Sehr gut angekommen: Andrea Ypsilanti hielt die Mairede auf dem Marktplatz

„Es ist Zeit für eine neue Utopie“, forderte Andrea Ypsilanti. Die scheidende SPD-Landtagsabbgeordnete hielt am Dienstag (1. Mai) die Mairede auf dem Marktplatz.
„Die Gewerkschaften gehören am 1. Mai hierher auf den Marktplatz im Herzen der Stadt“, erklärte Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies in seiner Begrüßungsrede zur Maikundgebung. Dicht gedrängt standen und saßen mehr als 1.200 Menschen zwischen Marktbrunnen und Rathaus und lauschten der Musik der Gruppe „Allna – Toura“ und den Reden des Oberbürgermeisters, einer Vertreterin der Gewerkschaftsjugend und der diesjährigen Mairednerin.
Vor der Rede von Ypsilanti gab Landrätin Kirsten Fründt ihrer Genugtuung über den Tarifabschluss im Öffentlichen Dienst Ausdruck. Als langjährige mitarbeiterin der öffentlichen Verwaltung kenne sie die Arbeit der Beschäftigten ebenso wie aus der Perspektive der Behördenleiterin. Die Beschäftigten im Öffentlichen Dienst hätten die Anerkennung ihrer Arbeit auch in Form der Tariferhöhung mehr als verdient, meinte sie.
Die Hauptrednerin kritisierte danach die ungerechte Verteilung von Armut und Reichtum. Das gelte sowohl auf globaler Ebene als auch innerhalb von Deutschland. Reich seien Millionäre und Milliardäre aber allein dank der Arbeit anderer Menschen, stellte Ypsilanti unter starkem Beifall fest.
Wenn der hessische Ministerpräsident Volker Boufier den Klassenkampf für beendet erkläre, dann irre er. Nach wie vor finde ein Klassenkampf zwischen Reichen und Armen statt, der von oben geführt werde, erklärte Ypsilanti. Hinzu komme ein „horizontaler Klassenkampf zwischen Armen und ganz Armen“, ergänzte sie.
Diese Auseinandersetzung beruhe auf der Angst der Armen um ihre Zukunft. Ergebnis seien Neid, Rassismus und Antisemitismus. „Der Staat muss alle Menschen schützen, egal welcher Religion, Hautfarbe oder Herkunft sie sind“, forderte Ypsilanti.
Unter großem Applaus sprach sich die Mairednerin gegen eine Erhöhung des Rüstungsetats aus. Geld, das für militärische Zwecke ausgegeben werde, fehle für andere Aufgaben wie Bildung und die Förderung von Sozialprojekten. Weniger Geld für die Bundeswehr hingegen könne vielleicht auch zum Verzicht auf den einen oder anderen Auslandseinsatz führen.
Unter starkem Beifall kritisierte Ypsilanti auch die bisherige Politik der CDU-Landesregierungen in Hessen. Vor allem die Privatisierung öffentlicher Einrichtungen stieß auch beim Publikum auf heftige Kritik. Begeisterten Beifall erhielt Ypsilanti für ihre Forderung nach einer Rückführung des privatisierten Universitätsklinikums Gießen und Marburg in öffentliches Eigentum.
Am Ende ihrer Rede zum „Tag der Arbeit“ forderte Ypsilanti die Anwesenden auf, ihre Angelegenheiten selbst in die Hand zu nehmen. Die Zukunft könne nur dann menschenfreundlich werden, wenn die menschen selbst ihre Wünsche verwirklichen können. Die Zukunft dürfe deshalb nicht aus immer mehr Stress und Hetze bestehen, sondern aus nachhaltigen Lösungen für einen Einsatz der Technik zum Wohle der Menschen.
Mit dem traditionellen Gewerkschaftslied „Brüder, zur Sonne, zur Freiheit“ ging der erste Teil der Maikundgebung nach Ypsilantis Rede zu Ende. Anschließend brachte die Band „Allna – Toura“ weitere Pop-, Folk- und Chanson-Klassiker zu Gehör.
Bei zunehmendem Sonnenschein freuten sich die Gewerkschaftsaktiven auf dem Marktplatz über die große Zahl Gleichgesinnnter und das Zeichen des Aufbruchs, das auch von Ypsilantis großartiger Rede ausging. Die Maikundgebung 2018 war in jeder Hinsicht ein voller Erfolg.

* Franz-Josef Hanke

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