach 7 Uhr fahren wir mit dem Bus von Marburg los in Richtung Aachen.

Auf der Fahrt nach Aachen lerne ich nette Leute kennen. „Über Instagram bin ich auf die Demonstration gekommen“, erklärt mir Lena aus Gießen. Gemeinsam mit ihren zwei Freundinnen will sie gegen die aktulle Klimapolitik demonstrieren.
Die Veranstalter erwarten 20.000, die Polizei 50.000 Demonstranten aus 14 Ländern. Gleichzeitig findet auch eine Protestaktion von „Ende Gelände“ statt. Die Aktivisten wollen den Braunkohletagebau Garzweiler blockieren.
In Aachen lotst ein Polizeimotorrad den Bus auf das Gelände, auf dem alle Reisebusse gemeinsam stehen. Von dort aus laufen ich und die Demonstrierenden zu einem Startpunkt der Demonstration.
Insgesamt gibt es drei Startpunkte. Bei einem Punkt kreuzen sich die demonstrationszüge. Ab diesem Punkt werden sie gemeinsam weiterziehen.
Unser Demonstrationszug läuft los. Links und rechts von mir sehe ich viele bunte Plakate. Auf einem steht „Wir sind jung und brauchen die Welt“.
Die Demonstrierenden aus Marburg finde ich nicht mehr. Wir kommen bei einer Kreuzung an. Ab hier laufen alle verschiedenen Demonstrationszüge zusammen weiter.
Ich wundere mich gerade, dass bei einer Straße so viel Polizei ist, als ich den Grund dafür entdecke. Mehrere Aktivisten haben ein Haus besetzt. An ihm hängen viele Transparente, auf einem steht „Hausbesetzung for Future.“
Die Hausbesetzer haben aber nichts mit der Klimaschutzorganisation zu tun. Sie sind linke Aktivisten aus Aachen.
Zwei Hauseingänge werden von der Polizei überwacht. Vor dem Haus jubeln Demonstrierende den Hausbesetzern zu. Ich gehe weiter.
Die Stimmung ist positiv, jemand hat ein „Bengalo“ gezündet. Laute Musik dröhnt aue einer großen Box, die an einem Wagen befestigt ist.
Auf einer Brücke kann ich die Größe der Demonstration überschauen. Vor mir sehe ich in 400 Metern ein Stadion, hinter mir gehen die Demonstranten einen Hang hinab. Überall schwirren Menschen umher.
Bei dem Stadion ist eine Bühne aufgebaut. Gerade spielt die Band „Culcha Candela“. Die Leute lachen, tanzen und freuen sich, weil sie hier die Möglichkeit haben, Essen zu kaufen.
Das besetzte Haus lässt mich nicht los, deswegen schau ich nach, was dort passiert. Inzwischen ist die ganze Straße voller Polizeiautos.
Ein Mann klaut einem Polizisten die Mütze. Sofort danach rennt er weg, die Polizisten hinterher. Die Demonstranten rennen auch mit und wollen die Polizisten an der Festnahme des Mannes hindern.
Die Polizisten lassen sich nicht darauf ein und nehmen den Mann fest. Nachdem sie seine Personalien aufgenommen haben lassen sie ihn wieder frei.
Die Polizei fordert die Haus- Besetzer und Besetzerinnen drei mal auf, das Gebäude zu verlassen. Weil sie das nicht tun, räumt die Polizei das Gebäude und trägt die Aktivisten raus.
Danach gehe ich zurück zum Stadion. In einem Parkhaus am Stadion werden Circa 800 Menschen die Nacht verbringen.
Zu ihnen zähle auch ich. Bis um 23 Uhr höre ich Kinder und Jugendliche Parolen rufen.
Es war ein schöner Tag mit vielen Erlebnissen. Am nächsten Tag werden die Demonstrierenden in der Nähe des Tagebau Garzweiler protestieren.
Die anderen müssen um 6 uhr aufstehen, denn dann gibt es Frühstück. Die Gruppe aus Marburg steht dagegen erst um 8 uhr auf, denn um 9 Uhr treffen wir uns mit unserem Busfahrer. Gemeinsam fahren wir nach Hochneuenkirch. Die Demonstrierenden wollen von dort nach Keyenberg laufen. Nachdem sie eine Stunde lang gewartet haben, laufen sie los.
Die Polizeipräsenz ist hoch, die Beamten laufen neben der Demonstration her. Auch von hinten begleitet die Polizei die Demonstration mit fünf Polizeiautos.
Neben der Demonstration, auf dem Bürgersteig, steht eine Frau, die die Demonstranten beschimpft. Ich gehe zu ihr hin und frage, was sie gegen die Demonstration hat. Sie bezieht Position für den Energiekonzern RWE. „Die geben uns Arbeitsplätze“, sagt sie.
Ein paar Meter weiter steht eine Frau, die genau die gegenteilige Meinung vertritt. Sie könne „die Demonstranten verstehen“ und berichtet, dass sie selber früher „eine Menschenkette im Tagebau“ gebildet hat.
An einer Kurve überhole ich ein Feuerwehrauto, das zu einem Demonstrationswagen umfunktioniert wurde. Als ich nach vorne gehe, sehe ich, wie circa 50 Menschen das Auto ziehen. Menschen drumherum feuern sie an.
An der selben Kurve stehen auch drei Wasserwerfer und ein Räumpanzer. Die Polizei scheint auf alles gefasst zu sein.
Ein paar Meter weiter erblicke ich ein riesiges Loch. Es ist der Tagebau. Man kann die Zerstörung der Natur förmlich sehen.
Ich bin geschockt und schieße mehrere Bilder. Ein paar Meter weiter sehe ich einen Jungen, der auf einem Spielzeugbagger sitzt. Er hält ein Schild in den Händen. Darauf steht „dieser Bagger ist besetzt“.
Bei der Abschlusskundgebung höre ich, wie die Demonstrierenden Parolen rufen und Musik aus den Boxen schallt. Dann fängt eine Frau auf der Bühne an, zu singen. „Wehrt euch, leistet Wiederstand, gegen die Braunkohle hier im Land“ singen jetzt alle auf die Melodie von „Hejo, spann den Wagen an“.
Die Stimmung ist euphorisch, die Dorfbewohner verteilen Essen und trinken gegen eine Spende. Dann treffe ich mich wieder mit der Gruppe aus Marburg, um nach Hause zu fahren.
Das Wochenende war motivierend. Noch nie sind in Deutschland so viele Menschen für das Klima auf die Straße gegangen. „Das war wirklich groß“, denke ich, während wir losfahren.

*Luca Mittelstaedt

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