„Die große Mehrzahl der Nutzerinnen und Nutzer fühlen sich im Jägertunnel deutlich sicherer, seit wir die Videoanlage LiSA in Betrieb genommen haben, erklärte Bürgermeister Wieland Stötzel. Die erfreulichen Ergebnisse hat eine Befragung durch Studierende der Philipps-Universität erbracht.
Die „ivebild- und Sprechverbindung auf Abruf“ (LiSA) ist bereits seit rund neun Monaten im Jägertunnel in der Nordstadt im Einsatz. „In dieser Zeit wurde sie mehr als 100 Mal genutzt“, berichtete Stötzel.
„Die Nutzung nahm in den dunkleren Monaten des Jahres deutlich zu“, erläuterte er. „Der Zweck der Anlage ist in erster Linie Prävention und die Stärkung des Sicherheitsempfindens der Menschen allein durch die Möglichkeit, Hilfe anzufordern“.
„LiSA“ ist keine dauerhafte Videoaufzeichnung. Nur wenn Passirende einen Rufknopf betätigen, wird die Anlage aktiviert.
Überwiegend Frauen drücken den Knopf, mit dem sie über Kamera und Sprechanlage direkt mit der 24 Stunden besetzten Feuerwehrleitstelle verbunden werden. Die Feuerwehrleute können bei Betätigung eines Knopfes im Jägertunnel über Bildschirme beobachten, was im Tunnel passiert und mit den Menschen im Tunnel sprechen sowie im Ernstfall Polizei und Rettungsdienst alarmieren.
„Das ist ein großer Unterschied zur gängigen Videoüberwachung“, erklärte die zuständige Fachbereichsleiterin Regina Lang. „Es wird direkt vermittelt: Du bist jetzt nicht mehr alleine.“ Mit Markierungen auf dem Boden an Hilfeknopf-Stellen ist die Anlage zudem blinden- und sehbehindertengerecht ausgestattet. Die Stadt Marburg hat eine Befragung durchführen und auswerten lassen –
jeweils über den Zeitraum von einer Woche, vor und nach der Installation von „LiSA“. Die Ergebnisse liegen nun vor. „Und sie zeigen, dass wir mit dem bundesweit einmaligen Sicherheitssystem einen guten Weg gehen“, betonte Stötzel.
Befragt wurden 70 Passantinnen und Passanten zu drei verschiedenen Tageszeiten und auch am Wochenende nach wissenschaftlichen Kriterien, führt eJohannes Maaser vom Fachbereich Öffentliche Sicherheit, Ordnung und Brandschutz aus. Der Psychologiestudent Tamino Konur hat die Befragung nach der Installation der Videoanlage übernommen.
„Die Ergebnisse sind sehr überzeugend“, erklärte er. „90 Prozent der Befragten haben angegeben, dass sie die Videoanlage effektiv finden.“
Knapp 40 Prozent der Befragten fühlen sich durch LiSA tagsüber sicherer, knapp 60 Prozent fühlen sich auch in der Dunkelheit sicherer als zuvor.
In der ersten Umfrage vor der Installation gaben 40 Prozent der Befragten an, sich nach Einbruch der Dunkelheit eher unsicher oder sogar sehr unsicher zu fühlen, tagsüber waren es nur zehn Prozent.
Der Jägertunnel liegt rund 200 Meter nördlich des Marburger Hauptbahnhofs und verbindet Alte und Neue Kasseler Straße. Für die Bevölkerung der Stadtteile Waldtal und Ortenberg ist er die kürzeste Verbindung in die Innenstadt.
Der „Angstraum“ Jägertunnel hatte Ende September 2016 besondere öffentliche Aufmerksamkeit durch einen Überfall auf eine Studentin erregt. Die junge Frau wurde sexuell angegriffen und ausgeraubt. Daraufhin entstand die Idee für die neuartige Videoanlage im Jägertunnel.
Für ihre Umsetzung mussten allerdings zunächst viele bürokratische, organisatorische und technische Hürden genommen werden. Zehn Fachdienste der Stadtverwaltung haben an der Umsetzung mitgewirkt ebenso wie die Polizei, die Ortsbeiräte der angrenzenden Stadtteile Waldtal und Ortenberg sowie der Behindertenbeirat der Stadt Marburg.
Ist „LiSA“ aktiviert, leuchtet am Tunneleingang eine Anzeige auf. Damit durch das freiwillige Einschalten bei Bedarf bleibt das Recht auf informelle Selbstbestimmung der Passantinnen und Passanten gewahrt: Sofern kein Notfall und keine Straftaten vorliegen, werden die Daten nach 48 Stunden automatisch gelöscht.
Wird kein Knopf gedrückt, sendet oder speichert LiSA auch keine Daten aus dem Tunnel; lediglich der Schutz der Anlage gegen Vandalismus und die Eigenkontrolle sind im Standby-Modus aktiv.
* pm: Stadt Marburg
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