Preisträger Peter Fischer: Erinnerungskultur muss in der DNA sein

Preisträger Peter Fischer trägt sich ins Goldene Buch der Stadt Marburg ein (Foto: Stadt Marburg)

Im besten jiddischen Sinne ist Peter Fischer für Monika Bunk „a Mentsch“. Die 2. Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Marburg hielt am Mittwoch (13. Juni) die Laudatio auf den Präsidenten von Eintracht Frankfurt.
Im Historischen Saal des Rathauses erhielt der Präsident des größten Sportvereins in Hessen am Mittwoch (13. Juni) das „Marburger Leuchtfeuer für Soziale Bürgerrechte“. Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies und Egon Vaupel als Sprecher der Jury überreichten ihm die undotierte Auszeichnung im Namen der Stadt Marburg und der Humanistischen Union (HU).
Damit würdigen sie Fischers entschiedenes Eintreten für Vielfalt und Respekt vor der Würde aller Menschen. „Peter Fischer hat eine klare und eindeutige Haltung gegen Fremdenfeindlichkeit und Ausgrenzung eingenommen an einer Stelle, an der sich viele weggeduckt hätten“, erklärte Spies. „Damit ist er zu einer Symbolfigur für weltoffenen Sport geworden.“
An vielen Stellen werde heute in der Gesellschaft der Rahmen der Spielregeln verlassen. Hier seien klare Worte nötig.
„Er bleibt auch bei starkem Gegenwind standhaft und macht damit Eintracht Frankfurt weit über die Fußball-Bundesliga hinaus zu einem Vorbild für gesellschaftliches Verantwortungsbewusstsein“, hob der Oberbürgermeister hervor. „Eine solche Persönlichkeit ehren wir in Marburg ausgesprochen gerne.“ Die Preisvergabe an Peter Fischer sei eine Ermutigung für alle Menschen, sich mit Zivilcourage gegen Ausländerfeindlichkeit zu stellen.
„Nie wieder Faschismus!“, forderte der HU-Regionalvorsitzende Franz-Josef Hanke und bedankte sich bei Fischer dafür, dass er diese Haltung in den Sport hineintrage. „Wir alle sind dazu aufgerufen, uns für unsere Demokratie zu engagieren. Das gilt für alle Bereiche der Gesellschaft, auch für den Fußball.“ Bei der Unterstützung geflüchteter Menschen habe er die Erfahrung gemacht, dass Sportvereine sich vor Ort schon seit Jahren für Geflüchtete einsetzen und Sport ohne Ansehen von Herkunft oder Hautfarbe gemeinsam leben.
Die Laudatio auf den Leuchtfeuer-Preisträger hielt Monika Bunk. Die stellvertretende Vorsitzende der jüdischen Gemeinde ging auf die Geschichte der Eintracht ein, bei der jüdische Spieler während des Nationalsozialismus länger spielen konnten als anderswo.
„Das ist auch auf die Freundschaft und Zivilcourage der Eintracht-Familie zurückzuführen“, erklärte sie. Auch bei der Neugründung nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges habe der Verein sich klar gegen Rassismus gestellt.
„Auch wenn Sportvereine grundsätzlich parteipolitisch und religiös neutral sein sollen, können sie sich – gerade bei dem Einfluss den sie haben – nicht aus ihrer gesellschaftspolitischen Verantwortung stehlen, sondern müssen ein Beispiel geben – ein sichtbares Leuchtfeuer sein – , wenn sie ihre Überzeugungen und Werte gefährdet sehen“, sagte Bunk. „Hier braucht es immer wieder Menschen wie Peter Fischer mit Zivilcourage und Leidenschaft.“
Mit Fischer habe zum ersten Mal der Präsident eines Bundesligaclubs deutlich öffentlich Stellung gegen rassistische Hetze bezogen. Damit tue er „das einzig Richtige: er gibt Antidemokraten gar keine Bühne zur Selbstdarstellung“.
Man dürfe nicht so tun, als seien Rassismus und völkischer Nationalismus Meinungen, die diskutiert werden dürfen. „Wir müssen Rassismus diskutieren. Aber wir müssen aufhören, es mit Rassisten zu tun“, forderte Bunk.
„Peter Fischer hat Gesicht gezeigt und in seinem Verein und damit auch weit darüber hinaus deutlich gemacht, dass Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in unserer Gesellschaft nicht geduldet werden dürfen“, erklärte Vaupel. Sport sei integrativ und bringe Menschen zusammen. Der Jury-Sprecher lobte Fischers mutiges Eintreten für eine weltoffene Gesellschaft, obwohl er dafür Anzeigen, Kritik und Schmähungen erdulden muss.
„Sie haben mich überrascht“, gab der Preisträger nach den Reden bekannt. Er wisse den Preis sehr zu würdigen, denn die Inhalte, für die er verliehen werde, hätten seine Sympathie.
„Danke, dass Sie als Stadt Marburg diesen Preis auch politisch unterstützen“, sagte er. Er sei stolz, dass viele tausend Menschen wegen seiner Haltung Mitglied bei der Eintracht geworden seien.
Außerdem betonte er: „Erinnerungskultur ist etwas, das in unserer DNA sein muss. Das müssen wir weitergeben und uns kümmern.“
„Ich habe daheim mehrere Ordner voller Drohungen“, berichtete Fischer. „Aber es geht mir darum, Spuren zu hinterlassen und Dinge zu verändern.“ Er erwarte, „dass Menschen sich zu Wort melden“.
Zum Abschluss des Empfangs, der von Jury-Mitglied Jochen Schäfer musikalisch umrahmt wurde, bat Spies den Präsidenten von Eintracht Frankfurt, sich in das Goldene Buch der Stadt Marburg einzutragen. Außerdem erhielt er als Geschenk einen Charakterkopf: Der Künstler Rupert Eichler hatte den Kopf des Preisträgers aus Ton nachgestaltet.

* pm: Stadt Marburg

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